1.
Bei der Ermittlung des Unterhalts bei Getrenntleben gilt zunächst der Halbteilungsgrundsatz, wonach der besser verdienende Ehegatte dem anderen die Differenz zu seinen Einkünften ausgleichen muss. Dieser Halbteilungsgrundsatz wird aber modifiziert durch Berücksichtigung der Erwerbstätigkeit. Je nachdem, welche unterhaltsrechtlichen Leitlinien zur Anwendung kommen, wird von dem bereinigten aus Erwerbstätigkeit erzielten Nettoeinkommen (nicht aber aus sonstigen Einkünften, z.B. Mieteinnahmen) als Arbeitsanreiz jeweils 1/7 bzw. jeweils 1/10 abgezogen, und zwar sowohl bei der Berechnung des Bedarfs als auch der konkreten Höhe des Unterhalts. In Ihrem Fall (OLG-Bezirk Zweibrücken) werden die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (<a class="textlink" rel="nofollow" href="http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?toc=heibo.11250#top" target="_blank">SüdL</a>) zur Anwendung kommen, wonach der Erwerbstätigenbonus 1/10 beträgt.
Die einfache Formel "3/7 von der Differenz der bereinigten Bruttoeinkommen" gilt also in Ihrem Fall nicht, in der vereinfachten Berechnung (nur prägendes und nur Erwerbseinkommen) wären es 9/20. Ein Rechenbeispiel nach der Additionsmethode finden Sie z.B. im (<a class="textlink" rel="nofollow" href="http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?toc=heibo.11250#7/08" target="_blank">Anhang</a> zu den SüdL.
Das Einkommen ist um berufsbedingte Aufwendungen und um berücksichtigungsfähige Schulden zu bereinigen. Auf der Grundlage Ihrer Angaben sind bei Ihnen beiden 5% des monatlichen Nettoeinkommens als Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen (mindestens € 50, höchstens € 150), die Berufsunfähigkeitsversicherung bei einem Angestellten sowie die Lebensversicherungen können nicht abgezogen werden.
Die von Ihnen genannten Schulden für das gemeinsame Haus können grundsätzlich vom Einkommen abgesetzt werden (Zinsen und unter Umständen Instandhaltungskosten), beachten Sie aber, dass der Erwerbstätigenbonus nur von dem Betrag abgezogen wird, der nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen verbleibt (BGH NJW 1999, 717). Die Tilgungsleistungen wirken sich zunächst nicht aus, da sie in dieser Konstellation wie Wohnkosten zu behandeln sind, die aus dem (beiderseitigen) Einkommen zu bestreiten sind.
Wenn die Wohnungen aufgeteilt werden, kann sich eine Änderung der Berechnung ergeben, siehe auch unten zu 3. Denn geleistete Zahlungen können nur bei demjenigen vom unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen abgezogen werden, der sie erbringt oder zu erbringen hat.
2.
Der Wechsel der Steuerklassen in I/I erfolgt nicht sofort, sondern gemäß § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/estg/__38b.html" target="_blank">38b</a> <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/estg/index.html" target="_blank">EStG</a> erst in dem auf die Scheidung folgenden Kalenderjahr.
Dadurch verändert sich dann das jeweilige Nettoeinkommen, in diesem Fall wird der Ehegatte wahrscheinlich etwas mehr Unterhalt bezahlen müssen, da er als der Besserverdienende nachher eine geringere Steuerlast haben wird.
3.
Wenn einer der Ehegatten in der Wohnung bleibt, ist er dem anderen ausgleichspflichtig für den Vorteil mietfreien Wohnens. Dieser Ausgleich findet entweder über eine Korrektur beim Unterhaltsanspruch statt (Faustregel: Hälfte des Mietwertes) oder aber durch Zahlung einer Nutzungsvergütung gemäß § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__745.html" target="_blank">754</a> Abs. 2 <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/index.html" target="_blank">BGB</a> oder gemäß § <a class="textlink" rel="nofollow" href="http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1361b.html" target="_blank">1361b</a> Abs. 3 Satz 2 BGB.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen zu Ihren Fragen die notwendigen und gewünschten Informationen liefern. Sollte noch Etwas unklar geblieben sein, können Sie gerne rückfragen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Geyer,
zuerst einmal Danke für die umfassende Auskunft!
Demnach sind die BU und die zusätzliche private LV des Ehegatten sein "Privatvergnügen" und werden nicht berücksichtigt.
Wie ist das bei den anderen Posten, auf die Sie nicht näher eingegangen sind: die AN zur KV und PV, Direktversicherungen und Riesterrente zur Altersvorsorge, Fahrgeld und die beiden LVs, die zur Absicherung zweier Wohnungen abgeschlossen wurden (von den Banken gefordert)?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Ratsuchende,
die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung sind in der Regel nicht abzugsfähig, außer bei Selbstständigen, oder wenn das Brutto-Einkommen des Unterhaltspflichtigen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt (was hier nicht der Fall ist). Sie müssen also von dem um den Arbeitgeberbeitrag erhöhten Netto- bzw. Auszahlungsbetrag ausgehen.
Anders die Riester-Rente, da Beträge für Altersvorsorge in angemessenem Umfang abzugsfähig sind, dies hatte ich übersehen.
Bei der Direktversicherung kommt es darauf an, wofür sie abgeschlossen wurde. Da es sich aber um einen einmaligen Betrag handelt, ging ich davon aus, dass dieser einkommensneutral ist.
Das Fahrgeld erhöht das Einkommen nur, soweit die tatsächlichen Aufwendungen niedriger sind.
Die Lebensversicherungen dienen zwar gegenüber der Bank zur Absicherung der Hausfinanzierung, unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähige Ausgaben sind es meines Erachtens dennoch nicht, weil sie letztlich eher der Vermögensbildung dienen als der Vermögenserhaltung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt