Arbeitszeugnis weicht vom Zwischenzeugnis negativ ab

7. Oktober 2016 15:40 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Ray Migge, LL.B.

Zusammenfassung

Kann ich als Arbeitnehmer verlangen, dass mein Arbeitgeber das Endzeugnis entsprechend dem vorher ausgestellten sehr guten Zwischenzeugnis formuliert, obwohl es zwischenzeitlich zu einem Zerwürfnis kam?

Ein Arbeitgeber hat bei der Formulierung von Arbeitszeugnissen grundsätzlich einen Spielraum, muss sich aber an gewisse Vorgaben der Rechtsprechung halten. Zeugnisse müssen wohlwollend und wahrheitsgemäß formuliert sein. Ein Zwischenzeugnis entfaltet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Bindungswirkung für das spätere Endzeugnis. Nur wenn es zwischen Zwischenzeugnis und Endzeugnis zu erheblichen Leistungs- oder Verhaltensänderungen kam, kann der Arbeitgeber im Endzeugnis davon abweichen. Dies muss er dann aber auch beweisen können.

Guten Tag,

ich habe im Mai ein Zwischenzeugnis von meinem Arbeitgeber erhalten. Dies liest sich 1a. Mit formulierungen wie "stets zur vollsten Zufriedenheit" etc wurde nicht gespart.

Zwischen Zwischenzeugnis und Qualifiziertem Arbeitszeugnis (Erstellung Ende September) kam es zum Zerwürfnis, woraufhin ich kündigte. Das Arbeitszeugnis liest sich plötzlich nicht mehr so "schön", wie das Zwischenzeugnis. Auf die Formulierung aus dem Zwischenzeugnis "Verhalten gegenüber Vorgesetzen und Kollegen ist stets einwandfrei" wurde gänzlich verzichtet.

In meinem Kündigungsgespräch unter vier Augen kündigte mein Vorgesetzter an, dass er mir nicht noch mal so ein gutes Arbeitszeugnis wie das Zwischenzeugnis ausstellen würde.

Frage: Kann ich vom Arbeitgeber verlangen, dass er das Qualifizierte Arbeitszeugnis entsprechend dem Zwischenzeugnis ausstellt? Wie begründe ich dies am Besten?

Sehr geehrte Fragestellerin,

unter Berücksichtigung der von Ihnen gegebenen Informationen und des gebotenen Einsatzes möchte ich Ihre Frage folgend beantworten:

Grundsätzlich ist ein Arbeitgeber frei in der Wahl der Formulierung von Arbeitszeugnissen. Die Rechtsprechung hat dabei allerdings einige Einschränkungen definiert.

So muss das Zeugnis wohlwollend und wahrheitsgemäß formuliert sein, damit es dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht erschwert.

Das Bundesarbeitsgericht hat darüber hinaus entschieden, dass ein Zwischenzeugnis regelmäßig Bindungswirkung entfaltet (BAG, Urteil v. 16.10.2007 - Az.: 9 AZR 248/07 ). Nur wenn sich erhebliche Leistungs- oder Verhaltensänderungen zwischen dem Zeitpunkt der Erstellung des Zwischenzeugnisses und dem Zeitpunkt der Erstellung des Endzeugnisses ergeben, kann eine Abweichung vom Zwischenzeugnis gerechtfertigt sein. Dies bedeutet, die Abweichung muss durch Ihre Leistungen und Ihr Verhalten aus der Zeit nach der Erstellung des Zwischenzeugnisses gerechtfertigt sein.

Ob dies der Fall ist, kann ich hier ohne genaue Informationen über Ihr Verwürfnis nicht beurteilen. Es erscheint jedoch grundsätzlich unwahrscheinlich, dass innerhalb einer solch kurzen Zeitspanne (Mai bis September) ein solch erheblicher Abfall der Leistung und des Verhaltens erfolgt sein könnte. Ohnehin würde dies keinen Einfluss auf die Leistung und das Verhalten bis zur Erstellung des Zwischenzeugnisses haben. Letztlich ist nach der Rechtsprechung auch Ihr Arbeitgeber beweisbelastet für das Vorliegen eines Leistungsabfalls.

Auch auf Grundlage des Prinzips der "wohlwollenden Formulierungen" könnte man möglicherweise die Formulierungen in Ihrem Endzeugnis angreifen. Allerdings kann ich auch hier keine abschließende Beurteilung abgeben, ob die Formulierungen in Ihrem Endzeugnis tatsächlich gegen diesen Grundsatz verstoßen, da hierfür die Zeugnisse vorliegen müssten.

Wenn Sie eine Prüfung des Endzeugnisses wünschen, so können Sie über die Kontaktdaten auf meiner Webseite www.ra-migge.de kostenlos und unverbindlich eine Anfrage unter Hinzufügung einer Kopie der Zeugnisses stellen. Ich würde dann den Arbeitsumfang abschätzen und Ihnen einen Kostenvoranschlag für die Prüfung übersenden.

Wenn Sie sich ohne nähere Prüfung des Zeugnisses gegen die jetztigen Formulierungen wenden möchte, dann würde ich vorschlagen, dass Sie Ihren ehemaligen Arbeitgeber freundlich aber bestimmt auffordern, Ihnen ein korrigiertes Endzeugnis auszustellen. Teilen Sie Ihm mit, dass Sie keinen Grund für eine Abweichung von dem Zwischenzeugnis erkennen können - bestenfalls vielleicht sogar unter Nachweis, dass Ihre Arbeitsergebnisse in der Zeit nach dem Zwischenzeugnis nicht negativ von den Ergebnissen davor abgewichen sind. Letztlich sollten Sie Ihn darauf hinweisen, dass die Rechtsprechung des BAG eindeutig vorsieht, dass Arbeitgeber an Zwischenzeugnisse gebunden sind (solange nicht nachweislich eine erhebliche negative Abweichung in Leistung oder Verhalten besteht).

Ich hoffe, Ihnen hiermit eine klare Handlungsoption gegeben zu haben. Nutzen Sie auch gerne die kostenlose Nachfrage-Funktion.

Mit bestem Gruß

Ray Migge
-Rechtsanwalt-

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