Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
Eine Zielvereinbarung ist eine vertragliche Nebenabrede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit der festgelegt wird, dass bestimmte erwünschte Zustände (Ziele) innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens erreicht werden sollen. Aufgrund der Zielvereinbarung verpflichtet sich der Arbeitnehmer dazu, zur Zielerreichung beizutragen.
Zielvereinbarungen sind in der Regel einseitig vom Arbeitgeber gestellte Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl Verträgen vorformuliert sind, sofern sie nicht individuell ausgehandelt wurden. Sie sind daher als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) einzustufen und müssen sich daher zugunsten des Arbeitnehmers am Maßstab der §§ 305 ff. BGB
messen lassen.
Als Kontrollnorm gilt dafür das sog. Transparenzgebot und das Verbot von Benachteiligungen, sprich Klauseln in den AGB sind daher unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, wobei sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs.1 BGB
).
Darüber hinaus hat der Arbeitgeber den ihm vertraglich eingeräumten Beurteilungsspielraum objektiv und fair zu nutzen, d.h. seine Beurteilung der Zielerreichung muss dem sog. billigem Ermessen nach § 315 BGB
entsprechen.
Ist dies nicht der Fall oder bestehen Zweifel, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung der Zielerreichungsvereinbarung als auch ob des objektivens Erreichens des Ziels. Zudem kann er auf Zahlung der aus einer richtigen Beurteilung folgenden Zielerreichungsprämie klagen.
Im Rahmen dieses Schutzes vor unangemessenen Klauseln gilt u.a., dass Unklarheiten bzw. Zweifel an der Auslegung zulasten des AGB-Verwenders - bei Zielvereinbarungen also zulasten des Arbeitgebers - gehen (§ 305c Abs.2 BGB
).
Was bedeutet das für Sie:
Zunächst müsste man die Zielvorgaben, sprich die Vereinbarungen um die Zielvorgaben rechtlich prüfen, ob diese einer AGB-Kontrolle standhalten. Insbesondere ist in Ihrem Fall von Bedeutung, ob überhaupt Produktionsabläufe, auf welchen Sie keinen Einfluss haben, in die Wertung als Messkriterium zulässig sind.
Diesbezüglich habe ich Bedenken.
Die Begründung des Arbeitgebers "als Projektleiter bin ich für Sachen verantwortlich die nicht in meinem Einflussbereich liegen", überzeugt daher nicht, da es nicht im Sinne quantitativer oder qualitativer Zielvereinbarung zur Förderung des Entwicklungsprozesses, der Motivation und des Arbeitsanreizes sein kann, dem Mitarbeiter derartige Hürden aufzuerlegen, auf die er leistungstechnisch nicht einwirken, diese verbessern oder anderweitig steuern kann um damit die notwendigen Zielaufgaben zu erreichen.
Die mit den Zielvorgaben gesetzten Ziele müssen daher zutreffend auch für den Arbeitnehmer tatsächlich erreichbar und nicht durch unsteuerbare Einflüsse Dritter unmöglich sein, d.h. die Ziele müssen realistisch und mit verhältnismäßigem Einsatz erreichbar sind.
Die Tatsache, dass Ihnen eine disziplinarische Verantwortung gegenüber anderen Mitarbeitern fehlt, welche notwendige Zuarbeiten im Produktionsprozess durchführen als auch die Tatsache, dass Sie keine Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Auswahl des Zulieferers oder eine Umstrukturierung des Lieferprozesses haben, die das Erreichen der Ziele, wie Sie schildern, unmöglich machen, stellt insoweit einen nicht unerheblichen Mangel dar und sollte mit dem Arbeitgeber diskutiert werden, da diese Tatsache, sprich ein Verschulden Dritter bei Ihrer Leistungsbewertung nicht unproblematisch ist.
Daher sollte man dies im Gespräch mit dem Arbeitgeber anführen und ggf. erwägen die Zielvereinbarung rechtlich prüfen zu lassen, ob die gesetzlichen Bestimmungen im Sinne der Transparenz und der Bestimmtheit auch hinreichend eingehalten worden sind.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Sascha Lembcke
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