Anwerbeverbot von Ausländern in Gesundheits- und Pflegeberufen (§ 38 BeschV)

11. Februar 2021 11:53 |
Preis: 47,00 € |

Strafrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Elisabeth v. Dorrien

Guten Tag,

ich erstelle gerade einen Onlinekurs in dem ich ausländischen Ärzten erkläre wie der Prozess zum Erhalt der deutschen Approbation abläuft.

Dies beinhaltet die notwendigen Dokumente, die jeweils zuständigen Behörden, die möglichen Visa-Optionen, wie das deutsche Gesundheitssystem generell aufgebaut ist etc.

Es findet keine Benennung von speziellen Krankenhäusern/Arbeitgebern statt, auch wird keine spezielle Vermittlung vorgenommen (z.B. einsammeln von Lebensläufen und Weiterleitung an potenzielle Arbeitgeber).

Diesen Kurs will ich u.a. in Ländern wie Indien bewerben.

Laut § 38 BeschV gilt folgendes: "Die Anwerbung in Staaten und die Arbeitsvermittlung aus Staaten, die in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführt sind, darf für eine Beschäftigung in Gesundheits- und Pflegeberufen nur von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt werden."

Da ich keine Arbeitsvermittlung durchführe fühle ich mich eigentlich auf der sicheren Seite, bin jedoch nicht komplett im klaren inwiefern ich mich durch einen solchen Onlinekurs angreifbar mache.

Vielen herzlichen Dank.

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Aus anwaltlicher Sicht kann ich Ihnen nur empfehlen, hier mit großer Umsicht vorzugehen, und das bedeutet, sich bei der Bundesagentur für Arbeit rückzuversichern, ob Ihr Vorgehen beanstandungsfrei ist.

Es kann hier durchaus zu Missverständnissen kommen, und das würde dann zu Ihren Lasten gehen, denn wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Anwerbung oder Arbeitsvermittlung durchführt, handelt ordnungswidrig (§ 404 Abs. 2 Nr. 9 SGB III ).

Die Anwerbung in Staaten und die Arbeitsvermittlung aus den in der Anlage zu § 38 BeschV aufgeführten Staaten darf für Beschäftigungen in Gesundheits- und Pflegeberufen nur deshalb ausschließlich von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt werden, weil in den von der WHO identifizierten 57 Staaten ein Mangel an Gesundheits-
personal besteht. Eine Zuwanderung von Gesundheits- und Pflegefachkräften aus diesen Staaten soll daher nur möglich sein, wenn das Arbeitsverhältnis auf Initiative des künftigen Arbeitnehmers zustandekommt.

Nun stellt sich die Frage, was hier unter Initiative zu verstehen ist bzw. ob die (Eigen)Initiative insofern beeinflusst wird, als Sie mit Ihrem Kurs - zumindest auch - den Anschein erwecken, dass es natürlich attraktiv ist, in Deutschland als Arzt zu arbeiten.

Wir müssen nicht darum herum reden, dass ein gut ausgebildeter Arzt in Deutschland auf bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung etc. trifft als in - zum Beispiel - Indien.

Deshalb kann man argumentieren, dass Sie durch Ihren Kursus, in dem Sie - durchaus wahrheitsgemäß - die Arbeitsbedingungen und alles andere in Deutschland schildern, die Initiative, sich nach Deutschland zu bewerben, erst erwecken. Das sehe ich tatsächlich kritisch.

Es kann Ihnen vorgehalten werden, dass Sie mit diesen Online-Kursen in den bezeichneten Ländern die Idee aus diesen Ländern auszuwandern, erst hervorrufen, gerade dadurch, dass Sie die Vorzüge und guten Bedingungen der Arbeit in einem Gesundheitsberuf in Deutschland herausstellen und dadurch schon "werben" und eben nicht mehr nur Informieren.

Natürlich kann man sagen, dass jeder selbst entscheidet, ob er sein Land verlässt oder nicht. Andererseits schaffen Sie mit Ihrem Onlinekurs erst die Bedingungen der Möglichkeit, eine Auswanderung in Erwägung zu ziehen. Genau das soll aber § 38 BeschV ja gerade verhindern, und deshalb soll nur die Bundesagentur für Arbeit hier tätig werden.

Sie schreiben:

"Es findet keine Benennung von speziellen Krankenhäusern/Arbeitgebern statt, auch wird keine spezielle Vermittlung vorgenommen (z.B. einsammeln von Lebensläufen und Weiterleitung an potenzielle Arbeitgeber)."

Das ist insofern klar, als alles andere ja ganz ausdrücklich gegen § 38 BeschV verstoßen würde, denn die beschriebenen Maßnahmen wären ja solche der Vermittlung.

Es stellt sich aber eben die Frage, ob auch unterhalb dieser Schwelle die detaillierten Informationen und das Schildern der Arbeitssituation in Deutschland "in leuchtenden Farben" eine Begeisterung auslöst, die letztlich in einer Bewerbung nach Deutschland mündet.

Ich empfehle Ihnen deshalb, sich an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden, wenn und sobald es um ein Land aus der Liste der WHO gehen soll. Dann haben Sie auf jeden Fall Rechtssicherheit.

Wenn noch etwas unklar geblieben oder nicht ausreichend erörtert worden ist, so fragen Sie gerne nach. Vorerst verbleibe ich mit freundlichen Grüßen!

Elisabeth v. Dorrien
Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 14. April 2021 | 16:43

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich habe Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit aufgenommen und soeben folgende Rückmeldung erhaltem:

"Sehr geehrter Herr .....,

ich war in der Tat eben dabei, Ihnen zu antworten. Die Bundesagentur für Arbeit bietet ja keine Rechtsberatung an und darf sie auch nicht anbieten. Daher empfehlen wir Ihnen, die rechtliche Grenze mit einem Rechtsanwalt / einer Rechtsanwältin auszuloten. Überschlägig betrachtet bestehen keine Bedenken, wenn Sie als Kursteilnehmer keine Personen haben, die als Gesundheitspersonal der so genannten „WHO-Staaten" von einem Verbot privater Arbeitsvermittlung betroffen sind. Aber auch diese Auskunft steht unter dem Vorbehalt der konkreten Ausgestaltung – hier empfehlen wir zu Ihrer eigenen Sicherheit noch eine rechtliche Beratung.

Gleichzeitig möchte ich Sie darüber informieren, dass die WHO jüngst die aus 2006 stammende Liste der Länder aktualisiert hat – möglicherweise haben Sie das ebenfalls bereits registriert. Nähere Informationen finden Sie ansonsten im angefügten Dokument. Die entsprechende Anpassung des §38BeschV ist vorgesehen, aber noch nicht konkret durch die Bundesregierung umgesetzt – eine genaue Zeitschiene kann ich dafür leider nicht nennen. Bis dahin behält die aktuelle Fassung Gültigkeit."

Haben Sie eine Einschätzung zu der Antwort der BA genannten, im speziellen zu der "rechtliche Grenze" ?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 14. April 2021 | 18:56

Sehr geehrter Fragesteller,

die BA will sich nicht festlegen das ist nicht in Ordnung. Der entscheidende Absatz ist dieser:

"Überschlägig betrachtet bestehen keine Bedenken, wenn Sie als Kursteilnehmer keine Personen haben, die als Gesundheitspersonal der so genannten „WHO-Staaten" von einem Verbot privater Arbeitsvermittlung betroffen sind."

Wenn Sie darüber hinaus gehen wollen, stellt sich die Frage, was im schlimmsten Fall passieren kann. Wenn die BA auf Ihren Online-Kurs aufmerksam werden würde, dann könnte sie Ihnen die Durchführung untersagen, dagegen könnten Sie sich dann wehren. Wenn die Untersagung per Verwaltungsakt erfolgen würde, könnten Sie dagegen Widerspruch einlegen und letztlich klagen. Dann bekämen Sie absolute Rechtssicherheit.

Das ist tatsächlich das einzige, was ich Ihnen über meine ursprüngliche Antwort hinaus sagen kann. Was die rechtliche Grenze betrifft, habe ich aus meiner anwaltlichen Sicht bereits alles gesagt.

Wenn die BA nicht bereit ist, Ihnen hier Rechtssicherheit zu verschaffen, dann gehen Sie allenfalls ein gewisses Risiko ein, wenn Sie Ihren Online-Kurs auch z. B. in Indien laufen lassen würden. Dieses Risiko müssten Sie in Kauf nehmen, aber es ist ja die Frage, ob die BA überhaupt auf Ihren Online-Kurs aufmerksam werden würde und ob sie dann anders reagieren würde, als damit, Ihnen den Kursus zu untersagen.

Dann könnten Sie alsi sagen, das warte ich einfach mal ab.

Sie sollten sich aus meiner Sicht aber doch an den Vorgesetzten des Bearbeiters wenden, der Ihnen hier geantwortet hat, mit der Bitte, doch eine eindeutige Aussage zu treffen, weil nur die BA eine solche rechtssichere Aussage geben kann. Jeder Anwalt scheitert letzlich daran, vorauszusehen, wie die BA entscheiden würde. Das ist aber eine unhaltbare Situation, und das sollten Sie der BA insofern mitteilen.

Ich verbleibe nochmals mit freundlichen Grüßen!

EvD

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