30. Oktober 2012
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11:40
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Es ist hier mehr als fraglich, ob die Eigentümerversammlung überhaupt mehrheitlich beschließen kann, dass zukünftig alle Fenster neu gestaltet werden. Denn der Austausch eines Fensters ist grundsätzlich geeignet, das optische Erscheinungsbild der Anlage zu verändern und stellt daher regelmäßig eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG dar, siehe z.B. AG Wiesbaden, Urteil vom 10. Februar 2012 - Az. 92 C 5584/11. Es handelt sich nach Ihrer Schilderung auch weder um eine Instandhaltung oder Insztandsetzung noch um eine Modernisierungsmaßnahme oder Anpassung an den Stand der Technik.
Daher wäre für einen solchen Beschluss gemäß § 22 Abs. 1 WEG die Zustimmung jedes Wohnungseigentümers notwendig, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Für die Beurteilung, ob ein Eigentümer beeinträchtigt wird, ist darauf abzustellen, ob nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Lage sich verständigerweise beeinträchtigt fühlen kann (BayObLG WE 1987, 156), wobei die Schwelle der nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung insgesamt eher niedrig anzusetzen ist (BVerfG NZM 2005, 182).
Eine solche Beeinträchtigung dürfte in Ihrem Fall meines Erachtens zu bejahen sein, weil das Vorschreiben einer neuen Fenstergestaltung bei gleichzeitigem Verbot der bisherigen Gestaltung für die Zukunft gegenüber dem früheren Zustand jedenfalls optisch als Beeinträchtigung empfunden werden kann (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2004 - I-3 Wx 298/04 – zukünftiges Verbot von Fassadengrün). Zumal ja das durchgängige Fenster sogar von Ihnen als „Verkaufsargument" gegenüber Mietern angeführt wird, der Einbau eines geteilten Fensters daher eine auffällige und erhebliche Veränderung bedeuten würde. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beibehaltung der Anordnung der Fenster in der Vergangenheit explizit beschlossen wurde, da die Wohnungseigentümer bisher ja diese Fenstergestaltung akzeptiert und als dem Gemeinschaftseigentum zugehörend behandelt haben.
Daher dürfte ein entsprechender Beschluss der Eigentümerversammlung ohne Ihre Zustimmung je nach konkretem Inhalt nichtig, zumindest aber rechtswidrig sein. Ein Eigentümerbeschluss, der die Zulässigkeit baulicher Veränderungen abweichend von § 22 I WEG generell und mit Dauerwirkung regelt, ist schon mangels Beschlusskompetenz nichtig, so das BayObLG, Beschluss vom 26.06.2004 - 2Z BR 88/04. Zumindest dürfte ein solcher Beschluss aufgrund der oben bejahten Beeinträchtigung aber rechtswidrig und somit anfechtbar sein, wenn er ohne Ihre Zustimmung ergeht.
Dies gilt zumindest, wenn in der Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht abweichend vereinbart wurde, dass über bauliche Veränderungen mit (qualifizierter) Mehrheit der beeinträchtigten Wohnungseigentümer beschlossen werden kann. Ein solcher Mehrheitsbeschluss soll aber nur möglich sein, wenn sachliche Gründe hierfür vorliegen und die nicht zustimmenden Wohnungseigentümer nicht unbillig benachteiligt werden (strittig, vgl. z.B. BayObLG, Beschluss vom 21-11-1989 - BReg. 2 Z 123/89).
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking