Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage auf Grundlage der mir zur Verfügung stehenden Informationen und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes.
Wie Sie richtig bemerken, bildet § 355 BGB
die gesetzliche Grundlage für die Ausübung des Widerrufsrechts, das Ihnen hier gem. § 312 d BGB
zusteht. In § 355 Abs. 1 S. 2 BGB
ist eindeutig folgendes geregelt: "Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären". Es war daher nicht erforderlich, daß Sie eine Begründung angeben. Auf der anderen Seite kann Ihnen die Anfügung einer Begründung auch nicht zu Ihrem Nachteil angelastet werden.
Der BGH hat zur Widerrufserklärung entschieden, daß das Wort "widerrufen" nicht verwendet werden muß. Es genügt insoweit eine Äußerung, aus der sich ergibt, daß der Verbraucher den Vertrag nicht mehr gelten lassen will (BGH NJW 93, 128
und 96, 1964
). Entscheidend ist daher, daß sich aus der Erklärung des Käufers dessen Wille ergibt.
Da Sie in Ihrer begleitenden Email von Mängeln bzw "Macken" gesprochen habe, kann hier sicherlich auch vertreten werden, daß Sie Gewährleistungsansprüche geltend machen wollen. Jedoch haben Sie in Ihrem nächsten Satz zur Kaufpreisrückzahlung aufgefordert. Hieraus geht nach meiner Auffassung der eindeutige Wille hervor, daß Sie an dem Vertrag nicht mehr festhalten wollen - ihn also widerrufen wollen.
Letztlich ist die Frage, wie eine Erklärung des Käufers auszulegen ist, immer eine Frage des Einzelfalls. Es ist daher äußerst fraglich, inwieweit der Sachverhalt des von dem Händler benannten Urteils eines Amtsgerichts (unterste Instanz) mit Ihrer Äußerung vergleichbar und damit sinngemäß übertragbar ist.
Wie ich Ihnen oben erläuterte ist nach meiner Auffassung Ihre EMail als Widerrufserklärung auszulegen. Dies genügt den Anforderungen der BGH-Entscheidungen. Damit können Sie den Kaufpreis (gem. § 357 Abs. 1 S. 1 BGB
i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB
) und auch die Versandkosten zurückverlangen, denn die Kosten der Rücksendung trägt gem. § 357 Abs. 2 S. 2 BGB
der Unternehmer (= Verkäufer). Die Kosten der Rücksendung können jedoch vertraglich dem Käufer auferlegt werden, wenn der Wert der Ware unter 40,- € liegt (§ 357 Abs. 2 S. 3 BGB
).
Die Kosten für diese Beratung können nur im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs von dem Händler zurückverlangt werden. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist immer ein Verschulden des Anspruchsgegners (hier des Verkäufers; vgl. nur § 280 Abs. 1 BGB
). Ich halte es hier für problematisch, dem Verkäufer ein Verschulden vorzuwerfen, da er Ihre nicht eindeutige Erklärung anders ausgelegt hat als Sie sie verstanden haben wollten. Dieses Verhalten kann man ihm nach meiner Auffassung nicht als Verschulden vorwerfen. Auf der anderen Seite läßt sich argumentieren, daß er als Händler die Rechtslage besser kennen muß als Sie als juristischer Laie. Das reicht jedoch meiner Meinung nach nicht für ein schuldhaftes Verhalten aus. Nicht desto trotz können Sie eine Geltendmachung des Schadensersatzanspruches versuchen. Die Erfolgsaussichten erscheinen mir jedoch als gering.
Ich hoffe, Ihnen hiermit weitergeholfen zu haben, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Sonja Richter
- Rechtsanwältin -
Köntnen Sie mir evtl. noch einen Link schicken zum Urteil Amtsgericht Tübingen 3 C 1155 / 07? Wenn das nirgendwo im Internet als Link verfügbar ist, meine Adresse ist kirilb@web.de
Danke im voraus.
Sehr geehrter Fragesteller,
das Urteil ist nicht auf der Rechtsprechungsdatenbank des Landes Baden-Württemberg (http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/list.py?Gericht=bw&Art=en&GerichtAuswahl=Amtsgerichte) veröffentlicht. Daher kann ich Ihnen keinen entsprechenden Link schicken.
Sie haben jedoch die Möglichkeit, das Urteil direkt beim AG Tübingen anzufordern. Alternativ können Sie den Händler um Zusendung des Urteils bitten.
Mit freundlichen Grüßen
Sonja Richter
- Rechtsanwältin -