Fragwürdige Beurteilung

11. Februar 2015 17:06 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


18:08

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich benötige für folgenden Fall eine rechtliche Beratung:

Ich arbeite in einer Einrichtung der Jugend-/Behindertenhilfe. Im Rahmen einer Fortbildung wurden Einladungen an einen bestimmten Arbeitsbereich unserer Einrichtung verschickt. Diesem war, wohl versehentlich, eine Mitarbeiterliste von bisherigen Teilnehmern angehängt. Diese enthielt, neben dem Namen und dem Arbeitsbereich, eine kurze "Beurteilung" der entsprechenden Mitarbeiter. Nach meinem Ermessen sollte diese als Tischvorlage für die Referentin dienen. Diese entspricht, nach meinem Verständnis und dem unserer Mitarbeitervertretung, keinesfalls der gültigen Rechtsnorm.

Meine "Beurteilung" lautete folgendermaßen: "HEP, seit 12 Jahren JH, gute Organisationsfähigkeit, innovativ bzgl. Freizeitgestaltung, teilweise "nicht-wertschätzende" Haltung gegenüber Klienten, überfordert in Krisen-/Eskalationssituationen."

Abgesehen davon, dass sowohl ich als auch meine mit mir zusammenarbeitenden KollegInnen dieser "Beurteilung" widersprechen, scheint hier die Rechtsnorm auch nicht gewahrt zu sein.

Neben datenschutzrechtlichen Bedenken (durch die Weiterleitung an einen anderen Arbeitsbereich und die Tatsache, dass die "Beurteilungen" von 35 Mitarbeitern einsehbar sind) sehe ich hier auch arbeitsschutzrechtliche Schwierigkeiten.

Zu folgenden Fragen würde ich eine Beratung benötigen:

- Ist eine solche "Beurteilung", die nicht mit der Mitarbeitervertretung abgesprochen wurde und von der ich, als Mitarbeiter, auch keine Kenntnis hatte, rechtens?
- Ich wüsste gerne den Verfasser dieser "Beurteilung". Gibt es für mich eine Möglichkeit, dieses von unserer Einrichtungsleitung einzufordern?
- Gleiches gilt für die Person, die diese angefordert hat.
- Hat diese "Beurteilung" ggf. auch strafrechtliche Relevanz? Ich denke hier an den Bereich der Verleumdung/üblen Nachrede. Bei anderen KollegInnen stehen noch deutlich drastischere Einschätzungen.
- Gibt es weitere rechtliche Möglichkeiten, mit denen ich gegen diese "Beurteilung" sowie die Art und Weise vorgehen kann?
- Gibt es weitere rechtliche Aspekte, die ich bisher nicht bedacht habe?

Die Einrichtungsleitung hat sich mir gegenüber bisher nicht geäußert. Gegenüber der Mitarbeitervertretung bat sie wohl um Stillschweigen.

Vielen Dank für Ihre Mühe und viele Grüße

Einsatz editiert am 11.02.2015 17:12:59

11. Februar 2015 | 17:37

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworte:

- Ist eine solche "Beurteilung", die nicht mit der Mitarbeitervertretung abgesprochen wurde und von der ich, als Mitarbeiter, auch keine Kenntnis hatte, rechtens?

Die Mitarbeiterbeurteilung gilt als ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterführung. Zielsetzung der Mitarbeiterbeurteilung ist eine systematische Erfassung und Bewertung von Leistungen, Eignung und Potential der im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter (Potentialdiagnose). Darüber hinaus versetzt die Mitarbeiterbeurteilung das Unternehmen in die Lage, Informationen über den richtigen Mitarbeitereinsatz, über notwendige und angemessene Maßnahmen der Fortbildung, der Führungskräfteentwicklung und der Personalentwicklung sowie einer leistungsgerechten Vergütung zu erhalten.

Eine solche Mitarbeiterbeurteilung liegt wohl in Ihrem Fall nicht vor.

Darüber hinaus darf eine Mitarbeiterbeurteilung nur von dem Vorgesetzten durchgeführt werden, der für den tatsächlichen Arbeitseinsatz des Mitarbeiters verantwortlich ist und daher dessen Leistungen auch beurteilen kann.
Die Beurteilung muss zudem mit dem Mitarbeiter besprochen werden. Idealerweise sollte der Mitarbeiter eine Durchschrift erhalten und die Möglichkeit haben, sofern er dies wünscht, zur Beurteilung Stellung zu nehmen.
All dies ist nicht befolgt worden.

Allerdings kann es schwer werden, die Beurteilung Ihrem Arbeitgeber zuzuordnen, da der Urheber nicht bekannt ist und auch nicht zu erwarten ist, dass dieser ermittelt werden kann.

- Ich wüsste gerne den Verfasser dieser "Beurteilung". Gibt es für mich eine Möglichkeit, dieses von unserer Einrichtungsleitung einzufordern?

Dies dürfte schwierig werden. Nach meiner Erfahrung wird sich keine Person finden, die sich als Urheber dieser "Beurteilung" zu erkennen geben wird.


- Hat diese "Beurteilung" ggf. auch strafrechtliche Relevanz? Ich denke hier an den Bereich der Verleumdung/üblen Nachrede. Bei anderen KollegInnen stehen noch deutlich drastischere Einschätzungen.

In strafrechtlicher Hinsicht kann keine sanktionierungsbedürftige strafbare Handlung erkennen.


- Gibt es weitere rechtliche Möglichkeiten, mit denen ich gegen diese "Beurteilung" sowie die Art und Weise vorgehen kann?

Etwaige Unterlassungsansprüche setzen voraus, dass der Urheber dieser schriftlichen Beurteilung eruiert wird. Ansonsten gibt es aus meiner Sicht keine rechtliche Handhabe.


Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte.


Mit freundlichen Grüßen
K. Roth
- Rechtsanwalt und zertifizierter Testamentsvollstrecker -


Rechtsanwalt Karlheinz Roth

Rückfrage vom Fragesteller 11. Februar 2015 | 17:49

Sehr geehrter Herr Roth,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Nur eine kurze Nachfrage zum Verständnis: Ich habe also keine wirkliche rechtliche Handhabe, obwohl die Mail intern in unserer Einrichtung verschickt wurde (meines Wissens von einem Bereichsleiter, der aber nicht zwingend der Verfasser sein muss, da die "Beurteilung" wohl versehentlich einer regulären Einladungsmail anhing) und somit definitiv aus unserer Einrichtung stammt?
Ich kann also keine Ansprüche geltend machen, was die Aufklärung dieses Falls betrifft?

Vielen Dank und viele Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 11. Februar 2015 | 18:08

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihren Nachtrag.

Ja, das sehe ich leider derzeit in rechtlicher Hinsicht so.


Mit freundlichen Grüßen
RA K. Roth

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