Haftung von Angestellten bei Einbruchdiebstahl in ein Einzelhandelsgeschäft

| 25. Januar 2007 23:22 |
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Arbeitsrecht


Ich betreibe ein Einzelhandelsgeschäft mit Tabakwaren, Zeitschriften, Bürobedarf, einer Lottoannahmestelle, sowie einer Postbankvertretung mit Schalterbetrieb (shop in shop).

In der Nacht von SA auf SO, den 21.01.07, wurde in mein Ladenlokal eingebrochen. Die Räume sind mit einer Alarmanlage gesichert (Bewegungsmelder), die jedoch außer Kraft gesetzt wurde.

Es wurden umfangreich Zigarettenstangen gestohlen, sowie die Kassenschublade unter dem Tresen des Postbankschalters herausgebrochen und entwendet.

In dieser verschließbaren, aber nicht besonders gesicherten Kassenschublade befand sich in dieser Nacht Bargeld von mehr als 2.500,00 €.

Auch in den anderen 4 Kassenschubladen befanden sich noch weitere Bargeldbestände, die dort von zwei meiner Angestellten belassen wurden, als Wechselgeld und Anfangskassenbestand für den folgenden MO.
Das Bargeld der anderen Kassen wurde nicht entwendet, die Einbrecher wurden offenbar gestört.

Die Tabakwarenbarenbestände sind umfänglich versichert.
Die Kassen sind jedoch jeweils nur bis zu einer Schadenshöhe i.H.v. 60,00 € versichert.
Darüber hinausgehende Bestände müssen daher nach Ladenschluss in einen Tresor, in einem seperaten Raum, verbracht werden.
Dieser Raum, als auch der Tresor mit den Gesamtbargeldbestand blieb unberührt.

Eine der beiden Mitarbeiterinnen rechnete die Kassen am SA Nachmittag ab, verbrachte jedoch das Bargeld nicht wie vorgeschrieben in den dafür vorgesehenen Tresor.
Ich war an diesem SA nicht im Ladenlokal.

Die betreffende Mitarbeiterin ist in der Vergangenheit bereits darauf hingewiesen worden, aus versicherungstechnischen Gründen alles Geld, ausser einem geringen Bestand an Münzen, immer über Nacht in den Tresor zu bringen.

Daß dies in Vergangenheit hin und wieder nicht geschah, habe ich bereits bemängelt, auch bei anderen Angestellten.
Der betreffenden Mitarbeiterin ist diese wichtige Notwendigkeit sehr wohl bewußt, sie arbeitet seit Jahren für mich und war zuvor Angestellte der Postbank AG, auch im Schalterberieb, mit ebensolchen selbstverständlichen Auflagen.

Das Belassen von Bargeld in den Kassen kann nicht aus mangelder Kenntnis erklärt werden, sondern ist Resultat von Unachtsamkeit oder Bequemlichkeit.
Die Mitarbeiterin ist geringfügig beschäftigt.
Es besteht kein schriftliche Arbeitsvertrag. Mündlich vereinbart ist, daß geringfügige Minusbestände in den Kassen vom Verursacher auszugleichen sind, was auch derart gehandhabt wurde.
Sie ist bis auf wenige Ausnahmen loyal und zuverlässig.
Sie lebt in sicheren Einkommensverhältnissen, mit durchschnittlichem bis gutem Familieneikommen, Ihr Ehemann ist der Hauptverdiener, beide haben keine besonderen finanziellen Belastungen.

Meine Frage, ob sie sich für den mir entstandenen Schaden verantwortlich fühlt, hat sie verneint.
Sie betrachtet den Verlust in solcher Höhe sozusagen als mein persönliches unternehmerische Risiko.

Frage:
In wie fern ist diese Mitarbeiterin haftbar für den Einbruchsschaden, und wie kann ich meinen möglichen Anspruch geltend machen und durchsetzen?

Vielen Dank für eine Antwort im Voraus,
mfG


Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Schilderungen gerne wie folgt beantworten möchte.

Da eine echte Mankoabrede nicht getroffen worden ist, die unter bestimmten eng umrissenen Voraussetzungen eine verschuldensunabhängige Haftung der Arbeitnehmerin würde begründen können, bleibt es bei den allgemeinen haftungsrechtlichen Grundlagen, für die im Arbeitsrecht jedoch einige Besonderheiten gelten.

Erforderlich ist eine schuldhafte Pflichtverletzung der Arbeitnehmerin, die zu einem Schaden geführt hat. Die Pflichtverletzung besteht in der Nichtausführung einer Anweisung im Rahmen Ihrer arbeitgeberseitigen Weisungsbefugnis. Zumindest ein Fahrlässigkeitsvorwurf dürfte zu erheben sein, d.h. diese Pflichtverletzung wäre auch schuldhaft von ihr begangen.

Ich möchte jedoch an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Sie sämtliche Anspruchsvoraussetzungen darzulegen haben und im Bestreitensfalle auch zu beweisen hätten. Die Führung eines solchen Nachweises ist zumindest hinsichtlich Ihrer Weisung nicht unproblematisch, da diese nicht in schriftlicher Form vorliegt. Möglicherweise können Sie jedoch andere MitarbeiterInnen als Zeugen hierfür benennen.

Der Schaden ist zudem aufgrund der Pflichtverletzung eingetreten und wäre nach Ihren Angaben bei ordnungsgemäßem Verhalten (Verbringung in den Tresor) nicht eingetreten.

Sie werden allerdings in keinem Fall den ganzen Schaden von der Arbeitnehmern ersetzt verlangen können. Allenfalls bei Vorsatz könnten Sie den gesamten Schaden ersetzt verlangen. Dies scheidet hier aus, da der Vorsatz der Arbeitnehmerin sich auch auf den Schadenseintritt beziehen müsste.

Dem Arbeitnehmer kommt im Arbeitsrecht bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten eine Haftungserleichterung zugute. In Fällen von Fahrlässigkeit wird in der Regel nur ein Teil des Schadens zu ersetzen sein. Als grobe Faustformel gilt hier die Hälfte. Kriterien hierfür sind neben dem Grad des Verschuldens die Vorhersehbarkeit des Schadenseintritts, das Einkommen des Arbeitnehmers in Relation zum Schaden sowie die Versicherbarkeit des Schadensrisikos, das sich realisiert hat. Besonders die letzten beiden Punkte dürften hier zu einer Reduzierung Ihrer Ansprüche führen. Ein Viertel bis maximal die Hälfte des Schadens erscheint jedoch realisierbar. Möglicherweise gibt es ja auch die Möglichkeit unter Hinweis auf den hier gegebenen Rechtsrat, sich gütlich auf einen Teilbetrag ggf. mit Ratenzahlungsvereinbarung zu einigen.

Bitte beachten Sie, dass diese Antwort auf den gegebenen Angaben basiert, daneben aber andere Punkte relevant sein könnten, die ein möglicherweise anderes Ergebnis nahe legen würden. Eine umfassende und verbindliche Beratung ist daher nur im Wege einer Mandatserteilung möglich, für die ich Ihnen gerne zur Verfügung stehe.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner rechtlichen Einschätzung des geschilderten Sachverhalts zunächst weitergeholfen zu haben.

Für eine etwaige Mandatserteilung nutzen Sie bitte die oben genannten Kontaktdaten.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Kraft
Rechtsanwalt


www.jeromin-kraft.de

Rückfrage vom Fragesteller 27. Januar 2007 | 19:41

Sehr geehrter Herr Kraft,

vielen Dank für die schnelle und objektive Antwort, sie entspricht meiner Anahme als Laie.

Die betreffende Mitarbeiterin behauptet nun im Nachhinein, kein Bargeld in der Kasse belassen zu haben.
Eine sofortige Bargeldinventur nach dem Einbruch weist das Gegenteil aus.
Dies ist durch Zeugen beweisbar.
Auch meine ausdrückliche mündliche Anweisung, wie mit dem Kassenbargeld nach Ladenschluss umzugehen ist, wegen der Nichtversicherbarkeit vom höheren Beständen als 60€ pro Kasse, kann bezeugt werden. Grund: Vor nicht allzu langer Zeit fand bereits ein Einbruchsversuch statt.

Frage:
Ließe sich all das belegen, und es erginge ein Urteil, in dem die Angestellte zumindest eine Mithaftung trifft (egal in welcher Höhe), mit welchen Kosten hätte ich zu rechnen? Dies könnte ja als Vergleich vor Gericht aufgefasst werden.

Vielen Dank im Voraus,
mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. Januar 2007 | 11:08

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank auch für Ihre Nachfrage.

Wenn man hier von einem Streitwert von 2.500 € ausgeht (einzuklagender Betrag), würden für ein Urteil Gerichtsgebühren von 243,- € zzgl. Auslagen anfallen. Bei einem Vergleich würden 81,- € zzgl. Auslagen anfallen.

Dazu kämen möglicherweise Kosten für die Beauftragung eines eigenen Anwalts, was im arbeitsgerichtlichen Verfahren zwar ratsam, aber nicht Prozessvoraussetzung ist. Im Zivilprozess werden die Kosten für die Rechtsbeistände üblicherweise nach dem Anteil des Obsiegens und Verlierens zwischen den Parteien des Prozesses verteilt. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren trägt jede Partei die Kosten für ihren Rechtsbeistand selbst, so dass Sie jedenfalls nicht Gefahr laufen, den Rechtsbeistand Ihrer Angestellten zahlen zu müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Kraft
Rechtsanwalt

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