Verjährung Pflichtanteil Erbfall

24. Mai 2015 19:21 |
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Erbrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Zusammenfassung

Verjährung Pflichtteilsanspruch
Rechtsänderung ab 01.01.2010

Liebe Berater,

meine Mutter hatte vor ihrem Versterben im Jahr 2009 mit meinem Stiefvater ein Berliner Testament gemacht, das ihn als vorläufigen Alleinerben einsetzt.

Damals wurde ich nicht darüber informiert, dass ich einen Anspruch auf einen Pflichtanteil habe, auch wenn ich damals auch keine Notwendigkeit auf diesen Anteil hatte. Sechs Jahre danach bedinde ich mich jedoch in der Situation einer Unternehmungsgründung, die ich ohne zusätzlich Liquidität wahrscheinlich nicht durchstehen kann. Nachdem mir mein Stiefvater zunächst Unterstützung zugesichert hatte, hat er diese Zusage nun plötzlich wieder zurück genommen.

Bisher ging ich davon aus, dass mein Anspruch auf Pflichtanteil nach 3 Jahren verjährt. Nun bin ich aber auf den folgenden Text gestossen:
BGB Artikel 229, Weitere Überleitungsvorschriften, Par.23.4:
'Im Übrigen gelten für Erbfälle vor dem 1. Januar 2010 die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung. Für Erbfälle seit dem 1. Januar 2010 gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung, unabhängig davon, ob an Ereignisse aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieser Vorschriften angeknüpft wird.'

Das könnte bedeuten - insofern ich mich in der Interpretation nicht irre - dass die Verjährungsfrist bei 30 Jahren liegt und ich durchaus Anspruch auf meinen Pfilchtanteil hätte, weil der Erbfall vor dem 1.Januar 2010 eingetreten ist, und dies ist der Inhalt meiner Frage an Sie.

Ich möchte meinen Stiefvater nicht verklagen, aber in den Gesprächen mit ihm wäre von großer Hilfe, wenn ich hier meine rechtliche Lage kennen würde.

Herzlichen Dank für Ihre Hilfe!

24. Mai 2015 | 20:13

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

Ihre Frage nach der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs (Könnte das bedeuten, "dass die Verjährungsfrist bei 30 Jahren liegt und ich durchaus Anspruch auf meinen Pflichtanteil hätte, weil der Erbfall vor dem 1.Januar 2010 eingetreten ist[?]") beantworte ich wie folgt.

Die 30-Jährige Verjährungsfrist des Rechts vor dem 01.01.2010 gilt leider nicht.

Die Verjährung ist in Art. 229 § 23 Abs. 1 EGBGB ausdrücklich geregelt.
Abs. 4 der Vorschrift bezieht damit "im Übrigen" lediglich auf nichtverjährungsrechtliche Vorschriften.

Abs. 1 S. 1 EGBGB bestimmt: "Die Vorschriften [...] über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung sind auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprüche anzuwenden."

Nach Ihren Angaben ist der Pflichtteilsanspruch 2009 entstanden und bestand damit am 01.01.2010. Somit sind die seit dem 01.01.2010 geltenden Verjährungsregeln anwendbar.

Die alten Verjährungsregeln finden nur Anwendung, wenn nach alter Rechtslage die Verjährung füher eintreten würde als nach neuer (Abs. 1 S. 2).
Das ist nicht der Fall bei 30 zu 3 Jahren.

Abs. 2 S. 1 legt fest: "Bestimmen sich der Beginn und die Verjährungsfrist nach den Vorschriften [...] in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung, beginnt die Frist nicht vor dem 1. Januar 2010. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB endete damit mit Ablauf des 31.12.2012.

Die dreijährige Verjährungsfrist gilt ab Entstehung des Anspruchs (Erbfall) u n d Kenntnis "von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners".

> Da Sie Kenntnis vom Erbfall hatten und auch den Erben kannten und sich nur in der rechtlichen Bewertung geirrt haben, ist der Anspruch leider verjährt.

Verjährung bedeutet aber nicht, dass der Anspruch erlöschen ist, sondern lediglich, dass er nicht mehr durchsetzbar ist, wenn sich der Schuldner auf die Verjährung beruft (§ 214 Abs. 1 BGB).

Nichtsdestotrotz können Sie es mit Art. 229 § 23 Abs. 4 EGBGB versuchen. Vielleicht beeindruckt es Ihren Vater.

(Machten Sie den Pflichtteilsanspruch nach dem Tod Ihrer Mutter erfolgreich geltend, würden Sie - wenn das so [wie üblich] testamentarisch geregelt ist - im Falle des Versterbens Ihres Vaters auch nur den Pflichtteil erhalten).

Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


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