Guten Tag,
Sie haben als Vermieter eine gesetzliche Schadensminderungspflicht. Das heißt Sie müssen unverzüglich alles Zumutbare tun, um weiteren Schaden am Gebäude zu verhindern und Folgekosten zu begrenzen. Erste, sofort mögliche Maßnahmen sind das lückenlose Dokumentieren des Schadens (Fotos aus der Tür, Fotos der betroffenen Räume von außen, Feuchtigkeitswerte, Datum/Uhrzeit), das Sichern von Beweisen für Ihre festgestellten Maßnahmen (Rechnung des ausgetauschten Ventils, Name der Monteure, Fotos der Arbeit), sowie die umgehende Meldung an Ihre Gebäudeversicherung und (wenn vorhanden) an eine Hausrat- oder Haftpflichtversicherung der Mieterin. Bewahren Sie alle Belege und Protokolle auf; sie sind später wichtig für die Geltendmachung von Kosten und für die Abwicklung mit Versicherern.
Parallel müssen Sie weitergehende praktische Schritte vorbereiten. Bitten Sie die Betreuerin schriftlich (per Einschreiben mit Rückschein oder zumindest E-Mail mit Übermittlungsbestätigung) und sehr konkret um sofortige Zustimmung zum Betreten der Wohnung und zu den nötigen Sofortmaßnahmen (Trocknung, Entfernung schimmelbefallener Bauteile, ggf. Entrümpelung einzelner Bereiche), weisen Sie dabei auf die Dringlichkeit und die Gesundheitsgefahr hin und setzen Sie eine kurze, angemessene Frist (z. B. 48 Stunden). Weisen Sie zugleich darauf hin, dass Sie andernfalls zum Schutz des Gebäudes und zur Vermeidung weitergehender Schäden tätig werden müssen und die anfallenden Kosten der Mieterin bzw. deren Vermögen/Betreuungsperson belastet werden. Senden Sie dieselbe Aufforderung außerdem an die gesetzliche Betreuungsbehörde bzw. das Betreuungsgericht (Zuständigkeitsnachfrage über das Amtsgericht) sowie an den Pflegedienst, der die Mieterin betreut. Die Betreuerin kann und muss grundsätzlich für Angelegenheiten des täglichen Lebens und für Eingriffe in die Wohnsphäre vertreten; eine unbegründete Verweigerung der Mitwirkung ist problematisch und kann bei der Betreuungsbehörde angezeigt werden.
Wenn die Betreuerin den Zutritt weiterhin verweigert, sollten Sie auf Behörden zurückgreifen, die zwingende Maßnahmen anordnen können. Das Gesundheitsamt kann bei gesundheitlicher Gefährdung (Schwarzschimmel, Schimmelsporenbelastung, Gefahr für Nachbarn) Anordnungen zum Betreten der Wohnung, zur Sanierung oder im Extremfall auch zur Räumung treffen. Eine entsprechende Meldung an das Gesundheitsamt mit Schilderung des Befundes und Hinweis auf Schimmelbefall und Feuchtigkeitsmesswerte kann sehr effektiv sein, weil das Amt sowohl die Gesundheit der Bewohner als auch der Nachbarn schützt und behördliche Durchsetzungsbefugnisse hat. Ebenfalls können Feuerwehr/Polizei in akuten Gefahrensituationen unterstützen, insbesondere wenn bei einem Zutritt Gefahr für Leben oder erhebliche Sachschäden drohen; die Polizei begleitet in der Regel behördlich angeordnete Eingriffe, sie wird aber nicht einfach aus zivilrechtlichen Gründen Türen aufbrechen. Deshalb ist die Kombination aus Gesundheitsamt und ggf. Polizeibegleitung zweckmäßig, wenn der Zutritt wegen akuter Gefährdung durch Feucht-Schimmel nicht anders zu erreichen ist.
Ist keine schnelle Einigung mit der Betreuerin möglich und das Gesundheitsamt ordnet nichts an, bleibt der gangbare zivilrechtliche Weg über das Betreuungsgericht bzw. die Betreuungsbehörde: Ersuchen Sie das Amtsgericht (Betreuungsgericht) um eine Entscheidung, dass die Betreuerin der Mieterin zu verpflichten ist, den Zutritt zur Wohnung zu gestatten oder die erforderlichen Maßnahmen zu dulden. Das Gericht kann den Betreuer verpflichten, im Interesse der Gesundheit der Mieterin und zum Schutz des Vermögens (Gebäude) zuzustimmen. In besonders dringenden Fällen können Sie das Gericht um eine einstweilige Anordnung bitten; in weniger akuten, aber wichtigen Fällen ist ein regulärer Antrag auf gerichtliche Ermächtigung oder Weisung gegenüber dem Betreuer zielführend. Parallel können Sie die Betreuungsbehörde und das Sozialamt informieren – oft bewirken diese Stellen, dass Maßnahmen ermöglicht werden.
Wichtig ist, dass Sie beim tatsächlichen Betreten und bei den Sanierungsarbeiten rechtlich und faktisch sauber vorgehen: Lassen Sie Handwerker mit Auftrag hineingehen, fertigen Sie eine lückenlose Dokumentation an (Fotos vor, während, nach Arbeiten), protokollieren Sie Zeugen oder die Anwesenheit eines Mitarbeiters des Pflegedienstes bzw. einer neutralen Person. Entfernen oder entsorgen Sie keine persönlichen Gegenstände der Mieterin ohne deren oder der Betreuerin Zustimmung; bewahren Sie diese gesichert und dokumentiert (Fotodokumentation, Inventar) auf. Wenn es absolut notwendig ist, Gegenstände zu entfernen, lagern Sie diese sicher und protokolliert und informieren Sie den Betreuer unverzüglich über Ort und Zustand. Das unbedachte Wegwerfen von Eigentum kann sonst zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Was die Kosten und die spätere Rechtslage betrifft: Die aufgewendeten Kosten für die Schadensbegrenzung und Sanierung können Sie grundsätzlich als Vermieter zunächst tragen und später gegenüber der Mieterin bzw. deren verfügungsberechtigtem Vermögen geltend machen, insbesondere wenn der Schaden durch ein vom Mieter zu vertretendes Verhalten (z. B. unsachgemäße Bedienung, Fahrlässigkeit) verursacht wurde. Da die Mieterin unter Betreuung steht, wird die Durchsetzung gegen deren Vermögen bzw. gegen den Betreuer erfolgen; falls die Mieterin über keine ausreichenden Mittel verfügt, bleibt die Kostentragung zunächst bei Ihnen; aber die Gebäudeversicherung sollte primär die Schäden abdecken; halten Sie daher engen Kontakt mit der Versicherung, übermitteln Sie alle Nachweise und fordern Sie rasche Regulierung. Teilen Sie der Versicherung ausdrücklich mit, dass Sie zugangsrechtliche Probleme mit der Betreuerin haben; Versicherer unterstützen oft bei der notwendigen Koordination mit Behörden oder tragen notfalls Rettungskosten zur Schadensminderung.
Beste Grüße
Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
Meisenweg 14
41239 Mönchengladbach
Tel: 06172 5953008
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
E-Mail:
Guten Morgen Herr Becker, vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort.
Ist denn in diesem Fall von einer groben Fahrlässigkeit auszugehen? Und wenn ja, wäre das ein fristloser Kündigungsgrund ? Die Dame hat bereits in der Vergangenheit 2 Abmahnungen wegen nicht gezahlter Miete erhalten. Derzeit ist das Mietkonto jedoch wieder ausgeglichen.
Vielen Dank für eine Antwort.
Beste Grüße
Wie erwähnt spricht aus meiner Sicht schon wirklich viel dafür, dass im vorliegenden Fall grob fahrlässiges Verhalten der Mieterin im Raum steht, insbesondere dann, wenn der Wasserschaden offenkundig über längere Zeit bestanden hat, ohne dass die Mieterin, der Pflegedienst oder die gesetzliche Betreuerin den Schaden angezeigt oder Maßnahmen zur Schadensbegrenzung veranlasst haben. Nach § 536c BGB ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter jeden Mangel der Mietsache unverzüglich anzuzeigen. Wird dies unterlassen und verschlimmert sich der Schaden dadurch erheblich, haftet der Mieter für die daraus entstehenden Folgeschäden, sofern ihn ein Verschulden trifft. Grobe Fahrlässigkeit liegt bereits dann vor, wenn ein Schaden über einen längeren Zeitraum unbemerkt bleibt, obwohl er bei ordnungsgemäßer Sorgfalt (etwa durch Wahrnehmung typischer Feuchtigkeitsanzeichen, Schimmelgeruch oder tropfende Leitungen) hätte erkannt und gemeldet werden müssen.
In Ihrem Fall spricht zudem der Umstand, dass die Mieterin dauerhaft betreut und pflegerisch versorgt wird, nicht automatisch gegen die Annahme eines Verschuldens. Denn sowohl der Pflegedienst als auch die gesetzliche Betreuerin haben eine Mitwirkungspflicht und müssen sicherstellen, dass solche erheblichen Gefahren für die Gesundheit und das Mietobjekt vermieden werden. Wenn beide es über längere Zeit versäumt haben, Sie zu informieren oder einen Handwerker zu beauftragen, ist das zumindest als Fahrlässigkeit zu werten. Grobe Fahrlässigkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn der Schaden über Wochen oder Monate fortbestehen konnte und der Pflegedienst oder die Betreuerin Anzeichen ignoriert haben.
Hinsichtlich einer Kündigung ist zu unterscheiden zwischen ordentlicher und fristloser Kündigung. Eine fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB) setzt voraus, dass die Mieterin ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft erheblich verletzt hat und es Ihnen als Vermieter nicht zumutbar ist, das Mietverhältnis fortzusetzen. Eine solche Pflichtverletzung kann im Unterlassen der Mangelanzeige und in der Verursachung eines gravierenden Wasserschadens durchaus liegen, vor allem wenn der Schaden großflächig und gesundheitsgefährdend ist (wie der von Ihnen beschriebene Schimmelbefall).
Allerdings wird ein Gericht im Rahmen einer Gesamtabwägung auch berücksichtigen, dass die Mieterin betreuungsbedürftig und gesundheitlich eingeschränkt ist. Das bedeutet: Ihre persönliche Verantwortlichkeit ist möglicherweise reduziert, während die Verantwortung der Betreuerin und des Pflegedienstes stärker in den Vordergrund rückt. In solchen Fällen empfiehlt es sich, zunächst eine formale Abmahnung auszusprechen – adressiert an die Betreuerin als gesetzliche Vertreterin der Mieterin – in der Sie das Verhalten (Nichtanzeige, Zutrittsverweigerung, Gefährdung des Gebäudes) detailliert beschreiben und eine unmissverständliche Frist zur Duldung der Schadensbeseitigung setzen. Nur wenn darauf keine Reaktion erfolgt oder erneut eine Pflichtverletzung eintritt, ist eine fristlose Kündigung rechtlich abgesichert.
Unter Umständen kann aber auch eine ordentliche Kündigung wegen nachhaltiger Pflichtverletzung (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) gerechtfertigt sein, insbesondere, wenn sich zeigt, dass die Mieterin – auch unter Betreuung – nicht in der Lage ist, das Mietobjekt in einem zumutbaren Zustand zu halten, und Sie als Vermieter dauerhaft mit erheblichen Risiken und Schäden rechnen müssen.
Für die Beweisführung ist entscheidend, dass Sie sämtliche Feststellungen dokumentieren.:
Fotos der Schäden, Feuchtigkeitsmessprotokolle, den ausgetauschten Ventilbereich, Berichte von Handwerkern, Datum der Entdeckung, sowie die schriftliche Korrespondenz mit der Betreuerin und der Versicherung. Diese Dokumentation wird im Streitfall zeigen, dass der Schaden nicht plötzlich, sondern über längere Zeit eingetreten ist und dass Sie Ihrer eigenen Schadensminderungspflicht sofort nachgekommen sind.
Mein Fazit:
Das Verhalten der Mieterin bzw. ihrer Betreuerin deutet stark auf schuldhaftes bzw. möglicherweise grob fahrlässiges Unterlassen der Mangelanzeige hin. Ob Sie fristlos kündigen können, hängt von der konkreten Gefährdungslage, dem Verhalten nach Ihrer Abmahnung und der weiteren Mitwirkung der Betreuerin ab.
Beste Grüße