Pflichtteilsberechtigter mit 50% des gesetzl Erbteils bedacht. Kann er Geld fordern?

| 24. Juni 2023 11:05 |
Preis: 70,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von

Einen schönen guten Tag.
Ich habe ein Kind aus einer früheren Beziehung.
In meinem Testament möchte ich festlegen, dass es bei meinem Tod 50% meiner Hinterlassenschaft erhalten soll.
Die anderen 50% soll die Schwester meiner Lebensgefährtin erhalten.

Die Erbmasse setzt sich im wesentlich wie folgt zusammen.
Geld auf Konten ca. 100.000 Euro
Kleines Einfamilienhaus im Wert von ca. 300.000
Anteil an einer Grundstücks GbR im Wert von 200.000 Euro. Im Grundbuch ist die GbR als Eigentümerin eingetragen.

Frage dazu:
Kann das Kind den Pflichtteil geltend machen bzw. forden und somit eine reine Geldforderung an die Miterbin stellen, oder werden die Beteiligten dann zur normalen Erbengemeinschaft, da der Pflichtteilsberechtigte nicht enterbt, und mit seinem vollen Pflichtteil bedacht wurde?

24. Juni 2023 | 13:06

Antwort

von


(1622)
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Sehr geehrter Ratsuchender,

lassen Sie mich Ihre Frage wie folgt beantworten.

Wenn Sie das so regeln, werden beide Erbinnen Miterben (§§ 2032 ff. BGB).


Ein Pflichtteilsanspruch der Tochter besteht nur, wenn sie durch z.B. Testament enterbt würde (§ 2303 Abs. 1 S. 1 BGB) oder das Erbe wegen "Einsetzung eines Nacherben", der "Ernennung eines Testamentsvollstreckers" oder einer "Teilungsanordnung" beschränkt oder mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert wäre (§ 2306 Abs. 1, 1. Halbsatz BGB).

Durch Ausschlagung entfällt grundsätzlich das Pflichtteilsrecht, außer das Gesetz regelt eine Ausnahme. Eine Ausnahme gibt es für Ehegatten (§ 1371 Abs. 3 BGB) und bei Beschränkung und Beschwerung des Erbes.

Das heißt in Ihrem Fall:

Die Tochter kann nicht das Erbe auszuschlagen und den Pflichtteil als reine Geldforderung verlangen, weil die Voraussetzungen des § 2306 Abs. 1, 1. Halbsatz BGB nicht vorliegen.

Die Tochter ist durch das Testament nicht "beschränkt" oder "beschwert".

Bei den genannten Vermögenswerten ist es ratsam, sich eingehender - in Kenntnis aller Umstände - vor allem erbschaftssteuerrechtlich aber auch bezüglich der Grundstücks-GbR anwaltlich beraten und/oder ein notarielles Testament erstellen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


Rückfrage vom Fragesteller 25. Juni 2023 | 13:12

Danke für die ausführliche und klare Antwort.
Gut zu wissen, dass es sich so verhält wie von mir bereits vermutet.
Die Sache mit der Grundstücks GbR ist ein Sonderfall, hier hemmen der GbR Vertrag die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Erben. Die verbliebenen ursprünglichen Gesellschafter können sich für eine Abfindung der Erben entscheiden, haben dann aber viele Jahre Zeit diese Abfindungen auszuzahlen.
Die Erben wiederum haben auch die Möglichkeit (bei Einstimmigkeit) zu kündigen.
Auch in diesem Fall kann sich die Auszahlung der Abfindung aber über viele Jahre verteilen.

Spannend finde ich die Frage was ist, wenn die Tochter nicht mit ihrem vollen Pflichtteil von 50% im Testament bedacht ist.
Sie hat dann Anspruch auf Pflichtteilsergänzung.
Und mir stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob dieser Teil dann evtl. wieder zu einer reinen Geldforderung wird die ggfs. auch sofort fällig wird.
Würde mich eigentlich wundern. Wenn sie etwas drüber wissen und möchten, dann können sie gerne hier noch kurz etwas dazu antworten.

Ansonsten nochmal herzlich Dank und Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 25. Juni 2023 | 13:56

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch, der auch nur ein Geldanspruch ist, besteht nur bei einer Schenkung des Erblassers zu Lebzeiten (§ 2325 BGB) und wenn nicht mindestens die Hälfte des gesetzlichen Erbteils überlassen wurde (§ 2326 BGB).

Ohne lebzeitige Schenkung gilt nur § 2305 S. 1 BGB (Zusatzpflichtteil):
"Ist einem Pflichtteilsberechtigten ein Erbteil hinterlassen, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben als Pflichtteil den Wert des an der Hälfte fehlenden Teils verlangen."
Auch der Zusatzpflichtteil (= die Differenz zwischen dem Pflichtteil/ der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und dem hinterlassenen Erbteil) ist ein Geldanspruch / eine Forderung in Geld.

Den Zusatzpflichtteil kann die Tochter auch verlangen, wenn Sie das Erbe ausschlagen würde.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt



Bewertung des Fragestellers 25. Juni 2023 | 14:29

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Sehr gut.
Kurz und klar geantwortet, verständlich und alles Wesentliche berücksichtigt.
Vielleicht war die erste Frage vergleichsweise einfach zu beantworten und der Einsatz dafür auch vergleichsweise höher.
Aber es hatten sich vor Herrn Eichhorn 5 noch andere AnwältInnen die Frage angesehen und nicht angenommen.
Spätestens mit Beantwortung der Rückfrage, die nur noch sehr bedingt mit der Ausgangsfrage zu tun hatte, bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Dankeschön

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Vielleicht war die erste Frage vergleichsweise einfach zu beantworten und der Einsatz dafür auch vergleichsweise höher.
Aber es hatten sich vor Herrn Eichhorn 5 noch andere AnwältInnen die Frage angesehen und nicht angenommen.
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