Zinsen auf Erbfall von 2000 ?

18. April 2013 12:13 |
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Erbrecht


Beantwortet von

Sehr geehrte Rechtsanwälte,
Meine Oma ist am 24.10.2000 gestorben. Sie hat meinem Vater (XXXXX) ein Haus vererbt (bereits 1992 mit Niessbrauchrecht überschrieben) und in der notariellen Vereinbarung von 1992 festgelegt dass mein Vater an seine drei Schwestern (XXXXX) je DM 57.000 (EUR 29.144) innerhalb von 4 Wochen nach Todesfall zu bezahlen hat. Bei Verzug sind Zinsen in Höhe von 3% über dem Bundesbankdiskontsatz im Notarvertrag vereinbart.
Eine Schwester (XXXXX) hat mein Vater in etwa rechtzeitig ausbezahlt.

Mit den anderen beiden Schwestern (XXXXX ) haben wir Kinder meines Vaters jetzt Ärger:
Mit ihnen (XXXXX) hat mein Vater im Frühjahr 2006 (d.h. 5,5 Jahre nach dem Tod meiner Oma) ein Schreiben aufgesetzt (nicht notariell beurkundet, aber handschriftlich mit Datum und alle Beteiligten haben unterschrieben), dass diese sofort in 2006 je EUR 5.000 erhalten und erst nach seinem Tod (von xyz) je EUR 20.000. Von aufgelaufenen Zinsen bzw. Zinsen allgemein ist in diesem Schreiben nichts erwähnt (weder Einschluss noch Verzicht). Es auch nicht auf den Notarvertrag von 1992 Bezug genommen.

Einer der Schwestern (XXXXX) hat er bis Ende 2011 die EUR 20.000 ausgezahlt weil sie Druck gemacht hat. Wenige Tage vor seinem Tod (15.11.2012), hat er dieser Schwester noch das alte Klavier von meiner Oma gegeben (das sie für die Zinsen haben wollte). Sie hat einen Zettel für die Übertragung des Klaviers geschrieben und beide (XXXXX) haben unterschrieben. Der Zettel lautet wörtlich: "Nach Mutti's Tod wurde vereinbart dass XXXXX das Klavier bekommt. Sie kann es innerhalb der nächsten 2 Jahre abholen wenn sie Platz dafür hat. Hiermit sind alle meine Ansprüche abgegolten." Mehr steht nicht auf dem Schrieb.

Der anderen Schwester (XXXXX) hat er bislang nur die EUR 5.000 von 2006 bezahlt.
Mein Vater ist wie erwähnt am 15.11.2012 verstorben und wir (drei Kinder von XXXXX; unsere Mutter ist bereits am 18.09.2012 verstorben) haben das besagte Haus jetzt verkauft. Die beiden Schwestern (XXXXX) wollen jetzt neben dem noch ausstehenden Betrag gemäss Notarvertrag (Differenz von bereits erhaltenem Betrag zu EUR 29.144), die im Notarvertrag von 1992 benannten Zinsen für ca. 11 bzw. 12 Jahre. Im Testament (2008 handschriftlich erstellt) von meinem Vater (XXXXx) stehen die in der "2006er-Vereinbarung" vereinbarten EUR 20.000, die wir als seine Kinder an XXXXX (wobei XXXXX diese ja bereits 2011 erhalten hat) zu bezahlen haben.

Ich kann Ihnen die Unterlagen (2006er-Vereinbarung, 2012-Schrieb von XXXXX) gerne per Email schicken.

Wir (Kinder von XXXXX) sind bereit die EUR 20.000, die im Testament von XXXXX stehen, an XXXXX zu bezahlen und auch den Differenzbetrag zum im Notarvertrag vereinbarten Betrag an XXXXX (je EUR 4.144). Allerdings fordern XXXXX auch die im Notarvertrag (1992) stehenden Zinsen, die natürlich aufgrund der langen Zeit enorm hoch sind.
Sie haben uns aber als "grosses" Entgegenkommen angeboten, dass sie nur EUR 53.000 fordern.

Müssen wir die Zinsen bezahlen?
Gilt die Vereinbarung von 2006? XXXXX sagen diese sei nur ein Aufschub aber kein Zinsverzicht.
Gilt XXXXX Schrieb von 2012 ("hiermit sind alle meine Ansprüche abgegolten"), d.h. kann XXXXX überhaupt noch etwas von uns fordern?
Sind die Ansprüche von XXXXX nicht am 31.12.2012 verjährt (im Zuge der Erbschaftssteuerreform habe ich gelesen dass viele Erbfälle von vor 2009 verjährt sind)?

Vielen Dank für Ihre Hilfe.
Mit freundlichen Grüssen

18. April 2013 | 14:00

Antwort

von


(852)
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Sehr geehrter Fragesteller,

Vielen Dank für die eingestellte Frage. Diese möchte ich aufgrund ihrer Sachverhaltsangaben und in Ansehung des Einsatzes wie folgt beantworten.

Es geht hier doch um einen recht langen Zeitraum und verschiedene Ansprüche, die zwischenzeitlich bedient wurden. Ich möchte daher ein wenig Ordnung in die Geschichte bringen.

Ansprüche aus dem Notarvertrag von 1992 gegen Ihren Vater (W) sind, jeweils an seine Schwestern C, S und I einen Betrag in Höhe von 29.144 Euro innerhalb von 4 Wochen nach dem 24.10.2000 zu zahlen.

Der Anspruch der C gegen W ist durch Erfüllung § 362 BGB untergegangen.
Die beiden Ansprüche der S und I gegen W bestehen insoweit fort.

Hier erhebt sich nun die Frage, ob die Vereinbarung des Notarvertrages durch die schriftliche Vereinbarung aus dem Jahr 2006 ersetzt, abändert oder ergänzt. Hier kommt es auf den genauen Wortlaut und den Erklärungswillen der Vertragspartner an.

So ergeben sich mehrere Möglichkeiten, die ich hier abschließend nicht beurteilen kann, weil der Sachverhalt hier nicht genügend hergibt.

Es könnte angenommen werden, dass W und S und I auf der anderen Seite wollten, dass der Notarvertrag durch den Vertrag aus 2006 ersetzt werde, weil die Vertragspartner sonst ggf. leer ausgehen würden. Sie sollten daher gemessen an der Leistungsfähigkeit vom W jeweils sofort 5.000 Euro erhalten und einen Restbetrag in Höhe von 20.000 Euro mit seinem Ableben.

Oder wie es S und I derzeit darstellen, dass mit dieser Vereinbarung erreicht werden sollte den Anspruch aus 2000 lediglich zu stunden und die Zahlungsvereinbarung und die tatsächlich erfolgten Zahlungen auf die aufgelaufenen Verbindlichkeiten anzurechnen.

Beide Varianten sind insoweit denkbar und beeinflussen das Ergebnis immens.

Im Fall I gegen W würde im schlechtesten Fall eine Forderung von ca. 39.763,78 Euro (8.122,79 Euro Zinsen aus 29.144 Euro bis 30.04.06 + weitere Zinsen bis 18.04.2013 in Höhe von 7.496,99 aus 24.144 Euro zzgl. der offenen Forderung in Höhe von 24.144,00 Euro) anfallen.
Im günstigsten Fall (bei der Annahme der Vertrag ersetze das Gewollte aus den Notarvertrag, also an Erfüllung statt) sind nur noch die vereinbarten offenen 20.000 Euro zu begleichen.

Im Fall S gegen W ähnlich mit dem Unterschied, dass hier eine schriftliche Vereinbarung existiert, aus der hervorgeht, dass mit der Erfüllung (Herausgabe des Klaviers) alle Ansprüche der S abgegolten sein sollen. Auch hier ist der wirkliche Wille soweit er nicht eindeutig ersichtlich durch Auslegung zu ermitteln ist. Hier spricht viel dafür, dass mit der Vereinbarung aus 2006 die Verpflichtung des W aus dem Notarvertrag abgelöst werden sollte. Als Draufgabe solle S noch das gewünschte Klavier bekommen. Eine Rechnung für den schlechtesten Fall könnte ca. so aussehen:
offener Betrag 18.599,68 Euro (8.122,79 Euro Zinsen aus 29.144 Euro bis 30.04.06 + 6.161,90 Euro aus 24.144 Euro seit 30.04.2006 und 170,99 Euro Zinsen aus 4.144 Euro seit 15.12.2011)

Hier wird es im Streitfall sehr stark auf das Argumentationsvermögen Ihres Rechtsbeistandes (so Sie denn einer Klage entgegenstehen, wird diese Angelegenheit vor dem Landgericht verhandelt, hier herrscht Anwaltszwang) ankommen.
Ihre Bereitschaft den weiteren Differenzbetrag in Höhe von 4.114 Euro zu zahlen, sollten Sie solange zurückhalten bis von der Gegenseite Vergleichsbereitschaft signalisiert wird.

Zur Frage Verjährung, bei Notarverträge, die vor dem 01.01.2003 geschlossen wurde gilt das Recht vor dem in Kraft treten des Schuldrechtsänderungsgesetzes von 2002. Nach § 195 BGB aF beträgt die regelmäßige Verjährung 30 Jahre. So denn die Regelung des Notarvertrages durch die Vereinbarung aus dem Jahre 2006 ersetzt wurde, gelten die neuen Verjährungsregelungen. Hier beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährungseinrede muss für deren Wirkung von Ihnen ausgeführt werden, das heißt sie müssen sie gegenüber dem Anspruchsgegner direkt äußern.

Ich hoffe ein wenig Licht ins Dunkel gebracht zu haben, auch wenn es mir wie gesagt nicht möglich war hier eine rechtssicher abschließende Einschätzung abgeben zu können.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle, Rechtsanwalt


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