Anfechtung Schenkung Haus Ehefrau

22. Dezember 2022 18:50 |
Preis: 45,00 € |

Insolvenzrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Dezember 2018 haben meine Frau und ich den Kaufvertrag für unser Haus samt Grundstück (Bauvorhaben) beim Notar unterzeichnet. Am 5.12.2018 erfolgte die Auflassungsvorbemerkung im Grundbuch, nach der wir beide mit jeweils 50 % Eigentümer von Haus und Grundstück vorgemerkt wurden. Die Auflassung fand am 12.02.2020 statt und die Eintragung als Eigentümer im Grundbuch am 11.03.2020. Den maßgeblichen Teil der Kosten (ca. 95 %) für Haus und Grundstück habe ich als Ehemann übernommen. Man spricht hier also wohl von einer Schenkung an meine Ehefrau (50 % des Hauses / Grundstücks gehören ja ihr)

Frage:

Im Falle einer Insolvenz von mir (ich bin Geschäftsführer einer GmbH) gilt ja bei der hier erfolgten Schenkung des hälftigen Hauses an meine Frau eine vierjährige Anfechtungsfrist. Nun habe ich gelesen, dass der BGH 2021 entschieden hat, dass auch bei künftigen (unentgeltlichen) Grundgeschäften in Bezug auf den Anfechtungszeitraum auf den Zeitpunkt der Auflassungsvormerkung im Grundbuch (also am 5.12.2018) abzustellen ist und hier bereits der vierjährige Anfechtungszeitraum beginnt. Gerne würde ich dies einmal juristisch prüfen / bestätigen lassen. Vorsätzliche Vermögensverschiebung (Vorsatzanfechtung) lag zu diesem Zeitpunkt in keinster Weise vor, da die Geschäfte zu dem Zeitpunkt sehr gut liefen und sich erst mit Aufkommen der Corona-Krise verschlechtert haben.

Herzlichen Dank

23. Dezember 2022 | 09:40

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Mit Ihrem Hinweis dürften Sie vermutlich die Entscheidung des BGH vom 25.3.2021 – IX ZR 70/20 - meinen. Der dort entschiedene Fall lag aber anders, als der Ihre:

Im vom BGH entschiedenen Fall räumte ein Sohn seinen Eltern eine Kaufoption angeboten und diese durch eine Auflassungsvormerkung absichern lassen. Der im Gegenzug vereinbarte Kaufpreis lag deutlich unter dem Marktwert, die Grundstücksübertragung war hinsichtlich des Differenzbetrags als unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO (in der Entscheidung ging es um den spiegelbildlich außerhalb der Insolvenz geltenden § 4 AnfG) zu werten. Die Auflassungsvormerkung wurde mehr als 4 Jahre vor Erheben der Anfechtungsklage (sinnbildlich der Insolvenzantragstellung) eingetragen, die Auflassung erfolgte im 4-Jahres-Zeitraum. Hier sagte der BGH, dass die Frist verstrichen war - Dies ist im Hinblick auf § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO auch folgerichtig.

In Ihrem Fall haben Sie Ihrer Frau den zum Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils nötigen Geldbetrag unentgeltlich zugewandt. Diese Zuwendung war nicht durch die Auflassungsvormerkung abgedeckt - dies war nur der Anspruch auf Übertragung des Grundstücks. Für die Fristberechnung kommt es daher m.E. in Ihrem Fall auf den Zeitpunkt an, in dem der betreffende Geldbetrag aus Ihrem Vermögen abgeflossen ist, also Sie die Zahlung entweder an den Notar oder den Verkäufer geleistet haben.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Thomas Henning, Wirtschaftsjurist

Rückfrage vom Fragesteller 23. Dezember 2022 | 10:14

Sehr geehrter Herr Henning, vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Die Kaufpreissumme wurde in mehreren Chargen im Zeitraum von 2018-2019 aus meinem Vermögen an den Bauträger bezahlt. Machen wir ein konkretes Beispiel: Ich habe Anfang Dezember bereits 130.000 € aus meinem Privatvermögen für das Haus an den Verkäufer bezahlt. Unterstellen wir, dass diese 130.000 € bereits zu 100 % für den späteren 50 % Anteil meiner Frau gedacht waren (Schenkung). Die 130.000 € sind dann sicher vor einer möglichen Anfechtung, da außerhalb des 4 Jahres-Zeitraums, oder?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Dezember 2022 | 12:02

Hallo

und danke für Ihre Nachfragen. Zur hiesigen:
Eine 100%ig sichere Antwort kann ich Ihnen leider nicht geben, da immer unklar ist, wie ein etwa angerufenes Gericht entscheidet, wobei auch der Wortlaut des Bauträgervertrags nicht unerheblich ist. Hier gehe ich aber davon aus, dass Sie und Ihre Frau gemeinsam zur Zahlung der Raten verpflichtet waren. Nachdem Sie als Gesamtschuldner einen Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis haben, der hier 50% für Sie beträgt, stellt der Verzicht hierauf eine Schenkung dar, zumal der Ausgleichsanspruch spätestens dieses Jahr verjähren sollte. D.h. hinsichtlich der konkreten Ratenzahlung läge eine Schenkung iHv T€ 75.000 vor, so dass die 4jährige Anfechtungsfrist nach § 134 InsO mit der Zahlung an den Bauträger zu laufen beginnt. Fristende wäre dann spätestens 2023.

Zur weiteren Frage "Ist es aber nicht auch bei uns wie im anderen Fall so, dass beide Auflassungsvormerkungen auf einer künftigen unentgeltlichen Zuwendung beruhen (Verkauf unter Marktpreis im BGH-Fall bzw. bei mir Schenkung der Hälfte des Hauses). Den (zu geringen) Kaufpreis haben die Eltern in dem Urteil ja auch erst viel später bezahlt.":
Nein, das ist nicht der Fall. Im BGH-Fall war dies der Fall - die Parteien haben bereits bei Eintragung der Auflassungsvormerkung eine Kaufoption für einen geringen Preis vereinbart, d.h. der Schuldner hatte bereits ein notariell beurkundetes und durch Vormerkung gesichertes Schenkungsversprechen abgegeben. In Ihrem Fall bezieht sich die Auflassungsvormerkung alleine auf den zwischen Ihnen und dem Bauträger geschlossenen Kaufvertrag. Die Schenkung, die lt. Gesetz der notariellen Beurkundung bedarf, dürfte wohl schon gar nicht in dem Notarvertrag erwähnt gewesen sein. Insbesondere war die Schenkungsabsicht vermutlich nicht im Notarvertrag erwähnt, sondern nur der Erwerb zu hälftigen Anteilen. Damit wird die Schenkung in Ihrem Fall erst mit der Vornahme wirksam, sprich mit der Zahlung der Raten.

Freundliche Grüße

Thomas Henning
Rechtsanwalt

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