Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ich weise vorab auf folgendes hin:
Im Versorgungsausgleich ist in der überwiegenden Zahl der Scheidungsfälle der größte Vermögenstransfer verborgen. Meine Empfehlung lautet daher: gerade wenn es in diesem wirtschaftlich wichtigsten Bereich des Verfahrens Klärungsbedarf oder Misstrauen gibt, sollte ein Rechtsanwalt sich für Sie im Scheidungsverfahren bestellen, da Sie selbst keinerlei Einfluss auf das Verfahren nehmen können.
Dies vorweggeschickt, komme ich nun zu Ihren Fragen:
Der Versorgungsausgleich wird vom Gericht durchgeführt.
Die größte Wahrscheinlichkeit, dass ein Ausgleichsanspruch gemindert wird besteht in der Tat darin, dass falsche oder unvollständige Angaben gemacht werden. Wenn die ursprünglichen Fehler Ihrer Frau nicht inzwischen berichtigt wurden und Sie keine befriedigende Antwort auf den „Fehler" in der Steuererklärung bezogen auf die Riester-Rente erhalten, haben Sie keine Möglichkeit, von sich aus bei Gericht zu reagieren. Das kann nur ein Rechtsanwalt.
Abgesehen von der Nichtangabe von Ansprüchen und Versicherungszeiten gibt es im Bereich der gesetzlichen Ansprüche sowie der Pensionsansprüche praktisch keine Möglichkeit, etwas zu manipulieren.
Ein wenig anders ist es, wenn eine (private) Rentenversicherung mit sogenanntem Kapitalwahlrecht besteht. Das sind Rentenversicherungen bei denen der Versicherte durch einfache Erklärung gegenüber der Versicherung Auszahlung eines einmaligen Betrages statt der Rente verlangen kann. Wenn solche Versicherungen bestehen oder bestanden haben könnten, empfehle ich, einen Rechtsanwalt bereits jetzt mit ihrer Vertretung im Scheidungsverfahren zu beauftragen, damit dieser die geeigneten Anträge stellen kann, die zur Berücksichtigung dieses Umstandes führen. Je nachdem, wie die Gesamtumstände sind und wie der Inhaber solcher Versicherungen agiert, können anderenfalls die Rechte aus so einem Vertrag ohne oder ohne vollständige Kompensation aus dem Versorgungsausgleich herausfallen.
Im übrigen ist es so, dass die Gerichte üblicherweise den beabsichtigten Beschluss zum Versorgungsausgleich den Parteien vorab zur Kenntnis übersenden. Meine Empfehlung lautet, diesen Beschluss genau zu prüfen und gegebenenfalls zusätzlich durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist, müsste der Rechtsanwalt sich für Sie im Scheidungsverfahren bestellen, um ggf. rechtzeitig die notwendigen Anträge zu stellen.
Nach Vorliegen des Scheidungsbeschlusses können Sie nur durch Beschwerde gegen den gesamten Scheidungsbeschluss noch gegen den Versorgungsausgleich vorgehen.
Nach Rechtskraft ist eine Anpassung nur noch aus den in §§ 32 ff VersAusglG genannten Gründen möglich, die in Ihrem Fall nicht vorliegen dürften.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort!
Eine Nachfrage hätte ich noch. Was bedeutet in diesem Zusammenhang "üblicherweise"? Sind die Gerichte dazu nicht verpflichtet und kann es folglich passieren, dass der beabsichtigte Beschluss den Parteien doch nicht vorab zur Kenntnis übersandt wird??
Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage:
Tatsächlich muss das Gericht den beabsichtigten Beschluss streng genommen nicht vorab mitteilen. Insofern unterscheidet sich der Beschluss nicht von anderen Gerichtsentscheidungen.
Einen Anspruch haben Sie aber auf Kenntnis der Tatsachen, die dem Beschluss zugrundeliegen, also de facto auf Übersendung der vom Gericht eingeholten Auskünfte zu den Versorgungsansprüchen. Dies wird auch geschehen.
Da die Angelegenheit in der mündlichen Verhandlung erörtert werden soll und dies bei der komplexen Materie des Versorgungsausgleichs ad hoc kaum möglich ist, wird der beabsichtigte Beschlussinhalt tatsächlich üblicherweise mit der Terminsladung zur Kenntnis gebracht.
Ich hoffe, Ihre Nachfrage ist damit beantwortet. Wenn nicht, fragen Sie einfach per E-Mail (kostenlos) noch einmal.
Mit freundlichen Grüßen
Roger Neumann