Zulässigkeit von 95% Stornogebühren bei Gruppenreisen

4. Februar 2025 21:21 |
Preis: 75,00 € |

Reiserecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
Eine Klassenreise wird bei einem Veranstalter für Gruppenreisen, dem Betreiber von Burg Sowieso gebucht, einem Ort für Gruppenreisen. Im Reisepreis sind 20x Übernachtung, 20x Verpflegung, 20x Bettwäsche und 3 Gruppen-Events enthalten. 3 Wochen vor der Fahrt, kommt es zu pädagogischen Problemen in der Klasse und Eltern und Lehrer beschließen die Fahrt zu stornieren. In den AGBs des Veranstalters stehen bis 30 Tage vor Reiseantritt 95% Stornogebühr.

Frage: Sind Stornogebühren in dieser Höhe zulässig? Muss der Veranstalter nicht mindestens die ersparte Verpflegung/Bettwäsche in Anrechnung bringen? Wie sieht die Rechtslage dazu aus?


4. Februar 2025 | 22:00

Antwort

von


(296)
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Die Stornogebühren in Höhe von 95% des Reisepreises, die bis 30 Tage vor Reiseantritt in den AGB des Veranstalters festgelegt sind, erscheinen sehr hoch und könnten unwirksam sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und anderer Gerichte müssen Stornogebühren in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) realistisch und nachweisbar sein. Der Veranstalter ist verpflichtet, die Angemessenheit der Stornogebühren zu beweisen und muss dabei die ersparten Aufwendungen sowie mögliche anderweitige Verwendungen der Reiseleistungen berücksichtigen.



Gemäß § 651h BGB kann der Veranstalter eine Entschädigung verlangen, die sich nach dem Reisepreis abzüglich des Wertes der ersparten Aufwendungen und dessen, was er durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erwerben kann, bemisst. Die Beweislast für die Höhe der Entschädigung liegt beim Veranstalter. Das bedeutet, dass der Veranstalter nachweisen muss, welche Kosten ihm tatsächlich erspart bleiben, beispielsweise durch nicht in Anspruch genommene Verpflegung oder Bettwäsche.



In Ihrem Fall könnte die Klausel, die 95% Stornogebühren vorsieht, unwirksam sein, da sie möglicherweise nicht die ersparten Aufwendungen berücksichtigt. Der Veranstalter müsste konkret darlegen, welche Kosten ihm tatsächlich erspart bleiben und ob er die Reiseleistungen anderweitig verwenden konnte. Ohne eine solche Darlegung würde die pauschale Stornogebühr als unangemessen hoch angesehen werden.



Sie sollten den Veranstalter aufzufordern, die Stornogebühren detailliert zu begründen und die ersparten Aufwendungen sowie mögliche anderweitige Verwendungen der Reiseleistungen darzulegen. Sollte der Veranstalter dies nicht tun, ist der Beweis als Grund für das Einbehalten nicht erbracht. Dann können Sie den Betrag letztlich herausverlangen. Setzen Sie der Gegenseite nachweisbar eine Frist den Nachweis zu erbringen oder zu zahlen. Die Frist sollte angemessen lang sein also 14 Tage.

Grds. kann der VA übrigens pauschal abrechnen aber auch nur in angemessener Höhe. Wenn die Höhe unangemessen ist, muss er die Kosten nachweisen (so in ihrem Fall..)

Anerkannte Pauschalen für einen Schadenersatz sind:
Ferienwohnungen
20% bei Rücktritt bis 61 Tage vor Reisebeginn
50% bei Rücktritt ab dem 60. bis zum 35. Tag vor Reisebeginn
80% bei Rücktritt ab dem 34. Tag vor Reisebeginn

Flugpauschalreisen
20% bei Rücktritt bis 30 Tage vor Reisebeginn
30% bei Rücktritt ab dem 29. bis zum 22. Tag vor Reisebeginn
35% bei Rücktritt ab dem 21. bis zum 15. Tag vor Reisebeginn
45% bei Rücktritt ab dem 14. bis zum 7. Tag vor Reisebeginn
55% bei Rücktritt ab dem 6. Tag vor Reisebeginn

vgl. auch BGH

"https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2014&nr=69633&pos=13&anz=196#:~:text=3%20BGB***%20zu%20zahlen,Reiseantritts%20oder%20bei%20Nichterscheinen%20beansprucht." oberer Absatz " 90% bei No Show bzw. 1 Tag vor Anreise Storno als Pauschale. Auch da liegen Sie drüber..

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 183/2014 Verfahren: X ZR 85/12


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