Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ihr Fall wirft einen oftmals diskutiertes Problem in mehreren Facetten auf, wobei folgender Grundsatz zunächst gilt, dass Dienstreisen oder Reisen vom Wohnort zum Arbeitsort zunächst nicht als Arbeitszeit gelten.
In Ihrem Fall ist es allerdings so, dass der Arbeitgeber hier von Ihrem Arbeitsort zu einem anderen Arbeitsort eine Anordnung getroffen hat, so wie ich den Sachverhalt verstehe, dass Sie an diesem anderen Arbeitsort ein Außenprojekt betreuen.
In diesem Fall unterliegen Sie einerseits der Weisung des Arbeitgebers und andererseits stellt sich hier die Angelegenheit nicht als Dienstreise, sondern als Wegezeit innerhalb des Arbeitsverhältnisses dar, die grundsätzlich Arbeitszeit ist. Sie würde sich dann auch nicht nur sozialversicherungsrechtlich sondern auch als arbeitsrechtlich grundsätzlich als Arbeitszeit darstellen.
Fahrten bei einem außerhalb des Betriebes des Arbeitgebers liegenden Arbeitsplatz sind unter Abzug der gewöhnlich für die Fahrt zum Betrieb benötigten Zeit, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz unmittelbar von seiner Wohnung aus aufsucht, regelmäßig als Arbeitszeit zu vergüten, soweit keine gegenteilige tarif- oder einzelvertragliche Regelung besteht (BAG 15.3.1989 EzA § 4 TVG
Bauindustrie Nr. 49). Insofern wäre erst recht die Zeit vom Arbeitsplatz zu einem Außenprojekt auch Arbeitszeit.
Dies würde dann der Klausel bereits widersprechen, die ja bereits die Anerkennung als Arbeitszeit ausschließt, so dass hier durchaus von einer Arbeitszeit ausgegangen werden könnte.
Der EuGH hat in einer Entscheidung aus dem September 2015 sogar entschieden, dass, sofern kein besonderer Arbeitsort feststeht, der Arbeitnehmer sogar die Fahrt zwischen Wohnort und wechselnden Arbeitsorten als Arbeitszeit anerkennen lassen kann.
Das reine Fahren wird aber gemeinhin auch dann als Arbeit betrachtet, wenn der Beschäftigte mit dem eigenen Auto beziehungsweise einem Firmenfahrzeug anreist.
Fraglich ist, ob die Arbeitszeit vergütungspflichtig ist. Da hier wohl keine konkrete Regelung getroffen worden ist, kann man auch von einer Vergütungspflicht ausgehen, die gegebenenfalls im Rahmen des Arbeitsvertrages anzupassen wäre und sich durchaus auch auf ihren normalen Stundenlohn beziehen kann.
In der Klausel findet sich zudem, ich kenne den weiteren Arbeitsvertrag leider nicht, dass kein Firmenwagen gestellt wird. Sofern es bereits üblich ist, dass sie ihr Privatauto verwenden und sie dafür eine Entschädigung erhalten, so könnte dies hier als eine Art betriebliche Übung gelten.
Grundsätzlich ist allerdings der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass Sie gegebenenfalls auch auswärtige Termine wahrnehmen können. Hier fehlt es gegebenenfalls einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung hinsichtlich eines Firmenwagen oder auch der Nutzung eines Privatwagens.
Sie sollten für den Fall, dass ein Festhalten am Arbeitsverhältnis beabsichtigt wird, mit dem Arbeitgeber hier über diese Punkte sprechen und insbesondere darstellen, dass die Regelung möglicherweise nicht der Rechtslage entspricht, dass zwischen Betriebsstätte und einem Außenprojekt, das wie ein Kunde gesehen werden kann, die Arbeitszeit einfach ausgeschlossen werden kann.
Hier werden Sie bereits für den Arbeitgeber tätig und auch auf seine Weisung hin, so dass hier meines Erachtens eher mehr für die Arbeitszeit spricht als dagegen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Joachim
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Rechtsanwalt Christian Joachim
Sehr geehrter RA Joachim,
vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich habe noch eine Frage zu meinen Handlungsmöglichkeiten, in Bezug auf das Abwehren etwaiger wirtschaftlicher Nachteile.
Wie stelle ich für den Fall, dass ich am Arbeitsverhältnis mittelfristig nicht festhalten möchte sicher, dass die Ansprüche aus dem vorliegenden Sachverhalt seit Beginn des Umstandes nicht untergehen?
vielen Dank für ihre positive Bewertung.
Sie könnten hier gegebenenfalls die Versprechen Arbeitszeit vor dem Arbeitsgericht geltend machen, wenn es keine einvernehmliche Einigung gibt. Es wäre dann zu überlegen, ob hier der normale Arbeitslohn gezahlt wird oder ob eine entsprechende Anpassung der Vergütung angebracht wäre, da keine besondere Regelung im Vertrag zu finden ist. Grundsätzlich wäre allerdings zunächst die normale Vergütung eher einzusetzen.
Ansprüche auf Arbeitslohn verjähren grundsätzlich innerhalb von drei Jahren. Sie sollten, falls es zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses kommt, dann allerdings gegebenenfalls auf mögliche Verfallsklauseln im Arbeitsvertrag achten.
Viele Grüße