Ausschluss eines Gesellschafters bei einer GmbH

20. Juni 2011 17:29 |
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Gesellschaftsrecht


Beantwortet von

Im Gesellschaftsvertrag einer GmbH ist folgendes festgelegt (für den Sachverhalt relevante Paragraphaen):

"§ 10 Gesellschafterbeschlüsse
(1)Beschlüsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefasst.
(2)Soweit nicht das Gesetz zwingend oder dieser Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsehen, entscheiden die Gesellschafter in allen Angelegenheiten der Gesellschaft durch Beschlussfassung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
(3)Jede 50,00 EUR Nennbetrag eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.
(4)Nur mit 100% der Stimmen aller Gesellschafter können beschlossen werden:

a. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages
b. die Auflösung der Gesellschaft.
c. die Beschlüsse zur Vertretung, Geschäftsführung und Bestellung oder Abberufung
von Geschäftsführern (§ 6, 7 und 8 dieser Satzung).
d. die Errichtung von Zweigniederlassungen oder Beteiligung an anderen Unternehmen.
(5)Soweit das Gesetz nicht zwingend eine Gesellschafterversammlung oder dieser Vertrag die Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit von mindestens 75 % vorsieht, bedarf es der Abhaltung einer Versammlung nicht, wenn sämtliche Gesellschafter sich mit der Beschlussfassung außerhalb einer Versammlung einverstanden erklären.

(.....)"

"§ 14 Gesellschafterveränderungen

(1)Das Ausscheiden eines Gesellschafters führt nicht zur Auflösung der Gesellschaft. Die verbleibenden Gesellschafter haben unverzüglich einen Beschluss zu den Modalitäten der Fortführung zu fassen.

(2)Jeder Gesellschafter kann den Austritt aus der Gesellschaft erklären

a. wenn ein wichtiger Grund im Sinne des allgemeinen Gesellschaftsrechts vorliegt jederzeit;

b. im übrigen nur sechs Monate vor einem Geschäftsjahresende, erstmals zum 01.01.2006. Die Austrittserklärung hat durch eingeschriebenen Brief an die Gesellschaft zu erfolgen.

(3)Ein Gesellschafter ist verpflichtet, ohne seine Zustimmung aus der Gesellschaft auszuscheiden,

a. wenn und sobald über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird, sofort,
b. wenn in seiner Person ein wichtiger Grund eingetreten ist, der für die übrigen Gesellschafter die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit ihm unzumutbar macht, durch Gesellschafterbeschluss - bei dem er nicht stimmberechtigt ist - zu dem in dem Beschluss bestimmten Zeitpunkt, jedoch nicht vor Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter
c. wenn in seinen Geschäftsanteil die Zwangsvollstreckung betrieben und nicht innerhalb von zwei Monaten wieder aufgehoben wird,

(4)Im Falles des Todes eines Gesellschafters sind die Erben oder Vermächtnisnehmer verpflichtet, aus der Gesellschaft auszuscheiden.

(5)Der ausscheidende Gesellschafter oder die Erben oder Vermächtnisnehmer eines verstorbenen Gesellschafters sind verpflichtet, den Geschäftsanteil nach Maßgabe eines Gesellschafterbeschlusses mit der Mehrheit der Stimmen der übrigen Gesellschafter, bei dem der ausscheidende Gesellschafter oder die Erben oder Vermächtnisnehmer des verstorbenen Gesellschafters nicht stimmberechtigt ist, ganz oder geteilt an die Gesellschaft selbst, an einen oder mehrere Gesellschafter oder an von der Gesellschaft zu benennende Dritte zu übertragen oder die Einziehung des Geschäftsanteils zu dulden.

(6)Ein ausscheidender Gesellschafter oder die Erben oder Vermächtnisnehmers eines verstorbenen Gesellschafters erhalten zum Ausgleich eine Abfindung nach Maßgabe dieses Vertrages. Die Abfindung hat der erwerbende Gesellschafter zu zahlen. Mehrere Erwerber sind Teilschuldner. Im Falle der Einziehung von Geschäftsanteilen ist die Abfindung von der Gesellschaft zu zahlen. "

Eine konkrete Abfindungsregel ist in §15 geregelt.

Sachverhalt: Person A besitzt 51%, Person B besitzt 49%. Die Chemie zwischen Person A und B stimmt nicht mehr, grundsätzlich möchte Person B auch aus der GmbH ausscheiden. Über ein Verkauf der Anteile konnte man sich nicht einigen, die Abfindung ist Person B zu niedrig.

Frage:

Würde anhand den Rahmenbedingungen der Ausschluss des Gesellschafters B inkl. Abfindung Sinn machen? bzw. Ausschluss oder Entziehung? Die einfache Mehrheit für Person A ist ja vorhanden. Einen "wichtiger Grund", also irgendetwas ganz konkretes vorgefallenes gibt es nicht - außer dass einfach die Chemie beider Gesellschafter hinten und vorne nicht mehr stimmt.

Wichtig wäre, dass von selber gerichtlichen Maßnahmen angestrengt werden müssten, sondern vom auszuschließenden dann durchgeführt werden müssten, wenn er damit nicht einverstanden ist.

Ich bitte Annahme um eine etwas ausführlichere Antwort über Chancen und Risiken. Danke.

20. Juni 2011 | 22:48

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworte:

1. Ein Ausschluss des Mitgesellschafters aus wichtigem Grund wie es in § 14 Abs. 3b des Gesellschaftervertrages geregelt ist, füllt die gesetzliche Regelung des § 34 GmbHG aus. Eine Einziehung des Gesellschafteranteils gegen den Willen des Gesellschafters B kann nur bei Vorlage eines wichtigen Grundes erfolgen. Hierfür ist eine Zerrüttung des Verhältnisses der Gesellschafter mit dem betreffenden Gesellschafter erforderlich, was hier offenbar nicht vorliegt. Bei einer entsprechenden Beschlussfassung ist der andere Gesellschafter zwar nicht stimmberechtigt, allerdings wird im Nachgang eine gerichtliche Korrektur des Gesellschafterbeschlusses sicherlich eingeleitet werden.

Daher ist diese Vorgehensweise riskant und mit Folgekosten verbunden.

2. Als weitere Möglichkeit könnten Sie überlegen Ihren Anteil selbst zu veräußern. Sie wären dann in der künftigen unternehmerischen Tätigkeit vorbehaltlich der Kenntnis des Geschäftsführervertrages frei. Sie könnten dann in Konkurrenz zu der bestehenden GmbH treten.

3. B soll seine Vorstellung über den Wert seines Anteils mitteilen. Dies sollte durch eine grobe Unternehmensbewertung untermauert werden. Um die Seriosität des Angebotes zu prüfen, könnten Sie B Ihren Anteil für den ermittelten Wert im Verhältnis zu der Höhe Ihres Anteils anbieten. Möglich wäre auch ein Verkauf der GmbH als Ganzes bzw. den Start eines Verkaufsprozesses um einen möglichen Kaufpreis validieren zu können und um dann mit realistischen Werten weiterverhandeln zu können.

4. Soweit die Forderung des B nicht derart wesentlich von Ihrer Vorstellung abweicht, wäre zu versuchen über die Zahlungsmodalitäten eine Annäherung zu erreichen. So wäre eine ratenweise Auszahlung der Abfindung im Barwert niedriger anzusetzen als eine sofortige Einmalzahlung. Alternativ bestünde die Möglichkeit, dass die von Ihnen angesetzte Abfindung gezahlt wird, B aber für einen gewissen Zeitraum einen Gewinnanspruch hat.

5- Schließlich wäre eine Liquidation anzudenken. Allerdings ist hier sowohl die Zustimmung des B erforderlich. Weiterhin erfolgt die Bewertung der GmbH nur zum Liquidations- und damit zum Sachwert.

6. Die Abfindung für die Einziehung der Gesellschafteranteile zu den Konditionen des B ist durch die Gesellschaft zu tragen. Sie können dies akzeptieren und im Nachgang selbst den Austritt aus der GmbH erklären. Hierbei erfolgt dann eine quotenmässige Abfindungszahlung, was im Ergebnis einer Liquidation gleichkommt, aber einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss nicht erforderlich macht. Hier handelt es sich dann um die so genannte Keinmann GmbH.

7. Schließlich wäre auch eine Aufspaltung der GmbH, in dem die jeweiligen Geschäftsbereich, in denen die betreffenden Gesellschafter Ihre Stärken haben aufgeteilt werden und in jeweiligen Gesellschaften verselbständigt werden. Hierbei wäre eine weitere Gesellschaft zu gründen und der abtrennbare Geschäftsbereich auszulagern. Allerdings sind hier die steuerlichen Auswirkungen zu beachten.

Ich hoffe ich konnte Ihnen einige Anregungen mitgeben und stehe im Rahmen der kostenlosen Nachfragemöglichkeit weiter zur Verfügung.

Mit besten Grüßen


Rechtsanwalt Marcus Schröter, MBA

Rückfrage vom Fragesteller 20. Juni 2011 | 23:04

Erstmal vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Mir gehören 51% der GmbH und ich bin gleichzeitig auch Geschäftsführer. Die GmbH läuft gut. Sie soll weder liquidiert werden :-), noch will ich meine Anteile hergeben oder sonstiges.

Ich möchte die GmbH alleine fortführen, eben weil das Verhältnis zum anderen Gesellschafter "zerüttet" ist. Der andere Gesellschafter sieht dies genauso - allerdings ist in Sachen "Abfindung" anderer Meinung, Die im Vertrag festgehaltene Abfindung ist dem anderen Gesellschafter aber zu wenig und unter diesen Bedingungen ist er nicht bereit auszutreten. Das soll er aber - keine andere Option ist interessant.

Daher gibt es nur eine Möglichkeit -> 1! Alle anderen Dinge sind nicht möglich oder bereits in Verhandlungen gescheitert.

Und es ist die Frage ob 1 möglich ist und von vorneherein zum Scheitern verurteilt.

Sie schreiben

"Eine Einziehung des Gesellschafteranteils gegen den Willen des Gesellschafters B kann nur bei Vorlage eines wichtigen Grundes erfolgen. Hierfür ist eine Zerrüttung des Verhältnisses der Gesellschafter mit dem betreffenden Gesellschafter erforderlich, was hier offenbar nicht vorliegt."

Doch, ein zerrüttetes Verhältnis liegt durchaus vor. Es ist halt die Frage ob dies wirklich ein "wichtiger Grund ist".

Bzw. zusammengefasst: Kann man ein "zerrüttetes Verhältnis" und die Mehrheit von 51% dahingehend ausnutzen!?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 21. Juni 2011 | 21:16

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für die Nachfrage.

Der Ausschluss des Gesellschafters muss mit einer qualifizierten Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Da der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung durch den zu beschließenden Ausschluss nicht stimmberechtigt ist, haben Sie eine absolute Mehrheit. Insoweit kann in der Gesellschafterversammlung ein entsprechender Beschluss gefasst werden.

Anders wäre dies, wenn lediglich eine einfache Mehrheit über den Ausschluss des Gesellschafters beschließen würde., hat die Gesellschaft vertreten durch den Geschäftsführer gegen den Gesellschafter eine Ausschlussklage nach § 61 GmbHG analog zu erheben.

Maßgebend für den Ausschluss eines Gesellschafters ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes in der Person oder dem Verhalten des Mitgesellschafters. Rechtsgrundlage für ein Ausschlussrecht ist Gewohnheitsrecht (vgl. BGHZ 9, 157 ), ein bestehendes Dauerschuldverhältnis und die Treuepflicht der Gesellschafter.
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn es Ihnen als Gesellschafter nicht zuzumuten ist die Gesellschaft mit dem anderen Gesellschafter infolge des Verhaltens oder der Persönlichkeit des Gesellschafters fortzuführen.

Ein wichtiger Grund liegt vor, bei
- einer schwere Verletzung der Treuepflicht,
- die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses,
- die schuldhafte Herbeiführung eines tiefgreifenden, unheilbaren Zerwürfnisses unter den Gesellschaftern
- Gründe im innerbetrieblichen Verhalten des Gesellschafters
- Verfehlungen des Gesellschafters im privaten Lebensbereich
- willkürliche und extensive Auslegung von Gesellschafterbefugnissen
- Verhalten vor Eintritt in die GmbH

Wichtig ist hier, dass im Falle eines Gesellschafterbeschlusses über den Ausschluss der auszuschließende Gesellschafter gegen den Ausschluss vorgehen muss. Wird er mit einer Anfechtungsklage tätig, so müssen Sie einen wichtigen Grund darlegen. Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses oder das unheilbare Zerwürfnis ist durch Korrespondenz mit dem Gesellschafter darzulegen. Auch ist darzulegen, dass durch das Zerwürfnis der Gesellschafter der Fortbestand der Gesellschaft gefährdet ist. Hilfreich wäre, wenn dem Gesellschafter eine Verletzung seiner Geschäftsführerpflicht nachgewiesen werden kann. Die bisherigen Verhandlungen und Versuche belegen, dass ein Fortführen mit den bisherigen Gesellschaftern nicht möglich sein wird.

Soweit der ausgeschlossene Gesellschafter den Ausschluss akzeptiert, wird sicherlich Streit über die Höhe der Abfindung entstehen. Hier wird bei einem bestehenden Streit über die Höhe der Abfindung sicherlich ein Sachverständigengutachter durch das Gericht beauftragt, ein entsprechender Beweisantrag unterstellt.

Aus meiner Sicht wird es sich in einem möglichen Gerichtverfahren weniger um die Wirksamkeit des Ausschlusses, sondern um die Höhe der Abfindung drehen. Das Ergebnis eines solchen Gutachtens ist nur schwer vorauszusehen.

Ich hoffe ich konnte Ihre Nachfrage beantworten. Sollten Sie weiteren Beratungsbedarf haben, können Sie sich gerne per Email an mich wenden.

Mit besten Grüßen

ANTWORT VON

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