Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Erträge aus verbliebenem Vermögen nach dem Zugewinnausgleich, wie Aktiengewinne und Dividenden, können grundsätzlich bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt werden.
Dies gilt insbesondere, wenn diese Erträge als regelmäßiges Einkommen angesehen werden können.
Der Zeitpunkt, zu dem das Vermögen angespart wurde, spielt dabei eine Rolle. Erträge aus Vermögen, das bereits zur Zeit der Scheidung bestand, können als Einkommen betrachtet werden, das für den Unterhalt herangezogen wird. Wenn das Vermögen jedoch erst nach der Scheidung angespart wurde, könnte es schwieriger sein, diese Erträge als unterhaltsrelevant zu betrachten, insbesondere wenn sie der Altersvorsorge dienen sollen. Dennoch sind die Erträge aus dem Vermögen, unabhängig davon, wann es angespart wurde, grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie regelmäßig anfallen.
2.
Das Einkommen aus der zusätzlichen Selbstständigkeit ist grundsätzlich relevant für die Unterhaltsberechnung.
Wenn dieses Einkommen den Lebensstandard der Unterhaltsberechtigten deutlich erhöht, wird es in der Regel in die Berechnung des Unterhalts einbezogen.
Allerdings kann die Zumutbarkeit der Fortführung dieser Tätigkeit in Frage gestellt werden, wenn der verbleibende Stundenlohn nach Abzug von Steuern und Unterhalt so gering ist, dass eine Aufgabe der Tätigkeit im Sinne einer Work-Life-Balance wahrscheinlich wäre.
In solchen Fällen könnte argumentiert werden, dass die Fortführung der selbstständigen Tätigkeit unzumutbar ist, insbesondere wenn dies auch der unterhaltsberechtigten Seite einen finanziellen Nachteil bringen würde.
Die Gerichte könnten in solchen Fällen eine Abwägung vornehmen, ob die Fortführung der Tätigkeit zumutbar ist und ob das Einkommen daraus vollständig oder nur teilweise in die Unterhaltsberechnung einfließen sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Danke sehr für die schnelle Antwort.
Ich bitte Sie um Präzisierung, da mir einige Antworten nicht klar sind.
Zu Ihrem Punkt 1):
Kursgewinne bei Aktien sind ja eben nicht regelmäßig. Und falls Gewinne auf den Unterhalt angerechnet werden, dann dürfen sicherlich auch Verluste in schlechten Jahren den Unterhalt reduzieren. Daraus kann im schlimmen Fall eine vollständige Aufhebung des Unterhalts führen, was wiederum sicherlich nicht die Idee von Unterhalt ist. Würden Verluste nicht anrechenbar sein aber Gewinne schon; so würde in Jahren mit positiver Rendite nahezu die gesamte Rendite in den Unterhalt gehen und in Jahren mit negativer Rendite das Konto geringer. Folglich hätte der Unterhaltspflichtige nur das Risiko aber keine Beteiligung an der Chance. Bitte lösen Sie dieses Dilemma.
Zu Ihrem Punkt 2):
Sie schreiben "Wenn dieses Einkommen den Lebensstandard der Unterhaltsberechtigten deutlich erhöht, wird es in der Regel in die Berechnung des Unterhalts einbezogen." Wie ist das zu verstehen, geht es nicht eigentlich darum den Lebensstandard nicht zu verringern? Ihre Ausführung klingt als würde besonderer Wert auf die Steigerung des Lebensstandards der Unterhaltsberechtigten gelegt?!
Und wieso ist eine zusätzliche Tätigkeit neben einem 40-h-Job mit "zumutbar" zu bewerten? "Zumutbar" suggeriert dass diese Tätigkeit vom Gericht erwartet werden kann. Bitte erklären Sie, da mir nicht nachvollziehbar ist wieso dem Unterhaltspflichtigen neben einem 40-h-Job eine weitere Tätigkeit "zumutbar" ist um damit den Lebensstandard der Unterhaltsberechtigten zu erhöhen.
Sehr geehrter Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Die Frage, ob Kursgewinne aus Aktien als Einkommen für die Unterhaltsberechnung herangezogen werden, ist komplex.
Grundsätzlich können Erträge aus Kapitalvermögen, wie Dividenden, als Einkommen betrachtet werden, da sie regelmäßig anfallen.
Kursgewinne hingegen sind spekulativer Natur und können stark schwanken.
In der Praxis wird oft versucht, einen Durchschnitt über mehrere Jahre zu ermitteln, um die Schwankungen auszugleichen. Verluste aus Aktiengeschäften werden in der Regel nicht direkt vom Einkommen abgezogen, da sie als spekulative Verluste betrachtet werden.
Es ist jedoch möglich, dass ein Gericht bei der Unterhaltsberechnung einen gewissen Spielraum lässt, um außergewöhnliche Verluste zu berücksichtigen, insbesondere wenn diese die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen erheblich beeinträchtigen.
Das Ziel ist, eine faire und ausgewogene Lösung zu finden, die sowohl die Chancen als auch die Risiken der Kapitalanlage berücksichtigt.
2.
Der Unterhalt soll in erster Linie den Lebensstandard des Unterhaltsberechtigten sichern, der während der Ehe bestanden hat.
Wenn jedoch das Einkommen des Unterhaltspflichtigen durch eine zusätzliche Tätigkeit erheblich steigt, kann dies dazu führen, dass der Unterhaltsberechtigte von einem höheren Lebensstandard profitiert.
Dies ist jedoch nicht das primäre Ziel des Unterhaltsrechts. Vielmehr geht es darum, den bisherigen Lebensstandard zu sichern, nicht unbedingt zu erhöhen.
3.
Die Zumutbarkeit einer zusätzlichen Tätigkeit neben einem 40-Stunden-Job hängt von den individuellen Umständen ab.
Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, über seine Leistungsfähigkeit hinaus zu arbeiten.
Wenn jedoch eine zusätzliche Tätigkeit bereits ausgeübt wird und dadurch ein erhebliches Einkommen erzielt wird, kann dieses Einkommen in die Unterhaltsberechnung einfließen. Die Gerichte prüfen dabei, ob die Fortführung der Tätigkeit zumutbar ist, was von der individuellen Belastung und den persönlichen Lebensumständen abhängt.
Es wird nicht erwartet, dass jemand eine zusätzliche Tätigkeit aufnimmt, um den Unterhalt zu erhöhen, wenn dies unzumutbar wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt