Anerkennung Bildschirmarbeitsplatz

| 9. März 2016 07:41 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Liubov Zelinskij-Zunik, M.mel.

Zusammenfassung

Bildschirmarbeitsplatz Gestaltung und Untersuchung

Hallo,
zunächst der Sachverhalt:
ich bin in einer Tochtergesellschaft eines großen Konzerns beschäftigt.
Meine Tätigkeit führe ich überwiegend an einem Bildschirmarbeitsplatz (2 Monitore) aus. Lediglich zur Entnahme von Dokumenten aus dem Drucker verlasse ich meinen Arbeitsplatz.
Nun hat sich nach Rücksprache mit dem Betriebsrat heraus gestellt, dass mein Arbeitsplatz vom Arbeitgeber nicht als Bildschirmarbeitsplatz anerkannt wird. Hierzu wurde ich vom Betriebsrat auf die bestehende Betriebsvereinbarung hingewiesen, in der nur zwei Abteilungen der Firma als Bildschirmarbeitsplatz expliziert ausgewiesen worden sind, da in diesen Abteilungen "der Gang zum Drucker" entfällt. Daher gibt es die Bildschirmpausen auch nur für diese zwei Abteilungen.

Soweit mir bekannt ist, gibt es zum Bildschirmarbeitsplatz eine gesetzliche Verordnung, die besagt, dass ein Bildschirmarbeitsplatz als solcher zu definieren ist, wenn der Mitarbeiter überwiegend am Bildschirm tätig ist.

Bislang habe ich immer meine Bildschirmpausen (5 Min. pro Stunde) in Anspruch genommen und diese wurden vom Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten auch stillschweigend geduldet. Nun hat der Arbeitgeber offenbar seine Einstellung hierzu geändert und die Bildschirmpausen sollen nicht mehr in Anspruch genommen werden bzw. ist angedacht, dass der Mitarbeiter sich bei Inanspruchnahme der Kurzpause aus stempeln muss.

Der zuständige Betriebsrat ist leider sehr pro Arbeitgeber eingestellt und sieht nach eigenen Angaben keine Veranlassung, hier für die Arbeitnehmer tätig zu werden.

Als Zusatz möchte ich noch erwähnen, dass einige Mitarbeiter, die an einem "nicht bestätigten" Bildschirmarbeitsplatz vom Betriebsarzt eine Bildschirmarbeitsplatz-Brille verschrieben bekommen haben.

Nun zu meinen Fragen:

1.) Was muss ich als Arbeitnehmer tun, damit mein Arbeitgeber die vorhandenen Bildschirmarbeitsplätze auch als solche anerkennt?

2.) Bin ich überhaupt in der Beweispflicht oder muss der Arbeitgeber nachweisen, dass es kein Bildschirmarbeitsplatz ist?

3.) Reicht eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit mit dem Hinweis auf zwei extra genannte Abteilungen aus, die anderen Arbeitsplätze automatisch als Bildschirmarbeitsplatz auszuklammern?

Vielen Dank vorab für Ihre Rückmeldung.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:




1.) Was muss ich als Arbeitnehmer tun, damit mein Arbeitgeber die vorhandenen Bildschirmarbeitsplätze auch als solche anerkennt?

Sie müssen Ihrem AG mitteilen, dass Ihr Arbeitsplatz nach Ihrer Auffassung einen Bildschirmarbeitsplatz darstellt, weil Sie überwiegend am PC arbeiten..

2.) Bin ich überhaupt in der Beweispflicht oder muss der Arbeitgeber nachweisen, dass es kein Bildschirmarbeitsplatz ist?

Nach Ihrer Mitteilung ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, Ihren Arbeitsplatz zu untersuchen (evtl. mit Betriebsarzt) und zu beurteilen, ob es sich um einen Bildschirmarbeitsplatz handelt. Hier gibt es keine Beweispflicht im eigentlichen Sinne, sondern die Beurteilungspflicht des AG. Sie werden einige Fragen zur Arbeitsplatzgestaltung beantworten müssen, mehr nichts.

3.) Reicht eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit mit dem Hinweis auf zwei extra genannte Abteilungen aus, die anderen Arbeitsplätze automatisch als Bildschirmarbeitsplatz auszuklammern?

Auf keinen Fall. BV zur Arbeitszeit hat mit der Beurteilung, ob ein Bildschirmarbeitsplatz vorliegt nichts zu tun. Denn diese BV ist nur die Folge der Beurteilung, wobei sich die Frage stellt (die nicht Gegenstand dieser Frage ist), ob diese BV mit den Anforderungen an der Ausgestaltung von Bildschirmarbeitsplatz überhaupt überein stimmt. Diese Anforderungen sind in der Bildschirmarbeitsverordnung geregelt.
http://www.gesetze-im-internet.de/bildscharbv/BJNR184300996.html
Die Beurteilung selbst richtet sich ebenso an die Bildschirmarbeitsverordnung, die die Richtlinie 90/270/EWG EG-Richtlinie des Rates vom 29. Mai 1990, die Mindestvorschriften in Bezug auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten umsetzt.
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31990L0270&from=DE

Die Beurteilung richtet sich daher nicht danach, was der AG und BR vereinbart haben.
Ich empfehle Ihnen wie folgt vorzugehen:
1. Mitteilung an den AG, s.Ziff. 1
2. Falls keine Reaktion oder negative Beurteilung (kein Bildschirmarbeitsplatz),
Beschwerde beim BR
Betriebsverfassungsgesetz
§ 84 Beschwerderecht

(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.
(2) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu bescheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.
(3) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.

3. Falls immer noch negative Beurteilung, Anzeige beim zuständigen Unfallversicherungsträger. Dieser übt das Aufsichtsrecht aus:
§ 21 Arbeitsschutzgesetz
„Zuständige Behörden, Zusammenwirken mit den Trägern der gesetzlichen
Unfallversicherung
(1) Die Überwachung des Arbeitsschutzes nach diesem Gesetz ist staatliche Aufgabe. Die zuständigen Behörden
haben die Einhaltung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu
überwachen und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten zu beraten.
(2) Die Aufgaben und Befugnisse der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung richten sich, soweit nichts
anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs. Soweit die Träger der gesetzlichen
Unfallversicherung nach dem Sozialgesetzbuch im Rahmen ihres Präventionsauftrags auch Aufgaben zur
Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten wahrnehmen, werden sie ausschließlich
im Rahmen ihrer autonomen Befugnisse tätig.
…."

Hier ist gute Info zu Pausen:
http://www.ergo-online.de/site.aspx?url=html/arbeitsorganisation/pausen/pausen_bei_bildschirmarbeit.htm
und Gestaltung
http://www.ergo-online.de/site.aspx?url=html/rechtsgrundlagen/bildschirmarbeitsverordnung/gestaltungsregeln.htm





Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 9. März 2016 | 20:08

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