4. Juni 2025
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22:36
Antwort
vonRechtsanwalt Hussein Madani
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Ihre Anfrage betrifft die sozialversicherungsrechtliche Zulässigkeit und rechtssichere Gestaltung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses in einer Unternehmensstruktur, in der Ihre Ehefrau als alleinige Gesellschafterin einer Holding-GmbH fungiert. Diese Holding-GmbH wiederum ist alleinige Gesellschafterin einer operativen GmbH und einer UG (haftungsbeschränkt), in der Sie und Ihre Ehefrau als Geschäftsführer tätig sind und künftig ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingehen möchten.
Nachfolgend finden Sie eine rechtliche Einschätzung unter Berücksichtigung der sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen, der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sowie der praktischen Umsetzung.
1. Sozialversicherungspflicht bei Geschäftsführern – rechtlicher Maßstab
Gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV liegt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor, wenn eine nichtselbstständige Tätigkeit ausgeübt wird, die durch persönliche Abhängigkeit gekennzeichnet ist. Für Fremdgeschäftsführer ohne gesellschaftsrechtliche Beteiligung wird die Sozialversicherungspflicht in der Regel bejaht.
Bei Gesellschafter-Geschäftsführern oder bei Familienangehörigen ist die Prüfung jedoch differenzierter: Besteht eine (mittelbare) Mehrheitsbeteiligung oder eine Sperrminorität, wird regelmäßig von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen. Umgekehrt wird das Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses bei fehlender Beherrschungsmöglichkeit angenommen – insbesondere bei Fremdgeschäftsführern oder angestellten Familienangehörigen ohne Einfluss auf die Gesellschafterentscheidungen.
2. Analyse der bestehenden Struktur
In Ihrer Konstellation ist die operative UG alleinige Tochtergesellschaft einer Holding-GmbH, deren alleinige Gesellschafterin Ihre Ehefrau ist. Sie selbst sind Geschäftsführer der UG, ohne an der Holding-GmbH oder der UG beteiligt zu sein. Damit gelten Sie grundsätzlich als Fremdgeschäftsführer, was die Voraussetzungen für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erfüllt.
Bei Ihrer Ehefrau ist hingegen zu prüfen, ob ihre mittelbare Gesellschafterstellung über die Holding-GmbH zu einer Beherrschungsmöglichkeit führt. Die Deutsche Rentenversicherung erkennt eine mittelbare Einflussnahme als ausreichend für eine selbstständige Tätigkeit an, wenn sie faktisch die Willensbildung in der Tochtergesellschaft bestimmen kann. In einem solchen Fall wäre ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausgeschlossen, weil ein Dienstverhältnis im Sinne einer persönlichen Abhängigkeit fehlt.
3. Gestaltungsmöglichkeiten zur Herstellung der Sozialversicherungspflicht
Da das Ziel nicht die Vermeidung, sondern die rechtssichere Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnisses ist, sollte die Struktur so angepasst werden, dass weder Sie noch Ihre Ehefrau eine beherrschende Stellung in der UG ausüben können.
Für Ihre Person dürfte dies bereits gegeben sein. Bei Ihrer Ehefrau sollten folgende Maßnahmen erwogen werden:
- Änderung der Beteiligungsverhältnisse an der Holding-GmbH: Aufnahme eines dritten Gesellschafters (ggf. mit Sperrminorität), sodass Ihre Ehefrau nicht mehr alleinigen Einfluss auf die operative UG ausübt.
- Stimmrechtsbeschränkung: Gesellschaftsvertragliche Regelungen können so angepasst werden, dass Ihre Ehefrau keine alleinige Sperrminorität mehr ausüben kann. Auch können bestimmte Entscheidungen an weitere Personen gebunden werden.
- Verzicht auf Geschäftsführungsbefugnisse in der UG: Sofern Ihre Ehefrau dort lediglich als Arbeitnehmerin auftritt, aber nicht mehr Teil der Geschäftsleitung ist, kann dies die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses stützen.
- Vertragliche Ausgestaltung: Die Anstellungsverhältnisse sollten arbeitsrechtlich üblich ausgestaltet sein (z. B. Arbeitszeit, Entgelt, Urlaub, Eingliederung in die Arbeitsorganisation, Berichtspflichten).
Ziel muss es sein, dass nach außen hin und aus Sicht der DRV eine klare Trennung zwischen Gesellschafterfunktion und Arbeitnehmerrolle besteht. Die familiäre Beziehung allein steht einer Beschäftigung nicht entgegen, führt jedoch zu erhöhter Prüfung durch die Sozialversicherungsträger.
4. Statusfeststellungsverfahren zur Rechtssicherheit
Zur Vermeidung späterer Nachforderungen und zur Klärung der Versicherungspflicht empfiehlt sich die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Dieses Verfahren dient der verbindlichen Klärung, ob eine selbstständige oder abhängige Beschäftigung vorliegt. Es sollte möglichst zeitnah nach Aufnahme der Tätigkeit beantragt werden, um Rechtssicherheit ab Beginn zu schaffen. Die relevanten Formulare (insb. V0027 und C0032) sind auf der Website der DRV abrufbar.
5. Erforderliche rechtliche Dokumente
Für die Umsetzung sind voraussichtlich folgende Dokumente erforderlich:
- Arbeitsverträge für Sie und Ihre Ehefrau (an die sozialversicherungsrechtlichen Kriterien angepasst),
- ggf. Gesellschaftsvertragliche Änderungen in der Holding-GmbH und/oder der UG,
- Gesellschafterbeschlüsse zur Umstrukturierung,
- Abtretungsverträge oder Beteiligungsregelungen bei Aufnahme weiterer Gesellschafter,
- Protokolle zur Geschäftsführerbestellung oder -abberufung.
Fazit
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in der operativen UG ist für Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit umsetzbar, da Sie nicht gesellschaftsrechtlich beteiligt sind. Für Ihre Ehefrau bedarf es hingegen einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung, um ihre mittelbare beherrschende Stellung abzuschwächen und so die Voraussetzungen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu schaffen. Dies hat aus gesellschaftsrechtlicher Sicht jedoch auch Nachteile. Ein Statusfeststellungsverfahren bietet abschließende Rechtssicherheit.
Ich hoffe diese Informationen helfen Ihnen weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt