Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Angaben summarisch wie folgt beantworten möchte.
Zunächst einmal gehe ich nach Ihren Schilderungen davon aus, dass es sich bei den getroffenen Regelungen um einen echten Ehevertrag im Sinne des § 1408 BGB
handelt.
§ 1408 Absatz 1:
„Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.“
Nach § 1410 BGB
muss ein solcher Vertrag bei gleicher Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden. Sollte dies nicht der Fall sein, ist der Vertrag nach § 125 BGB
formnichtig mit der Folge, dass der gesetzliche Regelfall, d.h. die Zugewinngemeinschaft vorliegt (§ 1363 Absatz 1 BGB
).
§ 1363 Absatz 1 BGB
:
"Die Ehegatten leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbaren."
Sollte die Form gewahrt sein, liegt es nahe, die Klausel als eine Art unverbindliche Absichtserklärung auszulegen. Maßgeblich für die Interpretation ist der Gesichtspunkt eines objektiven Dritten. Ein solcher würde hier keine Verpflichtung zur Durchführung des Zugewinnausgleichs annehmen, da dies einen unlösbaren Widerspruch zu der Vereinbarung des Güterstands der Gütertrennung darstellen würde.
Einen solchen Widerspruch können die Parteien aber erkennbar nicht gewollt haben. Die Klausel ergibt daher nur dann einen Sinn, wenn sie als nicht verpflichtend ausgelegt wird.
Dagegen spricht auch nicht der etwas missverständliche Wortlaut, denn dieser zwingt jedenfalls nicht zu dem Schluss, dies anders zu sehen. Daher kann eine Auslegung nach Sinn und Zweck im obigen Sinne vorgenommen werden, die einzig die genannte Interpretation plausibel erscheinen lässt.
Abschließend bitte ich zu beachten, dass diese Antwort zwar alle wesentlichen Aspekte des von Ihnen geschilderten Falles umfasst, jedoch daneben Tatsachen relevant sein können, die möglicherweise ein anderes Ergebnis nahe legen. Verbindliche Auskünfte sind daher nur im Rahmen einer Mandatserteilung möglich.
Ich hoffe, Ihnen die in diesem Forum angestrebte erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Tobias Kraft
Rechtsanwalt
Der Vertrag wurde notariell und formgerecht geschlossen und im Güterrechtsregister eingetragen.
Ist die (der damaligen Intention entsprechende) Interpretation, während der andauernden Ehe mit einer Gütertrennung leben zu wollen (da mein Mann selbständig ist, sollte im Falle eines Konkurses für Gläubiger kein Zugriff auf mein Vermögen möglich sein), jedoch im Falle einer Scheidung einen Zugewinnausgleich herbeiführen zu wollen nicht auch plausibel ?
Sehr geehrte Fragestellerin,
vor diesem Hintergrund wäre eine solche Deutung, wie die von Ihnen intendierte, zwar grundsätzlich durchaus denkbar. Allerdings ergibt sich die Möglichkeit einer solchen Deutung erst aus Umständen, die nicht aus dem Ehevertrag an sich ersichtlich sind.
Der Zusatz "auf freiwilliger Basis" hätte eigentlich keine selbstständige Bedeutung, wenn dadurch nicht auf die Freiwilligkeit und damit Unverbindlichkeit eines Zugewinnausgleiches hingewiesen werden würde. Schließlich hätte man diesen Annex weglassen können, um eine Verpflichtung festzuschreiben.
Allerdings deutet "vereinbaren" darauf hin, dass eine Verpflichtung schon bestehen soll. Vom Wortlaut her sind daher beide Deutungen möglich.
Wenn der gemeinsame Wille, sich bei Vertragsschluss bereits auf den Zugewinnausgleich im Falle der Scheidung zu verpflichten, in Ihrem Ehevertrag an irgendeiner Stelle anklingt, so spricht dies für eine Deutung in Ihrem Sinne. Vor diesem Hintergrund sollten Sie das Vertragswerk noch einmal gründlich lesen bzw. von einem Kollegen durchlesen lassen.
Ich hoffe, Ihnen ein wenig weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Tobias Kraft
Rechtsanwalt