Haus überschreiben, Bruder auszahlen, Wohnrecht berechnen

22. Oktober 2019 21:25 |
Preis: 60,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von


21:46

Zusammenfassung

Wenn Eltern ihr Haus mit lebenslangem Wohnrecht vorzeitig den Kindern überschreiben wollen, wie kann ein Ausgleich aussehen, wenn ein Kind das Haus übernehmen möchte?

Der Wert eines lebenslangen Wohnrechts kann berechnet werden und von der Auszahlung abgezogen werden. Auch Ratenzahlungen sind möglich, sinnvollerweise schriftlich unter Berücksichtigung der Inflation.

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Eltern möchten ihr Einfamilienhaus an mich überschreiben und ich dementsprechend meinen Bruder auszahlen. Neben dem Haus befindet sich noch ein unbebautes Grundstück, welches mein Bruder eventuell als Ausgleich (zzgl. der Auszahlung von mir) bekommt. Es könnte aber auch sein, dass ich beides übernehme und meinen Bruder dementsprechend voll auszahle. (Wir sind nur zwei Geschwister)

Wie können wir das Wohnrecht und somit die Summe der Auszahlung an meinen Bruder berechnen? Das Haus ist bereits unabhängig bewertet worden (s.u.).

Fakten:
Wert Einfamilienhaus inkl. zugehörigem Grundstück: 260.000,- €
Wert unbebautes Grundstück: 55.000,- €
Geburtsjahr der Eltern: Er: 1951, Sie: 1954 (beide lebenslanges Wohnrecht)

Außerdem steht die Überlegung im Raum, dass ich die Heizkosten und eventuell auch weitere Nebenkosten (Grundsteuer, Versicherung, etc.) übernehme. Die Idee dahinter ist:
1. Unsere Eltern haben mehr von ihrer Rente zur Verfügung.
2. Ich hätte einen spürbaren Effekt bei Investitionen in eine neue Heizung und einen Anreiz die Heizkosten durch neue effektivere Technik zu senken.
3. Der Auszahlungsbetrag an meinen Bruder wäre für mich (vermutlich) besser finanzierbar.

Wie kann man diese "Wertminderung" des Hauses berechnen? Annahme dabei wären Nebenkosten von 200,- € pro Monat (gemäß aktuellen Kosten) welche ich trage. Wie berücksichtigt man dabei am besten ggf. steigende Kosten in den nächsten Jahren?

Als letztes stellt sich die Frage, ob die Auszahlung ggf. auch teilweise oder komplett als Ratenzahlung an meinen Bruder mit einer fixen Rate über beispielsweise 20 Jahre erfolgen kann. Das liegt natürlich an der finanziellen Lage und der Verwendung die mein Bruder für das Geld hat. Aber wenn ich das Geld bei der Bank aufnehme und mein Bruder es wiederum anlegt weil er keine konkrete Verwendung hat, gewinnt ja nur die Bank.
Haben Sie einen Tipp, wie man diese Rate sinnvoll und fair berechnen kann?

Ich bedanke mich im voraus herzlich für Ihre Antworten.

Mit freundlichem Gruß

Christian H.

P.S.: Mein Bruder und ich verstehen uns sehr gut. Es geht also hier nicht um einen Streitfall, sondern darum die Aufteilung für uns beide fair zu regeln.





22. Oktober 2019 | 22:44

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:

1.

Da die Nebenkosten grundsätzlich durch die Nutzungsberechtigten zu tragen sind (nicht Sie) übernehmen Sie hier eine Pflicht, die Ihnen gesetzlich nicht zugesprochen wird.

Daher wären diese Leistungen, ob EUR 200,00 oder mehr, voll anrechenbar. In Zukunft wäre diese zwar auch noch voll anrechnenbar, wenn Sie Ihren Bruder aber jetzt auszahlen, ist die Anrechnung nicht machbar.

Da die Eltern laut amtlicher Sterbetabelle noch 15,64 bzw. 21 Jahre leben werden, würde ich hier einen Sicherheitszuschlag von mindestens 20% auf die Nebenkosten drauf rechnen, da Inflation nun einmal ein Fakt ist.

2.

Eine Ratenzahlung über 20 Jahre oder mehr ist problemlos möglich. Sie sollten sich hier schriftlich auf einen Modus einigen (mit Verzinsung oder ohne, wann fällig, welches Konto, Vererbbarkeit des Anspruches etc.) und dann sehe ich hier keine Probleme.

Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, können Sie dies auch über einen Notar regeln.

Grundsätzlich steht, wenn die beiden Immobilien den gesamten Nachlass ausmachen, jedem ein Anteil i.H.v. EUR 157.500,00 zu.

Nehmen wir wegen § 14 Abs. 3 BewG die Lebenserwartung der Mutter ( diese ist mit 21 Jahren höher), zahlen Sie in den nächsten 21 Jahren EUR 50.400,00 an Nebenkosten, mit Inflationsaufschlag von 20% sogar EUR 60.480,00.

Begünstigt werden hieraus die Eltern, nicht der Bruder. Will man aber den Eltern helfen, so würde ich doch zumindest 50%, also EUR 30.240,00 auf den Anspruch des Bruders aufrechnen.

3.

Auch das Wohnrecht könnte aus § 14 BewG wertmäßig bestimmt werden, geht man von einer ortsüblichen Jahresmiete von EUR 7200,00 (EUR 600,00 kalt im Monat) aus, wäre hier ein Wert des Wohnrechts der Mutter von bis zu EUR 151.200,00 denkbar.

Der Wert des Wohnrechts könnte von den EUR 260,000,00 abgezogen werden und somit auch der Ausgleichsanspruch zusammen schmelzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 28. Oktober 2019 | 20:45

Sehr geehrter Herr Park,

vielen Dank für die schnelle und detaillierte Antwort. Mir ist erst nach ihrer Antwort aufgefallen, dass ich die Angabe der möglichen Nettokaltmiete vergessen habe. Aber die Annahme von 600,- €/Monat ist schon recht realistisch.

Bei der Recherche im Internet bin ich neben der von Ihnen angewandten Formel (Jahreskaltmiete x Lebenserwartung) noch auf die Berechnung über einen Kapitalwert gestoßen, welche einen deutlich niedrigeren Wert für das Wohnrecht ergeben würde: Jahresmiete x Kapitalwert = 7.200,-€ x 12,613 = 90.813,60 €
(Quelle Kapitalwert: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Erbschaft_Schenkungsteuerrecht/2018-11-22-bewertung-eine-lebenslaenglichen-nutzung-oder-leistung-fuer-stichtage-ab-1-1-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=1)

Sehe ich das richtig, dass die von Ihnen angewandte Formel generell für Auszahlungen in Bezug auf die vorgezogene Erbschaft angewandt wird und die Berechnung über den Kapitalwert nur für steuerrechtliche Bewertungen relevant ist? Wird für die Ermittlung des Wohnwertes keinerlei Abzinsung o.ä. beachtet?

Zu der Anrechnung der Nebenkosten möchte ich zur Sicherheit noch fragen, ob ich Ihre Formulierung richtig verstehe. Unabhängig von den oberen Zahlen verstehe ich die Rechnung wie folgt:

Ich erbe das Haus im Wert von 260.000 € abzgl. 150.000€ Wohnrecht abzgl. 50.000€ Nebenkosten welche ich trage = Gesamtwert der Erbschaft: 60.000€

Mein Bruder erbt das Grundstück im Wert von 55.000€

Die Differenz von 5.000€ gleiche ich mit einer Zahlung über 2.500€ an meinen Bruder aus.

Ich bedanke mich im voraus für die Beantwortung meiner Rückfrage.

Mit freundlichem Gruß

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 28. Oktober 2019 | 21:46

Gerne beantworte ich auch Ihre Nachfrage.

Ganz recht, die Multiplikation mit dem Kapitalwert nach BMF-Schreiben ist die für das Steuerrecht relevante und kann auch von Ihnen angewandt werden.

Die Bewertung des Wohnrechts mit ca. EUR 90.000,00 ist die für Sie maßgebliche. Der § 14 BewG schreibt eine Verzinsung i.H.v. 5,5% vor.

Ihre Berechnung ist sodann, unter Berücksichtigung der richtigen Zahlen, korrekt.

Mit freundlichen Grüßen

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