Sehr geehrte Fragestellerin,
sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste rechtliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen. Ihre Frage beantworte ich hinsichtlich Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes folgendermaßen.
Zunächst vorab: Eine Reisebuchung ist ein verbindlicher Vertragsabschluss zwischen dem Reiseveranstalter und dem Kunde. Nach §651 iBGB hat der Reisende zwar das Recht, jederzeit vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktreten (stornieren), aber der Veranstalter darf dafür eine angemessene Entschädigung verlangen, die sich nach dem Reisepreis unter Abzug ersparter Aufwendungen richtet. Zur Vereinfachung haben Reiseveranstalter pauschale Sätze entwickelt, wie sich aus dem AGBs des vorliegenden Reiseveranstalters ergibt.
Der Gesundheitszustand Ihrer Frau entbindet nicht von Ihrer Schadensersatzpflicht.
Gehen Sie folgendermaßen vor:
1.
Prüfen Sie, ob Sie tatsächlich VOR der Buchung über die Stornomöglichkeiten aufgeklärt wurden. In einem vergleichbaren Fall des Amtsgericht Hamburg (AZ: 14 C 391/07
) konnte der gebuchte Linienflug wegen Flugspartarife nicht storniert werden. Das Reisebüro hatte hier nicht vor Buchung darüber informiert und musste die Flugkosten zahlen.
2.
Sind Sie tatsächlich vor Buchung über die konkreten Stornierungsbedingungen aufgeklärt worden, dann widersprechen Sie schriftlich und nachweislich (per Einschreiben mit Rückschein oder Fax) der Höhe der Stornierungskosten.
3.
Fordern Sie gleichzeitig vom Veranstalter eine konkrete Aufschlüsselung/Zusammensetzung der geforderten Stornierungskosten.
Da Sie bereits 20 % angezahlt haben und nunmehr nochmals 75% Stornogebühren zahlen sollen, ergibt dies 95% des Reisepreises, bei einem Rücktritt 33 Tage vor Beginn der Reise.
Wenn nach Aussage des Reiseveranstalters die pauschalen Stornogebühren nicht anwendbar sind, dann müsste Ihnen eine konkrete Berechnung des entstandenen Schadens vorlegt werden. Dieser kann sich dann ja nur aus max. 100 % Flugkosten und max. der % der Restreisekosten nach den Grundlagen der vorliegenden AGB’s des Reiseveranstalters zusammensetzen. (je nach Reise bei Rücktritt 33 Tage vor Beginn meist 20 %)
4.
Setzen Sie dem Reiseveranstalter zur Aufschlüsselung der Stornogebühren eine Frist zur Bearbeitung.
Sollten Sie im außergerichtlichen Bereich kein Ergebnis erzielen, dann bleibt nur noch die Beschreitung des Gerichtsweges. Im Klageweg können Sie die Forderung des Veranstalters teilweise abwehren und durch das Gericht die Stornogebühren überprüfen lassen.
Die Gerichtskosten richten sich nach dem Streitwert, also den streitigen Stornogebühren, vgl. Gerichtskostengesetz. Da Sie noch nicht wissen, ob die Abrechnung und vor allem in welcher Höhe unberechtigt ist, kann die Höhe der Gerichtskosten nicht benannt werden. Die Höhe der Anwaltkosten bemisst sich regelmäßig nach dem Rechtanwaltsvergütungsgesetz und Grundlage der Berechnung ist auch hier der Streitwert.
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben.
Beste Grüße
Anja Merkel, LL.M.
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Anja Merkel, LL.M.
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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwaeltin-Anja-Merkel-__l103936.html
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Sehr geehrte Frau Merkel,
danke für Ihre sehr konkrete Antwort.
Ich möchte gerade eine Erklärung haben.
Ist der Reiseanbieter durch Gesetz verpflichtet, die Aufschlüsselung (Zusammensetzung) zur Verfügung zu stellen und seine Nachfragen auf Effektivkosten zu basieren?
Oder ist dieses etwas, das während der Gerichtsverfahren entsteht?
Danke für Ihre Antwort noch einmal.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Eine gesetzliche Regelung zur Aufschlüsselung der Stornogebühren gibt es nicht. Jedoch ist bei der Geltendmachung von Schadensersatz (Stornogebühren ist ein Schadensersatz) nur der Schaden zu ersetzen, der vom Geschädigten nachgewiesen wurde. Ein pauschalisierter Schadensersatz ist dann zulässig, wenn dieser bei der Buchung mit einbezogen wurden, z.B. durch Hinweis auf die AGB’s sowie den anwendbaren Pauschalen.
Da der Reiseveranstalter hier vorgibt, die vorliegenden AGB’s gelten nicht, da es sich um einen Linienflug handelt, ist eine Pauschalisierung der Stornogebühren ausgeschlossen. Hier muss der Veranstalter nun konkret nachweisen, welchen finanziellen Schaden er durch Ihren Rücktritt von Vertrag gehabt hat.
Einen solchen Anspruch haben Sie auch schon vor einem Gerichtsprozess, da nur der Schaden geltend gemacht werden kann, der nachgewiesen ist.
Es reicht also nicht aus, wenn Ihnen eine pauschale Zahlungsaufforderung übersendet wird. Die Stornokosten müssten sich also mindestens in Flugkosten und Übernachtungskosten aufschlüsseln lassen.
Sollte Ihnen eine solche Rechnung vorliegen und Sie sind der Meinung, dass diese Kosten nicht entstanden sind, dann müssen Sie nachweisen, dass der Veranstalter geringere Kosten gehabt hat, beispielsweise durch Angabe des Flugpreis, Weitervermietung des Hotelzimmers etc.
Beste Grüße