Verpflichtung zum Rasenmähen?

4. Juli 2008 14:54 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Notarin und Rechtsanwältin Sonja Richter

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Mieter bewohne ich die OG-Wohnung in einem Zweifamilienhaus seit 6 Jahren. Im Erdgeschoss wohnte bis zu seinem Tod im letzten Jahr der Vater meines Vermieters. Der Vermieter war auch schon vorher Eigentümer des ganzen Hauses. Das Haus befindet sich in Hanglage bzw. direkt hinter dem Haus beginnt der Hang. Neben der Terasse des EGs befindet sich direkt ebenerdig eine Rasenfläche. Hinter dem Haus, knapp unterhalb meiner Terasse befindet sich ein kleines, ebenes Gartenstückchen. Direkt dahinter und durch eine kleine Mauer abgesetzt befinden sich zwei Wiesen-Stücke in abschüssiger Hanglage.

Vor meinem Einzug habe ich mit meinem Vermieter mündlich geklärt, dass ich kein Interesse an der Nutzung des Gartens habe und auch die Wiesen nicht mähen möchte. Damit hat sich mein Vermieter damals einverstanden gezeigt und dementsprechend wurde im Mietvertrag bei der Aufstellung, was zu der gemieteten Wohnung gehört, die Angabe "Garten" durchgestrichen. Diese damalige mündliche Übereinkunft hat mir mein Vermieter letzte Woche in einem Gespräch erneut bestätigt.

Bis zum heutigen Tag hat mein Vermieter den Garten der EG-Wohnung und die Wiesen hinter der OG-Wohnung gemäht.

Nachdem die EG-Wohnung nun renoviert ist und wieder vermietet werden soll, möchte der Vermieter das Mähen der Rasen-/Wiesenbereiche künftig nicht mehr selbst durchführen. Der künftige Mieter der EG-Wohnung soll die direkt an seine Terasse angrenzende ebene Fläche mähen.

Von mir verlangt mein Vermieter nun, das kleine Gartenstückchen hinter meiner Terasse und die beiden angrenzenden abschüssigen Wiesen entweder selbst zu mähen, oder die Unkosten für einen von ihm bestellten externen Dienstleister zu 100% zu übernehmen.

Unglücklicherweise befindet sich in meinem Mietvertrag folgender Absatz bei der Aufstellung der abrechenbaren Nebenkosten:

"10. Die Kosten der Gartenpflege
Hierzu gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen, der Pflege von Spielplätzen, Zugängen und Zufahrten, die dem nicht öffentlichen Verkehr dienen."

(Es handelt sich dabei um einen Mustermietvertrag, den wir (dummerweise) damals nicht komplett Absatz für Absatz durchgegangen sind.)

Als Entgegenkommen habe ich meinem Vermieter angeboten, mich um das kleine Rasenstückchen unterhalb meiner Terasse zu kümmern; die beiden Wiesen möchte ich jedoch nicht pflegen müssen. Damit ist er nicht einverstanden.

Meine konkreten Fragen:

(1) Kann mein Vermieter tatsächlich von mir verlangen, die beiden Wiesen und die kleine Rasenfläche zu mähen oder 100% der Kosten eines externen Dienstleisters zu übernehmen.

(2) Gibt es eine Grenze, was tatsächlich als Garten zum Bereich des Hauses gehört und was 'freie Wiese' ist?
Damit meine ich etwa folgendes: Es könnte ja sein, dass das an das Haus angrenzende Wiesenstück wirklich sehr groß ist. Könnte ein Vermieter dann tatsächlich die gesamten Mähkosten auf die Mieter abwälzen? Wo ist da die Grenze? (Der Garten ist ja laut Vertrag nicht mitvermietet.)

Sollte mein Vermieter mir tatsächlich die Kosten aufbürden können:

(3) Welche Leistungen und welche Häufigkeit des Mähens darf dem externen Dienstleister von dem Vermieter aufgetragen und mir in Rechnung gestellt werden?

(4) Gibt es Richtwerte oder Obergrenzen, was für das Mähen einer Wiese berechnet werden kann?
Also etwa: Kosten pro Quadratmeter pro Jahr? Gibt es Richtwerte, wie oft der Dienstleister zum Mähen bestellt werden kann? (Im Sinne von: Englischer Rasen vs. Wiese)

Herzlichen Dank im Voraus

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Frage auf Grundlage der mir vorliegenden Informationen und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt:

Die grundlegende Frage, die hier zu klären ist, ist: Was haben Sie vertraglich vereinbart? Der schriftliche Vertrag verpflichtet Sie zur Beteiligung an den Gartenpflegekosten (dazu unten mehr), während Sie mündlich vereinbart haben, daß Sie von der Gartenpflege befreit sind. Sofern Sie keine Klausel in dem Mietvertrag haben, wonach abweichende Absprachen schriftlich zu formulieren sind (prüfen Sie dies bitte), ist die mündliche Absprache wirksam. Da diese Absprache individuell getroffen wurde, hat sie auch Vorrang.

Derartige Vereinbarungen können auch nicht einseitig durch den Vermieter geändert werden. Dies bedarf Ihrer Zustimmung. Problematisch ist jedoch, daß Sie diese mündliche Absprache im Zweifel nur schwer beweisen können, falls Sie keine Zeugen haben. Unabhängig von der Beweisfrage ist diese Absprache jedoch wirksam. Sie müßten daher keine Gartenpflegekosten tragen.

Für den Fall, daß abweichende Absprachen schriftlich vereinbart werden müssen oder daß Sie Beweisprobleme haben, mache ich noch Ausführungen zu Ihrer schriftlichen Verpflichtung zur Übernahme von Gartenpflegekosten:

Die fehlende Gartennutzung schließt nicht grundsätzlich die Beteiligung an den Pflegekosten aus. Dies hat der BGH im Jahr 2004 (AZ.: VIII ZR 135/03 , abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de) entschieden. Danach kann ein Mieter zu der Beteiligung an den Gartenpflegekosten verpflichtet werden, auch wenn er den Garten nicht nutzt oder - wie bei Ihnen - nicht mitgemietet hat. Der BGH argumentiert in der Entscheidung damit, daß ein Mieter, der den Garten nicht nutzt, trotzdem von einem gepflegten Garten profitiert, weil der Gesamteindruck verschönert werde und so die Wohnqualität steige.

Eine Ausnahme von der Kostenbeteiligung hat der BGH nur für die Gartenflächen angenommen, die einem (anderen) Mieter oder dem Vermieter zur alleinigen Nutzung zugewiesen sind. In diesem Fall muß der allein Nutzungsberechtigte die Kosten alleine tragen.

Aus Ihrer Schilderung kann ich nicht genau entnehmen, ob der EG-Mieter die Rasenfläche unter Ihrer Terrasse alleine nutzen darf. In diesem Fall dürfen Sie nicht an den Kosten beteiligt werden. Andernfalls sind die Gartenpflegekosten für dieses Stück auf beide Mieter aufzuteilen.

Die Gartenpflegekosten können nur für das Grundstück umgelegt werden, auf dem sich das vermietete Objekt befindet. Hinsichtlich der Wiesen müssen Sie daher klären, ob diese noch zu dem Grundstück des Zweifamilienhauses gehören. Wenn dies der Fall ist, müßten Sie auch die Kosten für die Pflege der Wiese anteilig übernehmen. Die Verpflichtung endet mit der Grundstücksgrenze.

Die Höhe der Kosten richtet sich nach dem ortsüblichen Preis. Sie können daher zur Ermittlung der Kosten einige Gartenfachbetriebe nach den Kosten fragen, um einen Durchschnittswert zu ermitteln.

Hinsichtlich der Häufigkeit des Rasenmähens sind mir keine Urteile bekannt. Dies liegt sicherlich daran, daß es eine starke Einzelfallentscheidung ist. Jeder Rasen wächst - je nach Boden und Niederschlagsmenge - in einer unterschiedlichen Geschwindigkeit.

Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben, und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Sonja Richter
- Rechtsanwältin -

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