Rücktritt Kaufvertrag aufgrund unzureichender Artikelbeschreibung bei Online-Kauf?

16. Januar 2013 13:11 |
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Internetrecht, Computerrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Ingo Driftmeyer

Sachverhalt:
Käufer A (kein Verbraucher sondern Gewerbetreibender, daher gilt nicht das Widerrufsrecht) erwirbt ein mobiles elektronisches Gerät zur Datenerfassung (NordicID RF 601) bei Onlineshop X.
Die Beschreibung des Artikels enthält außer der Artikelbezeichnung und der Hersteller-Artikel-Nr. keine weiteren informativen Daten. (Dies ist aus Sicht im Nachhinein eindeutig nicht ausreichend, da hier eine unübliche Modellvariante angeboten wurde.)

Bei Lieferung des Artikels stellte sich heraus, dass diese Modellvariante offensichtlich nicht über die - aus Sicht eines Verwenders üblich und notwendige - Scanfunktion zum Erfassen von Barcodes verfügte, da dieses Gerät offensichtlich eine unübliche Modellvariante ohne entsprechende Bauteile ist.

Das Gerät dient z.B. zur Erfassung von Artikeleinlagerungen und -Auslagerungen auf Basis von Barcodes (EANs), die üblicherweise gescannt werden. Laut Angabe auf der Herstellerseite gibt es diese Geräte in zwei Ausführungen zum Scan der Barcodes: Long-Range-Laser-Scanner und Barcodescanner. Das ein solches Gerät ganz ohne Scan-Funktion ausgestattet ist, ist selbst laut Aussage des Herstellers unüblich. Bei dieser Modellvariante muss der Barcode per Tastatur eingegeben werden.

Da der gelieferte Artikel für Käufer A nicht die erforderlichen und erwarteten Eigenschaften besitzt und damit nutzlos ist, fragte er eine Rücknahme des Artikels bzw. einen Umtausch beim Onlineshop X an.

Dieser lehnte beides ab mit der Begründung, dass der Artikel speziell aufgrund der Bestellung von Käufer A eingekauft wurde und der Lieferant den Artikel nicht zurücknimmt. Von einer speziellen Bestellung nur aufgrund der Online-Bestellung von Käufer A wurde der Käufer aber nie informiert. Weitere Begründung war, dass der Fehlkauf selbstverschuldet ist, da bei einer Suche nach der in der Beschreibung angegebenen Hersteller-Artikelnummer im Internet (also auf anderen Websiten als der des Onlineshops!) klar wäre, dass der Artikel NICHT über eine Scanfunktion verfügt.

Diese Geräte dienen grundsätzlich z.B. zur Erfassung von Artikeleinlagerungen und -Auslagerungen auf Basis von Barcodes (EANs), die üblicherweise gescannt werden. Laut Angabe auf der Herstellerseite gibt es diese Geräte in zwei Ausführungen zum Scan der Barcodes: Long-Range-Laser-Scanner und Barcodescanner. Das ein solches Gerät ganz ohne Scan-Funktion ausgestattet ist, ist selbst laut Aussage des Herstellers unüblich.

Fragen:
Ist das Fehlen einer üblichen Eigenschaft eines Artikels, welches nicht ausdrücklich in der Artikelbeschreibung genannt wurde, nicht ein gültiger Grund, um vom Kaufvertrag zurückzutreten?
Kann der Käufer aufgrund der unvollständigen Artikelbeschreibung vom Kauf zurücktreten?
Wenn nicht, gibt es andere Möglichkeiten für den Verkäufer, um vom Kauf nachträglich zurückzutreten?

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage!


Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung sowie Ihres Einsatzes Ihre Frage wie folgt beantworten:

1. Ein zum Rücktritt berechtigender Sachmangel nach § 434 BGB läge vor, wenn die Kaufsache nicht die vertraglich vorausgesetzte Eignung oder die zur gewöhnlichen Verwendung notwendige Eignung aufweist.

2. Für eine vertraglich vorausgesetze Eignung ist jedoch nicht die Erwartung nur des Käufers maßgeblich, diese muss für den Verkäufer auch erkennbar gewesen sein.

Wenn vor dem Kauf kein Email-Verkehr mit dem Verkäufer stattfand, in dem die Art der beabsichtigten Nutzung mitgeteilt wurde, dann kann kaum die Rede davon sein, dass hier erkennbar eine bestimmte Verwendungsart zu Grunde gelegt wurde.

3. Die Eignung zur gewöhnlichen Verwendung ist objektiv zu bestimmen, also danach, wie und wofür das Gerät typischerweise eingesetzt wird.
Als Vergleichsmaßstab sind dabei Geräte mit den gleichen Funktionen heranzuziehen.

Hier ist festzustellen, dass das Gerät zur Erfassung des Lagerbestandes sowie von Zu-und Abgängen nicht vollständig ungeeignet ist.
Es fehlt dem Gerät die Funktion, Barcodes automatisch einlesen zu können.

Ein solches Gerät mit Barcode-Scannung weist jedoch eine andere Funktionalität auf. Es kann daher nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden.

Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass derartige „Funkterminals" zur Erfassung von Lagerbeständen und sonstigen Daten stets mit einem Scanner ausgestattet sind.

Eine überschlägige Internetrecherche zeigt aber, dass zahlreiche Produkte dieser Kategorie auch ohne Scanner verkauft werden.

4. Es besteht seitens des Verkäufers eine Verpflichtung, die vorhandenen Funktionen eines Gerätes zu beschreiben.

Auf nicht vorhandene Merkmale der Ware muss dagegen nicht hingewiesen werden.

Den Verkäufer trifft insofern auch keine Aufklärungspflicht. Bei Fragen zum Produkt ist der Kaufinteressent gehalten, sich im Vorfeld des Kaufes an den Verkäufer zu wenden.

Dies gilt umso mehr, wenn sich vom Kaufpreis her schon angedeutet haben sollte, dass ein Gerät deutlich unter den Preisen solcher Geräte mit zusätzlicher Scan-Funktion liegt.

5. Zusammenfassend muss ich Ihnen daher
mitteilen, dass die Aussichten auf eine Rückabwicklung des Kaufes rechtlich kaum Aussicht auf Erfolg hat.

Sonstige Rücktrittsgründe außerhalb des Gewährleistungsrechts sind ebenfalls nicht ersichtlich.




Ich hoffe, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute!


Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:

Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt

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