Nicht-Herbeiführen einer außergerichtlichen Einigung durch den Anwalt (Unterhalt)

5. April 2013 13:07 |
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Familienrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Sehr geehrte Damen und Herren,


Nächste Woche ist mein Scheidungstermin und ich habe eine Anwältin beauftragt, meine Interessen zu vertreten.
Vor Gericht sollte nur der Versorgungsausgleich geregelt werden. Einen Unterhaltstitel für die Kinder (17 und 20 Jahre) habe ich seit langem- mein Mann und ich sprechen uns da aber seit Jahren ab- obwohl wir ein schlechtes Verhältnis zueinander haben. Auch sonstige Dinge haben wir alleine geregelt.

Von meiner Anwältin habe ich die Vertretung meiner Interessen bezüglich nachehelichen Unterhalts erwartet. Ehezeit beträgt 22 Jahre, ich war wegen Kindererziehung lange Zeit nur teilzeitbeschäftigt, absolviere aber derzeit ein berufsbegleitendes Studium und bin in Vollzeit tätig.
Ich habe von vorneherein eine einvernehmliche Lösung angestrebt und meine Anwältin darüber immer wieder in Kenntnis gesetzt. Gerüstet sein wollte ich aber auf alle Eventualitäten, habe auch eine Berechnung meines Arbeitgebers, was ich heute verdienen würde, wäre ich immer Vollzeit berufstätig gewesen (ÖD). Die Differenz beläuft sich auf 1000€!
Dennoch habe ich ausdrücklich eine einvernehmliche Lösung zum nachehelichen Unterhalt angestrebt und nicht bezüglich ehebedingter Nachteile und das auch so per Email und in den 2 Terminen, die wir hatten deutlich kommuniziert.
Meine Anwältin sagte immer, wir hätten Zeit und zunächst gab es ja auch viele Unterlagen anzufordern- das braucht seine Zeit. Plötzlich stand der Termin für die Scheidung allerdings Monate früher, als erwartet.
Daraufhin hat sie bei der gegnerischen Anwältin angefragt, ob mein Mann bereit sei eine Summe X an Unterhalt zu bezahlen. (Ohne Befristung).
Die gegnerische Partei hat Vergleichsbereitschaft signalisiert, aber um Begründung gebeten. Meine Anwältin hat folgendes erwidert:

„Im Hinblick auf den Unterhaltsanspruch dem Grunde und der Dauer nach, verweise ich auf die Rechtsprechung des für das Amtsgericht (..) zuständigen Familiensenat des OLG.
Die Rechtsprechungsübersicht wird üblicherweise bei den Fortbildungen des Senats für die Fachanwälte im Familienrecht ausgehändigt. Sie kann aber auch im Internet recherchiert werden!"

Daraufhin kam ein böses Schreiben der Gegenseite, das Verhalten sei geeignet, es bei der Anwaltskammer zu melden. (Bereits von Anfang an lief die Kommunikation zwischen beiden Anwältinnen schlecht- auch von der Gegenseite). Es folgte ein Angebot, den Unterhalt bis zum Jahresende zu bezahlen.

Natürlich haben wir dieses Angebot nicht angenommen. Mein Mann teilte mir telefonisch mit, lediglich aufgrund der fehlenden Begründung und Befristung sei dieses Angebot derart ausgefallen. Meine erneute Bitte an die Anwältin- dieses Mal nach einem runden Tisch mit allen Beteiligten- lehnte sie ab- das habe keinen Sinn- die Gegenseite sei nicht verhandlungsbereit. Von meinem Mann hatte ich andere Signale.
Inzwischen unter Zeitdruck geraten teilte mir meine Anwältin mit, um Fristen zu wahren, müsse sie die Unterhaltsforderung nun an das Familiengericht senden, damit es als Verbundverfahren mit dem Scheidungsverfahren laufen können. Dem habe ich zugestimmt.
In diesem Schreiben an das Familiengericht hat sie eine ausführliche Begründung des Anspruchs beigefügt. Als ich das gelesen hatte, war ich doch ratlos bis erzürnt, denn eine solche Begründung (vielleicht auch telefonisch) hätte mit Sicherheit gereicht mit der Gegenseite ins Gespräch zu kommen.

Dies habe ich ihr (sehr höflich) geschildert, woraufhin sie mir lediglich schrieb: „Trotz Kenntnis der Rechtslage, die festzustellen Aufgabe des Anwalts ist, konnte sich die Gegenseite nur zu einem bis Jahresende befristeten Unterhalt durchringen. Eine gerichtliche Klärung der Angelegenheit ist somit unabdingbar."

Tatsächlich bin ich aber der Meinung, dass ihr Verhalten dem Vorschub geleistet hat. Daraufhin habe ich Kontakt mit meinem Mann aufgenommen und nach zwei Telefongesprächen und etwas Bedenkzeit, haben wir uns- ohne unsere Anwälte- auf eine Regelung über Unterhalt für 3,5 Jahre geeinigt. Inklusive Regelung über Anlage U (Steuer) und deren Auswirkungen. Dieses Schreiben haben wir beide unseren Anwältinnen geschickt, mit der Bitte, dies bei Gericht protokollieren zu lassen.
Das ist UNSERE Regelung, die uns von keinem Richter aufgedrückt wurde! Und genau das wollte ich.

Mein Vertrauen in meine Anwältin ist deutlich erschüttert.
Gerne hätte ich sie zur Vereinbarung noch befragt, aber sie hat mir das Gefühl vermittelt, dass sie eine solche partout nicht wollte!
Nun aber meine Fragen:
1. Muss sich meine Anwältin nicht so verhalten, dass meine Wünsche (außergerichtliche Einigung) zumindest im Bereich des Möglichen liegen? Dazu zählt in meinen Augen auch eine deeskalierende Kommunikation mit der gegnerischen Partei. Meine Anwältin hat eine Mediationen- Ausbildung. Mit ein Grund für meine Wahl!!
2. Welche Kosten habe ich für die Vereinbarung- die mein Mann und ich völlig alleine getroffen haben- zu erwarten? (Anwaltsgebühren, evtl Kosten für die Protokollierung bei Gericht, zusätzliche Gerichtsgebühren?). Die Höhe des Unterhaltes für ein Jahr beträgt 3.960€.
3. Sind die Gebühren, die ich ihr zu bezahlen habe, höher, weil der Antrag für ein Verbundverfahren bereits bei Gericht eingegangen ist? Auch wenn wir davon nun keinen Gebrauch machen?
4. Gibt es eine unabhängige Stelle, bei der ich mich bezüglich Verhältnis Anwalt/ Mandant beraten lassen kann? Ich meine keine Beschwerde bei der Anwaltskammer, sondern eine Beratung. Ich möchte für mich klären, ob mir durch ihr Verhalten ein finanzieller Schaden entstanden ist.

Mein Scheidungstermin ist am Montag Vormittag. Meine Anwältin hat sich weder bezüglich der Vereinbarung (vor zwei Tagen), noch bezüglich des Termins bisher bei mir gemeldet.
Selbstverständlich handelt es sich hier um meine subjektive Sicht der Dinge.

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Ausführungen.


Einsatz editiert am 05.04.2013 13:18:29

5. April 2013 | 13:38

Antwort

von


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26135 Oldenburg
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Sehr geehrte Ratsuchende,



das Verhalten der Kollegin ist wenig nachvollziehbar, da gerade im Scheidungsverfahren eine Deeskalation immer das beste Mittel ist, miteinander vernünftig umzugehen.

Zu Ihren Fragen im Einzelnen:

1. Muss sich meine Anwältin nicht so verhalten, dass meine Wünsche (außergerichtliche Einigung) zumindest im Bereich des Möglichen liegen? Dazu zählt in meinen Augen auch eine deeskalierende Kommunikation mit der gegnerischen Partei. Meine Anwältin hat eine Mediationen- Ausbildung. Mit ein Grund für meine Wahl!!

Ja, sofern die Wünsche der Mandanten nicht gegen das Gesetz verstoßen oder aus wichtigen Gründen nicht berücksichtigt werden können, sind die Wünsche zu berücksichtigen.

Daher auch die einleitenden Worte.


2. Welche Kosten habe ich für die Vereinbarung- die mein Mann und ich völlig alleine getroffen haben- zu erwarten? (Anwaltsgebühren, evtl Kosten für die Protokollierung bei Gericht, zusätzliche Gerichtsgebühren?). Die Höhe des Unterhaltes für ein Jahr beträgt 3.960€.

Der Gegenstandswert wird sich um den Jahresbetrag sicherlich erhöhen.

Ob es damit auch zu einer Steigerung der Kosten (die sich nach dem Gegenstandswert richten) kommen wird, richtet sich nach der Gebührentabelle und der Frage, ob ein sogenannter Gebührensprung überhaupt zustande kommt.

In diesen Tabellen gibt es verschiedene Spalten und es ist durchaus möglich, dass eine Erhöhung des Gegenstandeswertes nicht zum Überschreiten einer Spalte führt, doie Kosten also nicht steigen werden.
Das ist aber erst nach Kenntnis aller Kosten und Gebühren rechnerisch zu ermitteln.

Grundsätzlich würde den Anwälten eine Einigungsgebühr zustehen - Voraussetzung wäre aber auch, dass die Tätigkeit der Anwälte zu der Einigung beigetragen haben. Und nach Ihrer Sachverhaltsschilderung wird man das verneinen müüsen, so dass ansich keine weiteren, zusätzlichen Anwaltsgebühren zu tragen wären.


3. Sind die Gebühren, die ich ihr zu bezahlen habe, höher, weil der Antrag für ein Verbundverfahren bereits bei Gericht eingegangen ist? Auch wenn wir davon nun keinen Gebrauch machen?

Nein.

4. Gibt es eine unabhängige Stelle, bei der ich mich bezüglich Verhältnis Anwalt/ Mandant beraten lassen kann? Ich meine keine Beschwerde bei der Anwaltskammer, sondern eine Beratung. Ich möchte für mich klären, ob mir durch ihr Verhalten ein finanzieller Schaden entstanden ist.

Letztlich bleibt Ihnen nur die Prüfung der Gesamtumstände, des Gesamtschriftverkehrs und der Rechung durch einen anderen Rechtsanwalt, wenn Sie die Kammer nicht einschalten wollen.

Die Frage des FINANZIELLEN Schadens kann dabei erst dann geklärt werden, wenn alle gegenstandswerte festgestellt sind und die Abrechnungen vorliegen.


Viel Glück für Montag.




Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Damm 2
26135 Oldenburg

Tel: 0441 / 26 7 26
Fax: 0441 / 26 8 92
mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
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