Volljährigenunterhalt - Berufskolleg

1. Februar 2007 22:14 |
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Familienrecht


Beantwortet von

Ausgangssituation:

Ich bin in zweiter Ehe verheiratet und habe noch eine 5 jährige Tochter Alexandra. Wir leben in Sachsen. Mein durchschnittliches Nettoeinkommen beträgt 1.680 €.

Aus meiner ersten Ehe stammt meine Tochter Isabel, welche am 04.05.2007 18 Jahre alt wird. Sie lebt gemeinsam mit Ihrer Mutter und ihrem 11 jährigen Halbbruder in Baden-Württemberg. Isabels Mutter geht arbeiten und erzielt nach meinem Kenntnisstand ein Einkommen in Höhe von ca. 1500 € Netto.

Isabel hat folgende Ausbildungen absolviert bzw. absolviert diese noch:
2004 Hauptschulabschluß
2006 Fachabschluß Gesundheit und Pflege
z. Zt. absolviert Sie ein 1jähriges Berufskolleg Profil „Gesundheit und Pflege“ lt. Aussage der Schule soll das Berufskolleg ähnlich einer Berufsfachschule die Allgemeinbildung vertiefen und Grundbildung im Bereich „Gesundheit/Pflege“ vermitteln; anschließend möchte sie ab Herbst 2007 ein zweites Berufskolleg „Gesundheit und Pflege“ absolvieren, um das Fachabitur (Erreichen der Fachhochschulreife“)zu machen.

Nun meine Fragen:
1.
Meiner Meinung nach hat Isabel die allgemeine Schulbildung mit dem Fachabschluß Gesundheit und Pflege beendet. Das Berufskolleg I und II vermitteln neben allgemeinen Ausbildungsinhalten eine auch auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung. Demzufolge wäre Isabel ab 18 keine priviligierte Volljährige gemäß § 1603 II BGB. Ist diese Meinung richtig?

2.
Unterhaltsberechnung ab dem 18. Geburtstag von Isabel, wenn Sie nicht als privligierte Volljährige gilt. (Muster)

Einkommen Vater:
1.680 €
- 84 € 5% berufsbedingte Aufwendungen
- 47 € hälftige Betreuungskosten für Alexandra
1.549 € bereinigtes Einkommen

Einkommen Mutter
1.500 €
- 75 € 5% berufsbedingte Kosten
1.425 € bereinigtes Einkommen

2.974 € Einkommen gesamt
524 € Unterhalt Isabel Stufe 9 der 4. Altersstufe DT

Vater: 524€ : 2974€ x 1549€ = 273 € - 77€ KiG = 196 €
Mutter:524€ : 2974€ x 1425€ = 252 € - 77€ KiG = 175 €

Ist diese Musterrechnung so richtig?

Vielen Dank. Holger


-- Einsatz geändert am 01.02.2007 22:41:53
Eingrenzung vom Fragesteller
1. Februar 2007 | 22:34
1. Februar 2007 | 23:49

Antwort

von


(106)
Anwandener Straße 43
90431 Nürnberg
Tel: 0911 25395207
Web: https://www.Gabriele-Koch.de
E-Mail: Gabriele-Koch@t-online.de
Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich anhand des geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworte:

Privilegiert i.S.d. § 1603 II 2 BGB sind volljährige Kinder, die sich noch in der „allgemeinen Schulausbildung“ befinden. Was darunter zu verstehen ist, wird nach dem Urteil des BGH (NJW 01, 2633) in Anlehnung an § 2 I Nr. 1 BaföG ermittelt, das sind also

weiterführende allgemeinbildende Schulen und Berufsfachschulen, einschließlich der Klassen aller Formen der beruflichen Grundbildung, ab Klasse 10 sowie von Fach- und Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt,

Dazu gehört auch ein Berufskolleg (OLG Köln FamRZ 03, 179)

Es ist daher davon auszugehen, dass Ihre Tochter privilegiert ist.

Nun zu Ihrer Musterberechnung:

Richtig ist, dass vom Einkommen berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen sind (nach den Dresdner Leitlinien eigentlich konkret mit Nachweis, ggf. aber auch pauschal). Der "Betreuungsbonus“ ist jedoch nicht abzugsfähig. Daraus ergibt sich ein Gesamteinkommen beider Elternteile i.H.v. 3021 EUR und somit ein Unterhaltsanspruch von 536 EUR.

Hiervon ist dann das Kindergeld abzuziehen (BGH Urteil vom 30.11.05, Az. XII ZR 34/03), bleiben also noch 382 €, die von den Eltern zu bestreiten sind.

Die Berechnung der Anteile ist auch nicht ganz richtig, diese erfolgt nach der in Ziffer 13.3. der Leitlinien des OLG Dresden angegebenen Formel und führt zu folgenden Zahlungsbeträgen:

Vater 224 EUR
Mutter 158 EUR

Sofern Ihre zweite Ehefrau nicht erwerbstätig sein sollte, müsste nach derzeitigem Recht nun noch eine Mangelfallberechnung durchgeführt werden, da Ihr Einkommen dann nicht ausreichend wäre, um alle Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen. Dies entfällt aber mit dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts zum 01.04.2007, weil dann minderjährige und privilegierte Kinder vorrangig sind.

Ich hoffe, Ihnen damit eine Orientierung gegeben zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Gabriele Koch


Rückfrage vom Fragesteller 2. Februar 2007 | 06:08

Vielen Dank für Ihre Auskunft, welche mir auf jeden Fall weiterhilft.

Eine Nachfrage:
Der Unterhalt für ein priviligiertes volljähriges Kind berechnet sich nach dem selben Schema, wie oben genannt? Also beide Eltern sind Barunterhaltspflichtig, wenn sie einer Tätigkeit nachgehen. Kann sich die Mutter ihrer Barunterhaltspflicht entziehen, weil das Kind bei ihr wohnt und ich werde gemäß meinem Einkommen und der DT allein zur Unterhaltspflicht herangezogen?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 2. Februar 2007 | 09:28

Sehr geehrter Fragesteller,

bei volljährigen Kindern sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig, auch dann, wenn das Kind noch im Haushalt eines Elternteils wohnt BGH Urteil vom 09.01.2002, Az XII ZR 34/00.

Die Berechnung erfolgt nach o.g. Schema und die Mutter kann sich ihrer Unterhaltspflicht auch nicht mit Hinweis auf die Wohnsituation entziehen.

Sofern bei einem oder beiden Elternteilen noch abzugsfähige Ausgaben zu berücksichtigen sind, die hier nicht angesprochen wurden, würde sich das Ergebnis der Berechnung aber natürlich verändern. Das kann jedoch an dieser Stelle nicht überprüft werden.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Koch
Rechtsanwältin

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