Üble Nachrede in Klageschrift bei Forderungsverfahren

25. Januar 2008 00:13 |
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Strafrecht


Guten Abend,

mit der ehemaligen Nachhilfelehrerin meiner Tochter ist ein Streit über Forderungen entstanden. Sie hat daher vor dem Amtsgericht eine Klage erhoben. In der Klageschrift, die mir gestern zugestellt wurde, heisst es:

"Ich möchte noch kurz darauf hinweisen, dass es in dem Jahr der Zusammenarbeit mit [der Beklagten] diverse andere Situationen gab, in denen sie sich des Instruments der (Not- ) Lügen bediente."

Im Folgeabsatz beschreibt die Klägerin, dass ich fälschlicherweise behauptet hätte krank gewesen zu sein um Stornokosten zu vermeiden. Zum angegebenen Zeitraum war ich tatsächlich nicht krank, hatte dies aber auch nicht behauptet.

Die Bezichtigung der Lüge müsste daher nach meinem Verständnis als üble Nachrede strafbar sein. Ich habe auch schon einiges darüber recherchiert und weiss bereits, dass diese im Regelfall über eine Privatklage (da kein öffentliches Interesse) verfolgt werden könnte.

Meine Frage ist nun, ob es insbesondere mit Hinblick auf das laufende Verfahren bzgl. der strittigen Forderung weitere Empfehlungen gibt? Kann ich darauf bestehen, dass diese Aussage gestrichen oder zurückgezogen wird?

Vielen Dank im Voraus.
Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Frage unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes gerne wie folgt.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist Ihnen, bezogen auf den zitierten Vortrag aus der Klageschrift, im Falle der unwahrheit das Bestreiten derselben zu raten. Grundsätzlich ist die Klägerin mit Ihrer Behauptung, so es im Verfahren hierauf überhaupt ankommt, darlegungs- und beweispflichtig. Der Vortrag alleine hat prozessual keine Bedeutung, so lange er nicht mit Beweisangeboten gestützt wird. Man nennt dies unsubstantiierten Vortrag.

Insoweit bleibt es Ihnen überlassen, ob Sie einfach bestreiten wollen oder, soweit vorhanden, entsprechenden Gegenbeweis anbieten wollen. Bspw. bietet es sich an, Zeugen zu benennen, wenn die klagende Partei sich daurauf bezieht, dass die Aussage bspw. in einem Gespräch unter Zeugen gefallen sein soll.

Jedenfalls haben Sie keinen Anspruch, dass dieser Vortrag gestrichen wird. Wie ausgeführt hat er unsubstantiiert sowieso keine Bedeutung.

Zutreffend ist weiter Ihre Feststellung, dass hier eine Strafanzeige wegen übler Nachrede wohl kein großer Erfolg beschieden sein dürfte. Man könnte sogar überlegen, ob es nicht bereits an der Tatbestandsmäßigkeit mangelt. Allerdings gilt im Zivilverfahren die prozessuale Wahrheitspflicht. Bewusst falsche Angaben zum Zwecke des Prozessgewinnes können u.U. den Tatbestand des (versuchten) Prozessbetruges erfüllen. Dies ist jedoch letztendlich erst nach Abschluss des Verfahrens zu beurteilen.

Ich hoffe Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Marc N. Wandt
Rechtsanwalt
Rückfrage vom Fragesteller 25. Januar 2008 | 00:33

Sehr geehrter Herr Wandt,

vielen Dank für die schnelle und umfassende Antwort, insbes. Ihre Ausführungen zum unsubstantiierten Vortrag.

Noch eine kurze Frage. Sie schreiben:

> Man könnte sogar überlegen, ob es nicht bereits an der Tatbestandsmäßigkeit mangelt.

Meinen Sie damit, dass es sich u. U nicht um eine üble Nachrede handelt? Warum?

Danke

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 25. Januar 2008 | 16:23

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt.

Der Vortrag müsste geeignet sein, Sie ggü. anderen "verächtlich zu machen". Dies bedeutet, dass Sie als eine Person hingestellt wird, die ihren sittlichen Pflichten nicht gerecht wird (T/F, StGB, § 186, Rdz. 4).

Ob die zitierte Äußerung dem gerecht wird, liegt im Ermessen des zuständigen Sachbearbeiters bei der Staatsanwaltschaft. Es handelt sich hier um eine Wertungsfrage.

Wie bereits ausgeführt, ist diese Frage für das laufende Zivilverfahren nicht entscheidungserheblich, so lange kein substantiierter Vortrag hierzu erfolgt.

Ich verbleibe mit den besten Wünschen für das kommende Wochenende.

Marc N. Wandt
Rechtsanwalt

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