Ausgleichspflicht Zuwendungen zu Lebzeiten

12. August 2020 09:30 |
Preis: 52,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Helge Müller-Roden

Ich bin Mitglied einer Erbengemeinschaft. Der Erblasser hat zu Lebzeiten eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft über 100.000 DM zur Kapitalversorgung meines Handelsbetriebes (Kfz/Oldtimer) geleistet. Der Erblasser wurde mit 40.000 DM vom Gläubiger (Bank) in Anspruch genommen. Weiter hat mir der Erblasser am Ende meines Studiums einen Betrag von 53.000 DM zukommen lassen. Als Verwendungszweck im Überweisungsformular wurde "Studienbeihilfe" angegeben.
Sind diese Zahlungen ausgleichspflichtig?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Sie haben leider nicht mitgeteilt, wie die Erbengemeinschaft zustande gekommen ist, obwohl das rechtlich von Bedeutung sein könnte.

1.) Darüber hinaus haben Sie offen gelassen, ob die Beträge als Schenkung gemeint waren oder vielleicht als Darlehen. Darlehen (auch unverzinsliche) müssten Sie zurückzahlen.
Ich gehe aber hier von einer unentgeltlichen Zuwendung aus. Da gibt es zwei Probleme:

a.) War der Erblasser z.B. durch einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Testament bereits gebunden und hatte er zu Lebzeiten wirksam eine Schenkung in der Absicht vorgenommen, den oder die (anderen) Erben zu benachteiligen, könnten diese nach dem Erbfall von dem Beschenkten das Geschenk wieder herausverlangen (§ 2287 BGB ).

Dieses Recht besteht auch, wenn der Erblasser zu Lebzeiten über Vermögensgegenstände schuld- und sachenrechtlich wirksam verfügt hatte, die Vermögenszuordnung könnte von benachteiligten Erben wieder rückgängig gemacht werden. Der Anspruch besteht auch gegenüber Miterben, die vom Erblasser im Vergleich zu weiteren Erben deutlich bevorzugt wurden. Der Erblasser müßte aber „in Benachteiligungsabsicht" gehandelt haben, was für mich bei den beiden von Ihnen geschilderten Anlässen nur schwer vorstellbar ist.

b.) Allerdings könnte das Darlehen gem. § 2050 BGB als Ausstattung gewürdigt werden:

Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung untereinander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein anderes angeordnet hat.

Der Ausgleichsanspruch steht aber nur den Abkömmlingen des Erblassers zu (Kinder usw.) und setzt voraus, dass (auch bei einem Testament) die gesetzliche Erbfolge gilt § 2052 BGB .

2.) Solange eine Erbengemeinschaft besteht und kein Miterbe die Erbschaft ausschlägt, können auch keine Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen.

Gem. § 2303 Abs. I BGG sind Abkömmlinge nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn sie durch eine Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind, für Ehegatten und Eltern gilt gem. § 2303 Abs. II BGG das Gleiche.

Der Anspruch unterliegt aber der Abschmelzung, d.h. für jedes Jahr zwischen Schenkung und Erbfall wird der Wert der Schenkung um 10 % reduziert.
Da Sie von DM-Beträgen sprechen, habe ich diesen Aspekt nicht weiter vertieft.

Ich bin zuversichtlich, Ihre Fragen verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 12. August 2020 | 12:13

Guten Tag,
vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich gebe Ihnen die fehlenden, klärenden Informationen.

Die Erbengemeinschaft besteht aus den 3 Kindern der verwitweten und alleinstehenden Erblasserin. Die 3 Geschwister erbten nach der gesetzlichen Erbfolge zu je 1/3. Es gibt kein Testament.

Keine der Zahlungen wurde als Darlehen getätigt. Von Rückzahlung war nie die Rede. Die 53.000 DM "Studienbeihilfe" wurden am Ende meines Studium als einmalige Zuwendung getätigt. Es war ein "Glückwunsch" zum erfolgreichen Abschluss meines Studiums. Den Lebensunterhalt während meines Studiums habe ich selbst finanziert. Es bestand jedoch bereits seit mehreren Jahren die selbstschuldnerische Bürgschaft. Mit der Zahlung wurde mein negativer Kontostand verringert, was auch ein Motiv der Zuwendung war.

3 Jahre später wurde die Erblasserin mit einer Zahlung von 40.000 DM an den Gläubiger aus dem Bürgschaftsvertrag entlassen. Die Erblasserin erteilte keinerlei Anordnungen. Die dadurch entstandene Forderung mir gegenüber wurde nicht geltend gemacht. Es gibt keinen Schuldtitel.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen hilfreiche Informationen geben und bedanke mich für Ihr Engagement.
Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 12. August 2020 | 15:49

Die Bearbeitung der Nachlaßangelegengeit ist nicht mehr Gegenstand der Online-Erstberatung, ich hatte Ihnen ja noch ein Angebot bezüglich der Dokumente unterbreitet

Die zusätzlichen Informationen andern an meiner 1. Einschätzung nichts

Mit freundlichen Grüßen

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