Sie brauchen keine Sorge zu haben, durch Rücknahme des Erbscheins irgendwas zuzugeben. Hierdurch wird nichts an Schenkungen in der Vergangenheit bewiesen. Die Rücknahme des Erbscheinantrags bewirkt nur, dass der „Erbin" (Betreuertochter) ein Erbschein erteilt wird, wenn sie dieses beantragt. Im Verhältnis zu Dritten, wie Vermieter, Banken oder Versicherungen, zählt die Tochter dann als Erbin. Auch wenn sich später rausstellen sollte, dass das Testament beispielsweise wegen Täuschung wirksam angefochten ist. Der Erbschein ist nur zum Schutz Dritter da. Damit diese nicht doppelt zahlen müssen, wenn denn später rein zweiter, richtiger Erbe auftaucht.
Im Verhältnis der möglichen Erben untereinander kann die Frage, wer Erbe geworden ist, nämlich nur durch Erbenfeststellungsklage geregelt werden. Das ist ein ganz normales Klageverfahren, was unabhängig vom Erbscheinsverfahren läuft. Diese Klage können Sie auch noch nach Rücknahme des Erbscheinantrags erheben.
Es mag sein, dass die Richterin Ihnen bezüglich der Täuschung über angeblich bereits von der Betreuertochter erfolgte Schenkungen nicht groß Beachtung geschenkt hat, weil sie keine Kausalität sieht. Denn egal ob etwas geschenkt oder nicht geschenkt worden wäre, hätte sich wahrscheinlich nichts an der Enterbung geändert. Lediglich die Höhe des Pflichtteilsanspruchs könnte sich hierdurch ändern (in Ihrem Fall wahrscheinlich auch noch nicht mal, denn damit eine Anrechnung auf den Pflichtteil erfolgt, muss im Moment der Schenkung eine entsprechende Bestimmung über die Anrechnung erfolgt sein). Wenn Sie aber so oder so enterbt wörden wären, dann ist die Täuschung in diesem Punkt egal. Die latente Angst vor Liebesentzug oder Einstellubg der Pflege ist leider in sehr vielen Fällen da, bekommen Sie in der Praxis aber kaum bewiesen.
Wenn Sie Ihrer Schwester mal richtig Dampf um den Pflichtteilsanspruch machen wollen und damit vor Gericht gehen wollen, rufen Sie mich am Montagnachmittag mal in meiner Kanzlei an und lassen sich zu mir durchstellen. Insbesondere wenn die Tochter nicht als Betreuerin, sondern mit Bankvollmachten oder Betreuungsvollmacht gehandelt hat, gibt es schöne Möglichkeiten, nochmal alle Kontobewegungen durchzukauen.