Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Nach Ihrer Schilderung spricht viel dafür, dass Sie Arbeitnehmer sind, da Sie nach Ihrer Mitteilung in den Betrieb eingegliedert waren und Weisungen folgen mussten, genau wie die angestellten Fahrer. Bei einem Frachtführer bzw. Unterfrachtführer wird bei der Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Selbständigem nach dem sog. Berufsgruppenkatalog danach geschaut, ob der Frachtführer ein eigenes Fahrzeug einsetzt und eine Erlaubnis zur Durchführung des Gewerbes nach dem Güterkraftverkehrsgesetz bzw. eine Gemeinschaftslizenz besitzt. Zudem kommt es darauf an, ob Beginn und Ende der Arbeitszeit vorgeschrieben werden und ob die Möglichkeit besteht, Aufträge von Dritten anzunehmen. Ein eigenes Fahrzeug liegt nur dann vor, wenn es auf Sie zugelassen ist und von Ihnen finanziert wurde.
Genau müsste dies im Einzelnen geprüft werden, was hier nicht möglich ist. Nach Ihren Angaben halte ich es aber für wahrscheinlich, dass Sie Arbeitnehmer sind.
In diesem Fall hätten Sie Anspruch auf Insolvenzausfallgeld, Weiterbeschäftigung und im Fall einer Entlassung, die gerade in Insolvenzverfahren auch bei Arbeitnehmern vorkommt, auf Arbeitslosengeld.
Im Hinblick auf das Insolvenzausfallgeld genügt zunächst einmal ein einfacher Antrag beim Arbeitsamt, ggf. ist eine Klage nicht notwendig. Ebenso wird der Insolvenzverwalter Sie ggf. einfach als Arbeitnehmer weiterbeschäftigen, wenn Sie ihm die Situation schildern.
Nach all diesem Positiven jetzt die Risiken: Sie sind vermutlich aktuell privat krankenversichert. Dies werden Sie in Zukunft nicht mehr sein. Sollten Sie aktuell in Behandlung sein, werden Sie Probleme mit der Bezahlung bekommen und ggf. Geld aus eigener Tasche an den Arzt zahlen müssen, der Sie ja als Privatpatient behandelt hab, obwohl Sie in Wahrheit nur Kassenpatient sind. Zudem haben Sie zu Unrecht Umsatzsteuer gezahlt. Der insolvente Arbeitgeber muss rückwirkend über Jahre Lohnsteuer und Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur Rentenversicherung nachentrichten.
In Bezug auf die Lohnsteuer könnte der Arbeitgeber, nunmehr der Insolvenzverwalter, bei Ihnen Rückgriff nehmen, da formell Sie Schuldner der Lohnsteuerlast sind. Ggf. könnten Sie sich hier auf tarifliche Ausschlussfristen berufen. Sie könnten hier versuchen entgegenzuhalten, dass der Arbeitgeber in Bezug auf Ihre falsche Einordnung als Subunternehmer seine Fürsorgepflicht verletzt hat. Inwieweit Ihnen dies gelingen wird, bleibt abzuwarten. In Bezug auf die Sozialversicherungsbeiträge sieht es hier etwas besser aus, da ein unterbliebener Abzug nur in den nächstn drei Monaten nachgeholt werden darf. Hier wäre ein Rückgriff nur durch Lohnabzug und nur für drei Monate rückwirkend möglich.
Sie gehen also mit Ihrem Hinweis auf die Scheinselbständigkeit ein hohes Risiko ein im Hinblick auf die Rückabwicklung der letzten Jahre, das Ihre Chancen möglicherweise überwiegt. Genau kann dies im Rahmen der Erstberatung hier nicht beurteilt werden.
Ggf. macht es Sinn, mit dem Insolvenzverwalter zu sprechen und hier eine Weiterbeauftragung oder auch Neueinstellung als Arbeitnehmer zu erreichen, ohne die Vergangenheit rückabwickeln zu müssen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Elke Scheibeler, Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Heinz-Fangman-Str. 2
42287 Wuppertal
Tel: 0202 76988091
Web: https://www.kanzlei-scheibeler.de
E-Mail:
Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Fachanwältin für Arbeitsrecht