Vereinigung und Verschmelzung zweier Grundstücke unterschiedlicher Beleihung

19. November 2020 13:29 |
Preis: 57,00 € |

Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


Beantwortet von

Guten Tag,

wir würden gerne eine Immobilie kaufen.
Diese steht ungünstigerweise auf zwei Grundstücken.
Das eine gehört dem Eigentümer der Immobilie als Privatperson.
Das andere gehört der Firma xyz GmbH, deren Geschäftsführer dieselbe Person ist.

Es wird noch ungünstiger. Die beiden Grundstücke sind wiederum nur Teilgrundstücke größerer Flächen.
Der Veräußerer hat bereits eine Vermessung im Eilverfahren beantragt und lässt die Grundstücke entsprechend der bereits bestehenden Umfriedung der zu erwerbenden Immobilie teilen.

Das eine Grundstück Flurnummer 1234/1 wird zum Preis von 500.000 Euro verkauft.
Das andere Grundstück Flurnummer 1234/2 wird als Gartenanteil zum Preis von lediglich 5.000 Euro verkauft.

Im Anschluss an den Notartermin will der Erwerber beide Grundstücke, die nun im Besitz derselben Person sind, vereinigen und verschmelzen. Allerdings wird das Grundstück mit der Flurnummer 1234/1 mit 300.000 Euro belastet sein und das Grundstück mit der Flurnummer 1234/2 mit nur 5.000 Euro.

Steht der Vereinigung dies entgegen?
Was ändert sich an der Rechtslage, wenn das Grundstück 1234/2 aus dem Eigenkapital bezahlt wird und somit unbelastet wäre?

Die zahlen sind frei erfunden, spiegeln aber in etwa die Verhältnisse wieder

MfG

19. November 2020 | 15:03

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Bevor das "neue" Flurstück vereinigt werden kann, sind die betreffenden Teilflächen von den jeweiligen Flurstücken abzuteilen. Die jeweiligen Grundschulden werden dann zu Gesamtgrundschulden, die sowohl auf den Rest-Flurstücken als auch auf den abgeteilten Flächen lasten.

Die abgeteilten Flächen können sodann vereinigt werden, wenn sie entweder lastenfrei gestellt werden (dies wäre m.E. hier der vorzugswürdige Weg, da Sie das neue Gesamt-Flurstück sicher lastenfrei erwerben wollen), oder das jeweils andere Teil-Flurstück müsste quasi "über Kreuz" nachverhaftet werden. § 1131 BGB , der eine solche Nachverhaftung entbehrlich macht, ist bei einer Vereinigung nicht anwendbar, da er nur auf die Zuschreibung abzielt, bei der aber die zugeschriebenen Flurstücke rechtlich selbständig bleiben.

Ob das neue Flurstück aus Eigenmitteln bezahlt wird oder nicht, spielt für bereits vorhandene Grundpfandrechte keine Rolle. Dies wäre allenfalls relevant für eine neue Belastung, die - soweit ich das verstehe - aber nicht Gegenstand Ihrer Frage ist.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Thomas Henning, Wirtschaftsjurist

Rückfrage vom Fragesteller 19. November 2020 | 16:06

Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher ob ich Sie richtig verstanden habe.

"Die jeweiligen Grundschulden werden dann zu Gesamtgrundschulden, die sowohl auf den Rest-Flurstücken als auch auf den abgeteilten Flächen lasten.

Die abgeteilten Flächen können sodann vereinigt werden, wenn sie entweder lastenfrei gestellt werden (dies wäre m.E. hier der vorzugswürdige Weg, da Sie das neue Gesamt-Flurstück sicher lastenfrei erwerben wollen), oder das jeweils andere Teil-Flurstück müsste quasi "über Kreuz" nachverhaftet werden"

Bedeutet das also folgendes:

1. Bei der Teilung eines Grundstückes entstehen mindestens zwei Teilstücke. Sofern das Grundstück mit einer Grundschuld belastet war, geht die Grundschuld hälftig auf die beiden neu entstandenen Grundstücke über? Oder bedeutet Gesamtschuld, dass die Grundschuld auf beiden Grundstücken lastet und zunächst beglichen werden muss, damit das zu verkaufende Teilstück dann Grundschuldfrei wird?

2. Die og. Aussage bezieht sich auf Grundstücke mit einer Grundschuld. Im Grundbuch ist eine Grundschuld ohne Brief zu x Euro eingetragen. Auf der nächsten Seite ist dieselbe Summe x (Blattnummer zur Grundschuld identisch) aus der Mithaft entlassen.
Das bedeutet für mich, das das Grundstück lastenfrei erworben wird.

3. Da wir die Gesamtsumme nicht aus EK bestreiten können, werden wir eine neue Belastung auf die Teilgrundstücke aufnehmen müssen. Daher meine Frage ob es einen Unterschied macht, dass Grundstück A in unserem Besitz ohne Grundschuld ist und Grundstück B mit einer Grundschuld belastet ist. Steht dies einer Vereinigung / Verschmelzung entgegen?

MfG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. November 2020 | 17:30

Hallo und danke für die Nachfrage.

Zu 1)
Dass bei einer Teilung eines Flurstücks (mindestens) zwei neue entstehen, ist korrekt. Diese erhalten auch neue Flurstücks-Nrn. Um vielleicht für mehr Übersichtlichkeit zu sorgen, sei das alte Gesamt-Flurstück 99 genannt, die neuen Flurstücke 99/1 und 99/2. Wenn auf Flurstück 99 eine Grundschuld über T€ 300 gelastet hätte, besteht diese Grundschuld nunmehr zu Lasten von 99/1 UND 99/2 fort; andernfalls würde die Grundschuld faktisch entwertet, ohne dass der Grundschuldgläubiger hier ein Mitspracherecht hätte. Die Grundschuld ist nun eine Gesamtgrundschuld nach §§ 1132 , 1192 BGB , d.h. jedes einzelne Flurstück haftet für die ganze Forderung, die aber nur insgesamt einmal verlangt werden darf. Damit wird die Grundschuld gerade nicht hälftig aufgeteilt.

In Ihrem Fall soll aber nicht nur, um im Beispiel zu bleiben, das Flurstück 99 geteilt werden, sondern auch ein weiteres, nennen wir es 100. Flurstück 100 ist mit einer Grundschuld zu T€ 5 belastet; nach der Teilung in 100/1 und 100/2 besteht auch diese Grundschuld nun als Gesamtgrundschuld zu weiterhin T€ 5 fort.

Wenn nun 99/1 und 100/2 nach § 890 Abs. 1 BGB vereinigt (nennen wir das neue Flurstück 110) werden sollen, stellt sich die Frage, ob Flurstück 110 „automatisch" mit den Grundschulden zu T€ 300 und T€ 5 belastet werden soll. Dies würde einerseits zu dem nicht sachgerechten Ergebnis führen, dass ohne sachlichen Grund beide Grundschuldgläubiger ein „Mehr" (eben das größere Flurstück 110) erlangen würden. Andererseits kollidieren die Rangverhältnisse. Um diese Probleme nicht entstehen zu lassen, müssen also die Flurstücke 99/1 und 100/2 entweder vor einer Vereinigung pfandfrei gestellt werden, oder aber die Flurstücke 99/1 und 100/2 müssen wechselseitig den jeweiligen Grundschulden unterstellt werden, wobei auch die Rangfrage zu klären wäre.

Zu 2.
Wenn bereits Flurstücke aus der Mithaft entlassen worden sind, müssten diese bei der Grundschuldeintragung selbst gerötet oder, auf s/w-Kopien, unterstrichen sein. Sollte es sich bei dem entlassenen Flurstück um das zu verschmelzende handeln, stellt sich die unter Ziff. 1. Geschilderte Problematik nicht (mehr), d.h. eine Vereinigung dieses Flurstücks wäre möglich. Der Erwerb wäre dann lastenfrei.

Zu 3.
Da Sie von Teilgrundstücken sprechen, empfehle ich die nochmalige Prüfung, ob tatsächlich eine Vereinigung nach § 890 Abs. 1 BGB (aus zwei Flurstücken wird eins) oder eine Zuschreibung (beide Flurstücke bleiben selbständig bestehen) beabsichtigt ist. Denn für eine Zuschreibung gilt § 1131 BGB .
Rein rechtlich führt eine neue Belastung zu den unter vorstehend Ziff. 1 geschilderten Problemen. D.h. hier sollte a) entweder mit der Belastung bis nach vollzogener Vereinigung gewartet werden, oder b) beide Teilflurstücke sollten als solche bestehen bleiben. Alternativ könnten c) die neuen Grundschulden gleich als Gesamtgrundschulden an beiden Teilflurstücken bestellt werden (dies erleichtert die spätere Vereinigung). Andernfalls wäre d) der dargestellte kompliziertere Weg der wechselseitigen Pfandrechtserstreckung zu gehen.

Freundliche Grüße

Thomas Henning
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