Höhe Sonderumlage für u.a. nicht zwingend notwendige Modernisierung

3. September 2021 13:48 |
Preis: 82,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Guten Tag,
in einer außerordentlichen EGV wurde u.a. eine Sonderumlage in Höhe von 70.000 Euro beschlossen für diverse Massnahmen, einige davon sind erforderlich, einige nicht. Laut HV gibt es noch Rücklagen in Höhe von ca. 50.000 Euro, für alle Massnahmen werden gesamt ca. 83.000 Euro benötigt. Ist das rechtens dass die HV so eine hohe Sonderumlage einfordert? Leider hatten einige Eigentümer der Sonderumlage zugestimmt per Vollmacht, in dem Glauben, dass die Sonderumlage je nach beschlossenen Massnahmen noch gekürzt wird. Hier ist also eine Mehrheit vorhanden.

Weiterhin ist eine der Massnahmen eine Sanierung der Einfahrt und Parkplätze vor dem Haus, (Hofsanierung Rinne und Fassadenabdichtung, Grundmauern bis 1m Tiefe, zusammen mit der Stadt, sowie Gestaltung Hofeinfahrt und Hof mit Begrünung. Die Fläche soll u.a. neu gepflastert werden, obwohl dies nicht zwingend nötig ist). Hierzu gibt es eine einfache Mehrheit. Meine Frage hierzu ist, ob dies evtl. eine bauliche Veränderung ist oder nicht und ob es evtl. erfolgreich wäre, die Beschlüsse anzufechten

Danke für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen.


Einsatz editiert am 03.09.2021 15:41:22

3. September 2021 | 16:22

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

damit ein Beschluss über Sonderumlagen gültig ist, muss er einige formale Voraussetzungen erfüllen.

Wie Sie schon zu Recht erkannt haben, ist hierfür JEDE zugrunde gelegte Maßnahme für sich zu beurteilen.

Handelt es sich nämlich um Instandhaltungsmaßnahmen, ist hierfür die Instandhaltungsrücklage heran zu ziehen.

Nur, wenn diese nicht ausreicht, kann auch eine Sonderumlage diesbezüglich vereinbart werden.

Handelt es sich aber um bauliche Veränderungen anderer Art, dann sind die Kosten derselben nicht so ohne weiteres mit einer Sonderumlage auf alle zu verteilen, denn grundsätzlich gilt bei baulichen Maßnahmen § 21 WEG.

Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz - WEG)
§ 21 Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen
(1) Die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gestattet oder die auf sein Verlangen nach § 20 Absatz 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wurde, hat dieser Wohnungseigentümer zu tragen. Nur ihm gebühren die Nutzungen.
(2) Vorbehaltlich des Absatzes 1 haben alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen,
1.
die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurde, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, oder
2.
deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren.
Für die Nutzungen gilt § 16 Absatz 1.
(3) Die Kosten anderer als der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten baulichen Veränderungen haben die Wohnungseigentümer, die sie beschlossen haben, nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Ihnen gebühren die Nutzungen entsprechend § 16 Absatz 1.
(4) Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Für seine Beteiligung an den Nutzungen und Kosten gilt Absatz 3 entsprechend.
(5) Die Wohnungseigentümer können eine abweichende Verteilung der Kosten und Nutzungen beschließen. Durch einen solchen Beschluss dürfen einem Wohnungseigentümer, der nach den vorstehenden Absätzen Kosten nicht zu tragen hat, keine Kosten auferlegt werden.

Hier wäre schon zu fragen, ob eine ZweiDrittelmehrheit allein für den Maßnahmenbeschluss erforderlich gewesen wäre.


Folgende Punkte müssen neben den neuen Regelungen des WEG für eine Sonderumlage eingehalten werden:

Der Beschluss über die Sonderumlage muss die anteilsmäßige Beitragsverpflichtung jedes einzelnen Wohnungseigentümers enthalten.
Der Beschluss muss deshalb den Gesamtbetrag und den auf jeden einzelnen Eigentümer entfallenden Betrag ausweisen (BayObLG, Beschluss v. 20.11.02, Az. 2 Z BR 144/01).
Der genaue Verwendungszweck ist in dem Beschluss anzugeben.
Nur in Ausnahmefällen genügt es, wenn lediglich ein Gesamtbetrag und der Kostenverteilungsschlüssel angegeben werden. Das ist aber nur dann möglich, wenn der jeweilige Einzelbetrag ohne Weiteres errechnet werden kann.
Die Höhe einer Sonderumlage hat sich am geschätzten Finanzbedarf einer notwendigen Maßnahme auszurichten. Die Eigentümergemeinschaft hat hierzu einen großen Ermessensspielraum.

Letztlich wird es auf die konkreten Maßnahmen ankommen und deren Erforderlichkeit, was im Streitfall nur Gutachten entscheiden können.

Wenn Sie der Meinung sind, es handelt sich nicht ausschließlich um Instandhaltungsarbeiten, dann muss der Beschluss nach den dargestellten Grundsätzen untersucht werden und ist, wenn er diese nicht einhält, nicht dem Grundsatz einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechend.

Hier wäre dann die Anfechtungsfrist von einem Monat zu beachten gem. § 45 WEG.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wilke

Rechtsanwalt






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