Frage nach Vorstrafen bei Einstellung

17. Juni 2007 13:11 |
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Arbeitsrecht


Sehr geehrte Damen und Herren,

wegen Bafög Betrugs wurde ich anfang diesen Jahres zu 40 Tagessätzen à 10 EUR verurteilt. Nun habe ich mich bei einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für ein Praktikum beworben und bereits eine Zusage erhalten. Für den Fall, dass ich noch gefragt werde (z.B. in einem Personalfragebogen), ob ich bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten bin, darf ich diese Frage dann verneinen? (Ich weiß, dass ich die Frage nach Vorstrafen verneinen kann, da ich <90 TS liege)
Es ist zu bedenken, dass ich bereits gefragt wurde, ob ich nach meinem Studium dort arbeiten möchte und auch das Wirtschaftsprüferexamen anstrebe. Für das WP-Examen dürfen jedoch keinerlei strafrechtliche Sachverhalte vorliegen. Kann man nicht sagen, dass der Arbeitgeber hier ein berechtigtes Interesse hat. Wie verhalte ich mich am besten?

Eine weitere Frage: Bei der Zulassung zum Wirtschaftsprüfer wird man gefragt, ob man strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Darf ich diese Frage verneinen, wenn die Strafe bis dahin bereits verjährt ist? Oder spielt das da keine Rolle?

Vielen Dank für Ihre Mühe!

Sehr geehrte Fragestellerin,

aufgrund Ihrer Sachverhaltsangaben kann ich Ihnen folgende Auskunft erteilen:

1. Die allgemeine Frage nach Vorstrafen, ohne konkreten Bezug zum Arbeitsverhältnis, ist unzulässig. In diesem Fall könnte man also die Frage wahrheitswidrig verneinen.

2. Zulässig wird die Frage nach Vorstrafen, wenn Sie sachlich gerechfertigt ist und in einem konkreten Zusammenhang mit der Tätigkeit steht. So ist die Frage nach Betrugs- und Vermögensdelikten bei einzustellenden Kassierern zulässig und muss wahrheitsgemäß beantwortet werden, weil diese Tätigkeit besonders vom Vertrauen des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer (Kassierer) lebt. Ähnliches gilt für Ihren Fall, da Betrug und die Arbeit in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durchaus nicht zusammenhanglos sind (als wenn Sie z.B. nur wegen Hausfriedensbruch straffällig geworden wären).

Wenn Sie also konkret nach Vermögensdelikten gefragt werden, sollten Sie wahrheitsgemäß antworten und sich eine Strategie zurechtlegen, dieses Fehlverhalten (z.B. als einmalig oder als "Studentendummheit") zu erklären. Fragt man Sie nur allgemein nach Vorstrafen, so ist die Rechtslage gewissermaßen unsicherer, da keine bestimmten Delikte angesprochen werden. Allerdings ergibt sich aus dem Kontext (Wirtschaftsprüfung), an welche Delikte zu denken wäre, so dass man wohl auch hier eine Beantwortung der Frage, zumindest in Bezug auf den Betrug, bejahen müsste. Von sich aus brauchen Sie Ihre Vorstrafe natürlich nicht zur Sprache bringen.

3. Soweit die Vorstrafe bereits verjährt oder aus dem BZR getilgt ist, ist die Frage danach - egal in welchem Bezug - unzulässig und Sie können verneinen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit einen ersten Eindruck vermitteln.

Bei weiteren Fragen oder Anliegen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Soweit aus dem Bereich www.frag-einen-anwalt.de heraus eine Kontaktaufnahme an mich persönlich gewünscht ist, bitte ich zunächst ausschließlich um Kontakt per E-Mail.

Mit freundlichen Grüßen

Schneider
Rechtsanwalt

Rückfrage vom Fragesteller 19. Juni 2007 | 12:00

Vielen Dank! Bitte erlauben Sie mir die folgende Nachfrage:

Wie beantworte ich die folgenden Fragen?

1.) Ich bin nicht einschlägig vorbestraft und gegen mich sind zur Zeit keine Strafverfahren anhängig, welche der Erfüllung der Arbeitspflichten hinderlich sein können.
Ja oder nein?

2.)Sind gerichtliche Maßnahmen gegen Sie eingeleitet?
Ja oder nein?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 19. Juni 2007 | 14:20

Sehr geehrte Fragestellerin,

ich würde Ihnen raten beide Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, also 1. nein und 2. nein. Legen Sie sich eine Begründung zurecht, wieso die Straftat einmalig war und bleiben wird.

Die Nähe Ihres Betrugsdelikts zur Thematik Wirtschaftsprüfung sowie die Fragestellung nach "einschlägigen" Vorstrafen kann m.E. als sachlich und konkret genug gewertet werden, um eine wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage zu verlangen.

Sie sollten nochmals genau die Vorschriften studieren, ob das Vorliegen jeglicher Straftaten den Zugang zum WP-Examen so absolut ausschließt. Falls ja, können Sie sich nochmal bei mir melden, um einen Weg zu finden. In der Regel dürften einmalige Vorkommnisse in nicht allzu schwerem Maße so etwas nicht bewirken können, schon aus verfassungsrechtlichen Gründen.

MfG

Schneider
Rechtsanwalt

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