Umgang mit VSOP im Fall einer Scheidung

7. März 2021 21:49 |
Preis: 51,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von


13:10
Guten Tag,
ich arbeite in einem Startup, und bin über "virtual equity" (VSOPs) an der Wertsteigerung der Firma beteiligt. Der Wert unserer Firma ändert sich im Rahmen der Finanzierungsrunden alle paar Jahre sprunghaft. Natürlich, wenn das Startup keinen Erfolg hat, fällt der Wert auf Null.
Das vertragliche Konstrukt des VSOP ist so gestaltet, dass es sich auf den Wertzuwachs bezieht (mir wurde gesagt, dass ich andernfalls direkt beim Einstieg den aktuellen Wert hätte versteuern müssen).

Nun zur Gemengelage: Ich bin verheiratet ohne Ehevertrag (Zugewinngemeinschaft); eine Trennung+Scheidung steht aus meiner Sicht recht konkret im Raum.

Nun die Frage: wie werden im Zuge der Vermögensaufteilung diese VSOPs behandelt? Und welche Zeitpunkte spielen dabei eine besondere Rolle? (Finanzierungsrunde vs. Zeitpunkt von Trennung bzw. Scheidung?)
Falls zu einem späteren Zeitpunkt die VSOPs mit einem hohen Wert ausbezahlt werden, hat dies Einfluss auf den etwaigen Unterhalt?
7. März 2021 | 22:31

Antwort

von


(550)
Wilhelmstrasse 16
52428 Jülich
Tel: 0246197420
Web: https://www.ratimrecht.de
E-Mail: thomasklein055@gmail.com
Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:


Da Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, ist für den Fall der Ehescheidung ein Zugewinnausgleich vorzunehmen, sofern dies beantragt wird.

Für den Zugewinnausgleich und dessen Berechnung zählen grundsätzlich drei Stichtage.

Dies sind für das Anfangsvermögen der Zeitpunkt der Eheschließung und für das Endvermögen der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages. Um Vermögensverschiebungen zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrages zu verhindern, gilt seit 2009 auch noch der Trennungszeitpunkt als Stichtag, soweit man diesen bestimmen kann.

Dies bedeutet also, dass der Wert des jeweiligen Vermögens der Ehegatten an diesen Tagen bestimmt werden muss und hierüber jeder Ehegatte vom anderen Auskunft verlangen kann.

Für die Bewertung des Endvermögens nach § 1376 II BGB ist der objektive Wert (Verkehrswert) der Vermögensgegenstände maßgeblich. Grundsätze darüber, nach welcher Methode dies im Einzelnen zu geschehen hat, enthält das Gesetz mit Ausnahme der in § 1376 IV BGB genannten landwirtschaftlichen Betriebe nicht.

Gerade bei den virtual equity ist in der Rechtsprechung sehr streitig, ob sie überhaupt dem Zugewinn unterliegen -wofür gute Gründe sprechen- oder aber als Einkommen des Unterhalt unterfallen.

Wenn man sie dem Zugewinn einordnet, ist im Wege der Schätzung eine Bewertung vorzunehmen. Die virtual equitys sind in der Regel mit einem Optionsrecht verbunden, nicht selten auch an den Bestand des Arbeitsvertrages gekoppelt. Hierbei spielt die Wahrscheinlichkeit der Ausübung des Optionsrechts eine entscheidende Rolle. Je höher die Differenz zwischen Kurswert und dem zu zahlenden Optionspreis ausfällt, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Option auch tatsächlich ausgeübt wird. In einem solchen Fall kann der Kurs zum Stichtag abzüglich des zu zahlenden Optionspreises angesetzt werden. Der Risikoabschlag für die Nichteinlösung der Option ist in diesem Fall zu vernachlässigen. Die Steuerlast -da einkommenssteuerpflichtig- ist abzuziehen.

Hierbei spielen beim Zugewinn nur die Stichtage eine Rolle und nicht das, was vorher oder nachher passiert.

Ordnet man Sie, was m.E. richtig ist, dem Zugewinn unter, so hat eine spätere höhere Auszahlung beim Unterhalt keine Relevanz, da dies zu einer unzulässigen Doppelbelastung führen würde.

Da die Rechtsauffassungen zur Einordnung zum Zugewinnausgleich nach wie vor streitig sind, sollte indessen hier in Ihrem Fall die genaue Konstruktion der VSOP anhand der Vertragsunterlagen geprüft werden.

Ich hoffe, Ihnen hiermit vorab geholfen zu haben und stehe für Rückfragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Klein


Rechtsanwalt Thomas Klein
Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

Rückfrage vom Fragesteller 8. März 2021 | 12:55

Hallo Herr Klein,
besten Dank, das ist schon sehr hilfreich!
Folgende Ergänzung / Rückfrage: die virtual equity ist bei mir so gestaltet, dass mir im Falle eines Exits ein gewisser Anteil des Verkaufserlös zusteht - abzüglich des Werts zu dem Zeitpunkt, als mir die Equity zugesagt wurde.
Einen "Kurs" zum Stichtag gibt es nicht, da nicht börsennotiert o.ä. Könnten Sie zur Bewertung noch einen Hinweis geben? Aus meiner Sicht wäre "Bewertung zum Zeitpunkt der letzten vorherigen Finanzierungsrunde" eine Näherung; oder wird versucht, die aktuellen Erfolgsaussichten einzuschätzen und in die Bewertung aufzunemen?
Zur strittigen Frage nach Zugewinn vs Unterhalt: wenn Sie noch ein/zwei Beispielfälle verlinken könnten, wäre dies sehr spannend!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 8. März 2021 | 13:10

Sehr geehrter Fragensteller,

vielen Dank für Ihre email.

Wenn hier kein Kurswert feststellbar ist, wird man eine Bewertung des Anteils zu den jeweiligen Stichtagen durch einen Sachverständigen vornehmen müssen. Es geht dann letztlich um die Bewertung eines Anteilswertes. Dieser ist aber immer stichtagsbezogen zu ermitteln, also zum Zeitpunkt der Eheschließung, ggf. Trennung und -für das Endvermögen- zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages.

Da der Zugewinnausgleichsanspruch ausschließlich auf diese Stichtage abstellt, sind andere Zeitpunkte und Annäherungswerte für ihn nicht relevant.

In der juristischen Fachliteratur wird die Problematik zur Zeit diskutiert, wobei hier eine sehr gute Zusammenfassung, die auch im Internet teilweise abrufbar ist, von Kuckenburg, Unternehmen und Unternehmer im Familienrecht, vorgenommen wird.

Dies ist teilweise abrufbar unter www.beck-shop.de

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Klein

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