Scheidung von psychisch kranker Frau

| 11. März 2012 23:24 |
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Familienrecht


Beantwortet von

Notar und Rechtsanwalt Oliver Wöhler

Zusammenfassung

Gilt bezüglich Trennungsunterhalt und Versorgungsausgleichs zweiter Ex-Partner:innen, von denen einer psychisch krank ist, dasselbe Recht wie bei gesunden Partnern?

Ja, grundsätzlich gelten die gleichen rechtlichen Vorschriften bezüglich Trennungsunterhalt und Versorgungsausgleich auch wenn einer der Ex-Partner psychisch erkrankt ist. Allerdings können die besonderen Umstände der Erkrankung bei der Festlegung der Höhe des Unterhalts und des Versorgungsausgleichs berücksichtigt werden.

2004 Geburt des gemeinsamen Kindes
2006 psychische Erkrankung der Frau (Schizophrenie, 3 Psychosen)
2009 Heirat
2011 Trennung

Bis März 2010 habe ich halbtags gearbeitet und das Kind und den Haushalt betreut. Seit März 2010 gehe ich vollzeit arbeiten und bekomme 2100 Euro netto.

Meine Frau geht seit 2009 teilzeit arbeiten und bekommt 1100 netto.

Meine Frau ist psychisch krank und kann den Haushalt und das Kind nicht angemessen versorgen.
Meine Frau war seit 2006 mehrmals für mehrere Wochen in der Psychiatrie, teilweise in der geschlossenen Abteilung.
Nach einer Maßnahme des Arbeitsamtes hat sie seit 2009 einen Teilzeitjob und steckt ihre ganze Kraft in diesen Job und liegt zu Hause größtenteils im Bett oder auf der Couch.

Ich habe mich immer um das Kind gekümmert und habe nachdem das Kind in die Ganztagsschule geht, meine Arbeitszeit "hochgefahren".

Meine Frage:

Nachdem meine Frau und ich uns nun getrennt haben, gilt das gleiche Recht bzgl. des Trennungsunterhalts und des Versorgungsausgleichs wie bei gesunden Partnern?

Seit fünf Jahrem habe ich mich um die Frau und das Kind gekümmert und gekocht und alles gemacht.
Von dem klassischen Modell sind wir meilenweit entfernt.

Muss ich jetzt trotzdem alles so bezahlen, als hätten wir eine normale Beziehung gehabt?

Die Frau ist nachweislich in psychiatrischer Behandlung und ist mit starken Medikamenten/Neuroleptika eingestellt.


Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:


Grundsätzlich gilt das Unterhaltsrecht und auch der Versorgungsausgleich bei Scheidung, wie bei "gesunden Ehegatten". Beim Versorgungsausgleich werden die Rentenanwartschaften, die während der Ehe erworben wurden, ausgeglichen. Allerdings findet nach § 3 III VersAusglG bei einer Ehedauer von bis zu drei Jahren ein Versorgungsausgleich nur auf Antrag eines Ehegatten statt. Wenn Sie jetzt getrennt leben und nach Ablauf des Trennungsjahres Scheidungsantrag stellen, könnten Sie knapp unter den drei Jahren Ehedauer bleiben, weil die Trennungszeit mitzählt. Selbst wenn aber Ihre Frau die Durchführung beantragen würde, wäre es bei einer so kurzen Ehe und beiderseitiger Erwerbstätigkeit fraglich, ob die sog. "Bagatellgrenze" überschritten wäre. Ist der Ausgleichsbetrag zu gering, findet kein Ausgleich statt.

Nach § 27 findet der Ausgleich nicht statt, wenn es grob unbillig wäre. Hier sind alle Umstände des Einzelfalles zu bewerten. Bei Ihnen liegt zwar eine Doppelbelastung durch Beruf und Betreuung des Kindes vor, allerdings liegt das nicht an einem Fehlverhalten Ihre Frau, sondern an der Krankheit. Es ist daher eher nicht wahrscheinlich, dass man einen Härtefall annehmen würde. Wegen der kurzen Ehe, haben Sie aber insgesamt nicht mit großen Einbußen bei der Rente zu rechnen.

Beim Unterhalt spielt die Ehedauer ebenfalls eine Rolle. Nach § 1579 Nr. 1 BGB wird der Unterhalt wegen grober Unbilligkeit versagt, wenn die Ehe von kurzer Dauer war. Dies gilt für den nachehelichen Unterhalt, aber nicht für den Trennungsunterhalt. Über drei Jahren liegt keine kurze Ehe mehr vor. Zwischen 2 und 3 Jahren kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an.
Ihre Frau hätte einen Anspruch auf Krankheitsunterhalt. Der Unterhaltsanspruch ist immer im Rahmen einer Billigkeitsprüfung, auf seine Angemessenheit zu prüfen.
Das eine Doppelbelastung vorliegt, kann man also berücksichtigen. Allerdings gilt ähnliches wie oben. Ihrer Frau wird man nicht vorhalten können, dass Sie nur Teilzeit arbeitet, weil dies ja krankheitsbedingt der Fall ist. Das Sie das Kind betreuen, wird im Rahmem der Unterhaltsberechnung berücksichtigt, weil der Kindesunterhalt, falls Ihre Frau keinen Barunterhalt leistet, vorab vom netto abgezogen wird. Damit wird der Unterhaltsanspruch Ihrer Frau kleiner. Eine genaue Berechnung sollte von einem Anwalt vor Ort durchgeführt werden, weil hier zunächst das Einkommen exakt ermittelt werden muss und man auch prüfen muss, wie das Einkommen zu bereinigen ist.

Generell ist die Krankheit Ihrer Frau kein Grund, den Trennungsunterhalt herabzusetzen, eher im Gegenteil. Beim nachehelichen Unterhalt, würde die Dauer der Ehe eine Rolle spielen. Selbst wenn man den Unterhalt nicht ganz versagen würde, spräche viel dafür, ihn zu befristen.
Man wird leztlich alle Umstände Ihres Falles bewerten müssen.



Bitte bedenken Sie, dass jede Ergänzung des Sachverhalts zu einer veränderten Beurteilung führen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht

Paulistr. 10
31061 Alfeld
Tel.05181/5013
Fax 24163
mail:anwaltwoehler@googlemail.com

Rückfrage vom Fragesteller 13. März 2012 | 22:00

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Wöhler,

danke für Ihre Antwort. Ihre Ausführungen zur kurzen Ehedauer waren mir bereits bekannt, da ich bereits einen Anwalt habe und wir versuchen, unterhalb der 3-Jahres-Grenze zu bleiben.

Da meine noch-Frau ebenfalls eine Anwaltin hat, ist davon auszugehen, dass Antrag auf Versorgungsausgleich gestellt wird.

Das Thema Trennungsunterhalt ist für mich nicht in erster Linie interessant, weil das überschaubar ist.

Ich hatte die Frage extra so gestellt, dass ich Hinweise zu dem Krankheitsthema haben möchte.

Bzgl. des nachehelichen Unterhalts (Solidaritätsunterhalt heisst das nach meinem Kenntnisstand auch) mache ich mir Sorgen bzw. bitte um Hinweise.

Unsere Tochter wird offiziell von beiden Elternteilen gleichermaßen betreut. Wir wohnen noch zusammen. Das wird gerichtlich geklärt werden müssen, zumal die Gegenseite behauptet, meine noch-Frau/die Kindsmutter sei gesund.

Sie schrieben "Selbst wenn man den Unterhalt nicht ganz versagen würde, spräche viel dafür, ihn zu befristen. "

Darum ging es mir in meiner Frage. Nach meinem Verständnis des Scheidungsrechtes geht es grundsätzlich darum - vereinfacht ausgedrückt - , davon auszugehen, dass die Ehefrau deswegen ein geringeres Einkommen hat, weil sie sich aufopferungsvoll um die Familie gekümmert hat und ihr eigenes berufliches Fortkommen hintenangestellt hat, während der Mann weiter Karriere gemacht hat. Und das gilt es auszugleichen.
Aber bei uns war das so nicht: ich als Mann musste mein berufliches Vorankommen hintenan stellen, weil die Frau schwer krank wurde. Ich musste mich um Frau und Kind kümmern. Und erst als das Kind in der Grundschule in der Ganztagsbetreuung war, habe ich beruflich "Gas gegeben".

Der Betrachtungszeitraum (Jahr der Trennung) ist unrepräsentativ.
Über die letzten 5 Jahre bspw. stellt sich die Situation ganz anders dar.

Wie bekommt man es hin, den nachehelichen Unterhalt zu befristen?

Freundliche Grüße


P.S.: Es ist davon auszugehen, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Kindes entweder antragsgemäß mir zugeteilt oder geteilt wird.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 14. März 2012 | 00:10

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.

Man kann Ihre Frage, von hier nicht abschließend und sicher beantworten.
Nach der Rechtsprechung des BGH zu § 1572 BGB kommt es zunächst nicht darauf an, ob die Krankheit bei Eheschließung vorhanden war oder ob die Krankheit während der Ehe aufgetreten ist. Es kommt zunächst nur darauf an, ob die Krankheit eine Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise unmöglich macht. Ihre Argumente spielen aber bei der Befristung eine Rolle. Im Rahmen der Prüfung der Befristung nach § 1578 b BGB ist die entscheidende Frage, ob Ihre Frau ehebedingte Nachteile erlitten hat. Dies scheint in Ihrem Fall offensichtlich nicht der Fall, weil Ihre Frau das eigene berufliche Fortkommen nicht einschränken musste. Auch Ihre eigenen Anstrengungen können im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu Ihren Gunsten berücksichtigt werden.

Ihr Anwalt muss die Befristung einwenden, wenn Ihre Frau nachehelichen Unterhalt gerichtlich einfordert. Ich sehe hier gute Chancen eine Befristung zu erreichen.

Natürlich müsste zunächst Ihre Frau nachweisen, dass Sie krankheitsbedingt nicht voll arbeiten kann. Ansonsten müsste Sie sich auf einen anderen Unterhaltstatbestand berufen. Die Frage der Befristung würde sich aber auch hier stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht und Arbeitsrecht



Bewertung des Fragestellers 19. März 2012 | 20:42

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