falsches Montagesystem

28. Februar 2010 13:55 |
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Baurecht, Architektenrecht


Wir haben vom Landkreis das Dach einer Schule angemietet, um dort eine Solaranlage zu betreiben. Das Dach wurde vorher vom Landkreis auf „Solarfähigkeit“ geprüft und dann an uns vermietet.

Das Dach ist ein Zinkdach mit Stehfalzen. Zur Erläuterung: Das Dach wird in Blechbahnen von etwa 80 cm von oben nach unten verlegt. Der Rand dieser Blechbahn ist etwa 3 cm hochgebogen. Die hochgebogenen Ränder zweier Bahnen liegen so nebeneinander und werden dann so miteinander verbogen, dass sie fest halten (das ist eine vereinfachte Darstellung).

Diese Stehfalze werden nun für Bauteile, die auf einem Zinkdach montiert werden sollen hergenommen, um mit Klammern, die zu beiden Seiten der Falz befestigt und zusammengeklemmt werden das Bauteil zu halten.

So gibt es von verschiedenen Herstellern Schneefangsysteme, Trittstufen für den Schornsteinfeger und eben auch Halterungen für die Unterkonstruktion von Solaranlagen solche Klammern.

Dieses System (A) der Befestigung ist also gang und gäbe für Solaranlagen auf Zinkdächern mit Stehfalz.

Als der Landkreis nun auf einem anderen Dach selbst eine Solaranlage betreiben wollte teilte der Firmenvertreter des Zinkdaches mit, dass die Befestigung von Unterkonstruktionen mittels Klammern am Stehfalz nicht zugelassen sei. Es würde zwar überall so gemacht, aber eine Zulassung hätte dieses System nicht.

Daraufhin beauftragte der Landkreis ein Ingenieurbüro, um die Frage zu klären, welches Befestigungssystem verwendet werden dürfe.

Das Ingenieurbüro teilte dem Landkreis mit, dass tatsächlich die Klammern kein zugelassenes Montageverfahren darstellte. Es gäbe nur ein Befestigungssystem (B), das aber direkt auf dem Dach verschraubt werden müsse. Hierfür müssen für jeden Halter (also etwa 150 St. pro Dach) die Blechhaut mit einem Loch von 15 x 25 cm ausgeschnitten werden.

Nun bekommen wir vom Landkreis den Hinweis, dass unser Befestigungssystem nicht zugelassen sei und es nur dieses System B gäbe, das eine Zulassung hätte. Jegliche Haftung würde von Seiten des Landkreises abgelehnt. Eine Aufforderung das System B zu installieren erfolgt aber nicht.

Wir fordern daraufhin die Solarfirma, die die Anlage installiert hat auf, zu dem Befestigungssystem Stellung zu nehmen und erhalten keine Antwort.

Wir fragen beim Landkreis nach, ob Einverständnis besteht, dass wir 150 Löcher ins Dach schneiden und das System B einbauen und erhalten keine Antwort.

Jetzt geht es um zwei Dinge:

1. Falls wir das System B installieren: Wer trägt die Kosten?
2.Wer haftet im Schadensfall?


Zu 1:

Der Solarbauer hat uns schriftlich bestätigt, dass die Anlage unter Berücksichtigung aller Vorschriften und DIN-Normen nach dem Stand der Technik erstellt worden ist.

Frage 1: Müßte der Solarbauer die Kosten einer Umrüstung zahlen oder könnte er von uns die Mehrkosten verlangen?


Zu 2:

Als Betreiber der Anlage haften zunächst einmal wir.

Unsere Haftpflichtversicherung für die Anlage wird aber sagen: „Wenn Sie die Anlage nicht nach dem Stand der Technik erstellt, sondern ein nicht zugelassenes Montagesystem verwendet haben zahlen wir nicht“.

Wir würden dann versuchen diese Haftung auf den Solarbauer abzuwälzen. Gehen wir davon aus, dass dieser dann mglw. pleite ist. Seine Haftpflichtversicherung wird sagen: „Lieber Solarbauer, Sie haben hier grob fahrlässig gehandelt und ein nicht zugelassenes Montagesystem verwendet. Deshalb zahlen wir nicht.“ Dann bliebe noch die persönliche Haftung. Da er –angenommen- pleite ist zahlt er also auch nicht.

Dann käme noch eine Haftung des Klammerherstellers in Frage. Für den gilt dann aber das vorgenannte.

Und schließlich käme noch eine Haftung des Landkreises in Frage, die uns das Dach ja als solarfähig vermietet hat. Der Landkreis wird aber sagen: „Wir haben Sie doch auf das nicht zugelassene System hingewiesen. Wenn Sie die Anlage trotzdem weiter betreiben ist das Ihr Risiko. Wir zahlen nicht“.

Nun meine Fragen zum Haftungsrisiko:

1. Können wir unser Haftungsrisiko dadurch ausschließen, dass wir unserer Betriebs-Haftpflichtversicherung die Art der Befestigung A mitteilen? Dann könnte sie nicht mehr behaupten, sie hätte nicht gewusst, dass wir dieses System verwendet haben.

2. Würde wohl die Haftpflichtversicherung des Solarbauers im Schadensfall haften müssen, auch wenn er -ggf. wider besseres Wissen- hier ein nicht zugelassenes Montagesystem verwendet hat?

3. Können wir unser persönliches Haftungsrisiko dadurch vermeiden, indem wir ab sofort die Anlage auf eine neu zu gründende Firma mit begrenzter Haftung übertragen? Sollte es zu einem Haftungsfall kommen würde die Firma nur bis zu dieser Höhe haften, aber wir würden nicht mit unserem Privatvermögen haften?

4. Dürfen wir die Anlage weiter so betreiben, auch wenn wir jetzt Kenntnis davon haben, dass das Montagesystem nicht zugelassen ist oder m ü s s e n wir jetzt etwas unternehmen? Wenn ja, was würden Sie raten?

Vielen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,

Falls wir das System B installieren: Wer trägt die Kosten?

Als Nebenpflicht aus dem Mietvertrag haben Sie grundsätzlich die Pflicht, die Installation auch in verkehrsgerechter Weise zu betreiben. Wenn also gemäß dem Stand der Technik umgerüstet werden muss (was, wie ich annehme, vor allem Sicherheitsgründe hat), dann werden Sie diese Kosten leider tragen müssen.

Eine zweite Frage wäre es dann, ob Sie Rückgriff bei der Solarfirma nehmen können. Dies kommt in Betracht, wenn Sie auf die Mehrkosten nicht hingewiesen wurden oder die nachträgliche Umrüstung kostspieliger wird als eine ursprünglich korrekte Installation. Dann haben Sie ggfs. einen vertraglichen Schadensersatzanspruch.


Wer haftet im Schadensfall?

Für einen Absturz von Gebäudeteilen haftet grundsätzlich der Besitzer (§ 836 BGB), für die Solaranlage aber vorliegend Sie, da die Voraussetzungen der Ausnahme nach § 837 BGB hier gegeben sind. Das Verschulden wird im Schadensfall gesetzlich vermutet. Sie müssten sich daher entlasten, was kaum möglich sein wird, wenn die Installation nicht dem Stand der Technik entspricht. Hier besteht für Sie also ein erhebliches Haftungsrisiko.


1. Können wir unser Haftungsrisiko dadurch ausschließen, dass wir unserer Betriebs-Haftpflichtversicherung die Art der Befestigung A mitteilen? Dann könnte sie nicht mehr behaupten, sie hätte nicht gewusst, dass wir dieses System verwendet haben.

Eine Anzeige an die Versicherung sollte unbedingt erfolgen.


Würde wohl die Haftpflichtversicherung des Solarbauers im Schadensfall haften müssen, auch wenn er -ggf. wider besseres Wissen- hier ein nicht zugelassenes Montagesystem verwendet hat?

Das kann ohne Kenntnis von dessen Versicherungsvertrag leider nicht beantwortet werden. Ein Direktanspruch gegen den Versicherer dürfte ohnehin nicht bestehen.


Können wir unser persönliches Haftungsrisiko dadurch vermeiden, indem wir ab sofort die Anlage auf eine neu zu gründende Firma mit begrenzter Haftung übertragen? Sollte es zu einem Haftungsfall kommen würde die Firma nur bis zu dieser Höhe haften, aber wir würden nicht mit unserem Privatvermögen haften?

Eine solche Konstruktion dürfte nicht funktionieren, da eine ggfs. haftungsbegründende Kausalkette schon vorher begonnen wurde. Abgesehen davon kommt bei missbräuchlicher Gestaltung (z. B. Gründung einer GmbH, um persönliche Haftung zu vermeiden) auch eine sog. Durchgriffshaftung auf die Gesellschafter in Betracht. Ein weiteres Problem wäre es, dass auch der Mietvertrag geändert werden müsste, da eine rechtlich neue Partei in den Vertrag eintreten müsste.


Dürfen wir die Anlage weiter so betreiben, auch wenn wir jetzt Kenntnis davon haben, dass das Montagesystem nicht zugelassen ist oder m ü s s e n wir jetzt etwas unternehmen? Wenn ja, was würden Sie raten?

Ich würde empfehlen, dass Sie sich unverzüglich an das zuständige Bauordnungsamt wenden und die Anlage prüfen lassen. Nur dort kann Ihnen verbindlich beantwortet werden, ob und ggfs. welche weiteren Schritte unternommen werden müssen.


Mit freundlichen Grüßen

M. Juhre
Rechtsanwalt
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