Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ihre Frage ist sehr berechtigt – und tatsächlich ist die korrekte und vollständige Angabe des Beschlussgegenstands auf der Einladung zur Eigentümerversammlung rechtlich von zentraler Bedeutung.
1. Grundsatz: Transparenz und Bestimmtheit der Tagesordnung
Nach § 23 Abs. 2 WEG ist zur Gültigkeit des Beschlusses erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist.
Der Zweck der Ankündigung eines Themas oder Tagesordnungspunkts in der Einladung zu der Eigentümerversammlung besteht darin, den Wohnungseigentümer vor überraschenden Beschlüssen zu schützen. Er soll die Möglichkeit haben, sich anhand der Tagesordnung auf die Versammlung vorzubereiten und sich zu entscheiden, ob er daran teilnehmen will (Bärmann/Pick/Emmerich, 21. Aufl. 2025, WEG § 23 Rn. 91f.)
Nach der Rechtsprechung (z. B. BGH, Urteil vom 24.01.2020 – V ZR 110/19) gilt:
Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung kann es – unabhängig von der ausreichenden Bezeichnung des Gegenstands der Beschlussfassung (§ 23 Absatz II WEG) – im Einzelfall erfordern, den Wohnungseigentümern schon in der Einladung zur Eigentümerversammlung Informationen zur Verfügung zu stellen, um ihnen eine inhaltliche Befassung mit dem Beschlussgegenstand und eine ausreichende Vorbereitung auf die Eigentümerversammlung zu ermöglichen (ZWE 2020, 284, 285).
Das bedeutet:
Jeder Eigentümer soll anhand der Einladung erkennen können, worüber genau beschlossen wird.
Wesentliche Vertragsbestandteile, insbesondere bei der Bestellung oder Verlängerung eines Verwaltervertrags, müssen konkret benannt sein.
2. Fehlt hier eine wesentliche Information?
Ja.
Der Punkt auf der Tagesordnung lautete:
"Verlängerung des Verwaltervertrages mit der Hausverwaltung XY, ab dem 01.01.2026"
Was nicht enthalten ist:
die Dauer der Vertragsverlängerung (hier: 5 Jahre)
Damit war der Beschlussgegenstand nicht hinreichend bestimmt, denn die Vertragslaufzeit ist ein zentraler Bestandteil eines Verwaltervertrags.
Vgl. Sie hierzu BGH, Urteil vom 27.2.2015 – V ZR 114/14:
Zitat:Zu den Eckpunkten des Verwaltervertrags, die bei der Bestellung in wesentlichen Umrissen geregelt werden bzw. bekannt sein müssen, gehören Laufzeit und Vergütung.
oder BGH, Urt. v. 24.1.2020 – V ZR 110/19:
Zitat:Daher ist es bei einer Neuwahl des Verwalters regelmäßig erforderlich, die Angebote der Interessenten den Wohnungseigentümern schon vor der Eigentümerversammlung, in der über die Bewerber abgestimmt werden soll, innerhalb der Einladungsfrist des § 24 Absatz 4 Satz 2 WEG vorzulegen. Dies kann – wovon der Senat bereits ausgegangen ist – durch Zusendung der Angebote selbst erfolgen.[...] Es reicht aber auch aus, wenn den Wohnungseigentümern die Namen der Bewerber sowie die Eckpunkte ihrer Angebote mitgeteilt werden. Zu den mitzuteilenden Eckpunkten der Leistungsangebote gehören die vorgesehene Laufzeit des Vertrages und die Vergütung
3. Folge: Anfechtbarkeit des Beschlusses
Ein solcher Beschluss ist anfechtbar nach § 44 WEG, weil:
Die Einladung die Eigentümer nicht ordnungsgemäß über den Beschlussgegenstand informiert hat.
Eigentümer (wie Sie selbst) somit keine informierte Entscheidung treffen konnten.
4. Was können Sie tun?
Wenn Sie gegen diesen Beschluss vorgehen möchten:
Frist beachten: Die Anfechtung eines Beschlusses muss binnen 1 Monat ab Zugang des Protokolls beim Amtsgericht eingereicht werden (§ 45 WEG).
Sie benötigen dazu keinen Anwalt, ein anwaltliches Vorgehen ist aber zu empfehlen.
Fazit
Ja, die Einladung war inhaltlich unzureichend, weil die Vertragslaufzeit fehlte. Der daraus gefasste Beschluss ist anfechtbar, weil die Eigentümer keine hinreichende Entscheidungsgrundlage hatten. Wenn Sie die Beschlussanfechtung erwägen, müssen Sie zügig handeln.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen