Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage auf der Grundlage des von Ihnen geschilderten Sachverhalts wie folgt:
Eine betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Beschäftigten schließen können, dass ihnen eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden soll.
Das Verhalten des Arbeitgebers ist als Vertragsangebot zu werten, das von den Arbeitnehmern (in der Regel) stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB
). Dadurch kommt eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehemr zustande. Aus dieser Einigung erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordene Leistung. Maßgeblich ist, wie der Arbeitnehmer die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen durfte.
Der Arbeitgeber kann die Entstehung eines solchen Anspruchs nur dadurch verhindern, wenn er einen entsprechenden Vorbehalt unmissverständlich zum Ausdruck bringt, ein sog. Freiwilligkeits- bzw. Widerrufsvorbehalt. Bei Fehlen eines solchen Vorbehalts, entwickelt sich eine betriebliche Übung regelmäßig dann, wenn der Arbeitgeber die Zahlung dreimalig gewährt hat und nicht besondere Umstände gegen die Annahme einer betrieblichen Übung sprechen.
Das Bundesarbeitgericht (BAG) hat nunmehr seine aufgegeben im Hinblick auf die sog. gegenläufige bzw. negative Betriebliche Übung geändert. Erklärt ein Arbeitgeber unmissverständlich, dass die bisherige betriebliche Übung einer vorbehaltlosen Weihnachtsgeldzahlung beendet werden und durch eine Leistung ersetzt werden soll, auf die in Zukunft kein Rechtsanspruch mehr besteht, kann nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1. 1. 2002 nach § 308 Nr. 5 BGB
eine dreimalige
widerspruchslose Entgegennahme der Zahlung durch den Arbeitnehmer nicht mehr den Verlust des Anspruchs auf das Weihnachtsgeld bewirken.
Wenn Ihnen nicht einmal das Schweigen zum Nachteil werden darf, dann gilt diese erst Recht für einen Widerspruch gegen das Vorhaben des Arbeitnehmers.
Wenn Sie sich allerdings bereit erklären zu der von Ihnen näher erläuterten "Verrechnung", sollten Sie dies unter Vorbehalt tun. Am besten erklären Sie sich zu solch einer Verrechnung sinngemäß mit der Angabe, "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht".
Anderenfalls müssten Sie sich womöglich für den Fall eines Rechtsstreits noch vorhalten lassen, dass Sie widersprüchlich handeln und Ihren Anspruch auf Gratifikationen (teilweise) verwikt haben.
Ich hoffe, dass ich Ihnen behilflich sein und Ihnen einen ersten rechtlichen Überblick verschaffen konnte.
Abschliessend weise ich Sie darauf hin, dass die hiesige Online-Beratung den Besuch bei einem Rechtsanwaltskollegen vor Ort nicht ersetzen kann, sondern lediglich dazu dient, dem Mandanten eine erste grobe rechtliche Einschätzung zu verleihen.
Das Weglassen und bzw. oder Hinzufügen von relevanten Angaben kann eine völlig andere rechtliche Bewertung nach sich ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Kirli
(Rechtsanwalt)
Antwort
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