Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Die Frage ist tatsächlich bereits Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen. Instruktiv ist hier OLG Düsseldorf, Beschluss v. 01.06.2021 - I-3 Wx 113/12.
Dort heißt es:
Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge nur durch Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO).
Die Verfügung von Todes wegen ist vom Grundbuchamt auf Formgültigkeit und ihren Inhalt hin zu prüfen (OLG München, Beschlüsse vom 25.01.2012 - 34 Wx 316/11, BeckRS 2012, 04409 und vom 12.01.2012 - 34 Wx 501/11 ZErb 2012,82 = BeckRS 2012, 04411).
Dabei steht es nicht im Belieben des Grundbuchamts, ob es einen Erbschein verlangen oder die in § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO genannten Beweismittel genügen lassen will. Das Grundbuchamt hat vielmehr selbstständig zur Frage der Erb- wie der Nacherbfolge Stellung zu nehmen, gegebenenfalls auch den Willen des Erblassers auszulegen und Zweifel durch Anwendung des Gesetzes auf die Verfügung zu lösen (OLG München, a.a.O. ).
Es hat in diesem Rahmen auch gesetzliche Auslegungsregeln zu berücksichtigen, wenn das Nachlassgericht voraussichtlich darauf zurückgreifen müsste (OLG München, a.a.O.; OLG Schleswig FGPrax 2006, 248). Seine Pflicht zur Auslegung entfällt nur dann, wenn für die Auslegung tatsächliche Umstände wesentlich sind, die erst aufgeklärt werden müssten. Dazu ist nämlich im Grundbucheintragungsverfahren kein Raum (OLG München, a.a.O.; OLG Schleswig a.a.O. ).
Die inhaltliche Überprüfung der letztwilligen Verfügung muss zu einem eindeutigen Ergebnis führen (OLG München, BeckRS 2012, 04409). Kann das Grundbuchamt die letztwillige Verfügung nicht abschließend beurteilen, führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis oder weicht das Auslegungsergebnis ab von dem Antrag des Erben, so muss ein Erbschein verlangt werden (Wilsch in BeckOK/Hügel GBO Stand: 01.03.2012 § 35 Rdz. 114).
Nur wenn also das Berliner Testament zu keinem klaren Ergebnis führt, kann das Grundbuchamt hier einen Erbschein verlangen.
Dies scheint mir nicht der Fall zu sein, sodass sich eine Beschwerde auf jeden Fall lohnen wird, bei der ich Sie gerne weiterhin unterstütze.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Alex Park
Hahnstr. 37a
60528 Frankfurt am Main
Tel: 017663831347
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Alex-Park-__l108192.html
E-Mail:
Sehr geehrter Herr Park,
ich habe inzwischen Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes eingelegt.
Bei telefonischer Rückfrage bei der zuständigen Sachbearbeiterin des Grundbuchamtes wurde mir jedoch mitgeteilt, dass die Beschwerde aufgrund der Legaldefinition des Begriffes der "öffentlichen Urkunde" nach § 415 Abs. 1 ZPO keine Aussicht auf Erfolg beim zuständigen OLG habe.
Nach dieser Legaldefinition sind öffentliche Urkunden von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufzunehmen. Diese Legaldefinition gilt nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1957, 1673) auch in Grundbuchsachen und wurde nochmals mit einem Beschluss vom OLG München (Beschluss vom 25.07.2018 – 34 Wx 174/18) bestätigt.
Ein eigenhändig errichtetes Testament sei demnach keine öffentliche Urkunde. Zudem werde ein handgeschriebenes Testament weder durch eine amtliche Verwahrung noch durch eine nachlassgerichtliche Eröffnung zu einer öffentlichen Urkunde.
Die hohen Kosten für einen Erbschein aufbringen zu müssen aufgrund dieser Formalie ist sehr ärgerlich, aber die Rechtslage scheint mir recht eindeutig zu sein und wenig Platz für Anfechtungsmöglichkeiten zu bieten, oder wie sehen Sie es?
Mit freundlichen Grüßen
Gerne beantworte ich auch Ihre Nachfrage.
Klar sieht der Sachbearbeiter die Sache so, ich würde ein Rechtsmittel unter Zitierung der von mir aufgeführten Rechtssprechung dennoch probieren.
Mit freundlichen Grüßen