Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für die Einstellung Ihrer Frage.
Zuerst möchte ich Sie daraufhin weisen, dass dieses Forum lediglich eine erste rechtliche Orientierung bieten soll, die in keinem Fall den Gang zu einer Kollegin/ einem Kollegen vor Ort ersetzt.
Durch Hinzufügen oder Weglassen von Sachverhaltsangaben kann nämlich die rechtliche Beurteilung komplett anders ausfallen und somit zu einem anderen Ergebnis führen.
Ihre Frage beantworte ich aufgrund, der von Ihnen erhaltenen Angaben und eingesetzten Betrag wie folgt:
Die Haftverschonung ist in § 116 StPo geregelt und gilt für Untersuchungshaft.
Für Sie kommt lediglich HAFTAUFSCHUB oder HAFTUNTERBRECHUNG in Betracht.
Nach § 455 StPO
ist bei Vollzugsuntauglichkeit des Verurteilten die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aufzuschieben, wenn sie noch nicht begonnen hat und bei bereits begonnener Vollstreckung zu unterbrechen.
Die Voraussetzungen für eine Unterbrechung sind strenger als für eine Haftaufschiebung.
Die Unterbrechung ist nach dem Gesetz sogar NICHT zwingend vorgeschrieben. Es besteht kein Rechtsanspruch des Gefangenen darauf.
Die Entscheidung, ob die Haft unterbrochen wird oder nicht, liegt also im Ermessen der Vollstreckungsbehörde.
Für den HAFTAUFSCHUB muss folgendes vorliegen:
1. Geisteskrankheit oder
2. Besorgnis naher Lebensgefahr oder
3. Unverträglichkeit der sofortigen Vollziehung
Meines Erachtens kommt bei Ihnen Nr.2 und Nr.3 in Betracht.
Die „Besorgnis naher Lebensgefahr“ liegt vor, wenn die hohe Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass sich die Krankheit lebensbedrohlich verschlechtert (NJW 79, 2349
).
Die bloße Möglichkeit ist nicht ausreichend.
Ob Ihre Krankheit so weit fortgeschritten ist, dass ein Aufenthalt in der JVA lebensbedrohlich ist, kann meines Erachtens nur ein Mediziner beurteilen.
Sollte diese Voraussetzung erfüllt sein, ist die Vollstreckung ZWINGEND zu verschieben.
Des weiteren kommt Nr.3 in Betracht: Unverträglichkeit
Hier wird eine Interessenabwägung vorgenommen.
Auf der einen Seite steht das Interesse der JVA, dass Schwierigkeiten erspart werden sollen und auf der anderen Seite die medizinische Versorgung des Verurteilten.
Die Entscheidung ist ebenfalls eine Ermessensentscheidung, d.h es besteht KEIN Rechtsanspruch auf Haftaufschub.
Zuständig für die Entscheidung über den Haftaufschub ist die Vollstreckungsbehörde nach § 451 StPO
.
Die Vollstreckungsbehörde ist die Staatsanwaltschaft.
Durch ein Gnadenverfahren kann die Strafe ganz oder teilweise erlassen, umgewandelt werden oder die Vollstreckung ausgesetzt werden.
Die Erfolgsquote ist allerdings äußerst gering.
Das Begnadigungsrecht wird in Ihrem Fall durch den Senat in Berlin ausgeübt.
Ein Gnadengesuch neben einem Antrag auf Haftaufschub ist möglich.
Aufgrund der Tatsache, dass grundsätzlich die Entscheidung über den HAFTAUFSCHUB im Ermessen der Staatsanwaltschaft steht, sollten Sie einen Anwalt/ eine Anwältin vor Ort konsultieren.
Meines Erachtens kann nur so gewährleistet werden, dass Ihr Anliegen richtig durchgesetzt werden kann.
Bitte haben Sie Verständnis, dass eine Formulierung eines solchen Gesuch aufgrund der wenigen Daten im Rahmen dieses Forums nicht möglich ist.
Dies kann nur eine Kollege vor Ort, dem sämtliche Unterlagen vorliegen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen und eine erste Orientierung geben konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin Tanja Stiller
Antwort
vonRechtsanwältin Tanja Stiller
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