Rückgabe des geleasten ID4 wg. möglicher Schadstffbelastung des Innenraums? e

5. Juli 2025 19:19 |
Preis: 30,00 € |

Kaufrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden
https://www.zdf.de/frontal-108

Aufmerksam wurde ich durch o.g. FRONTAL-Beitrag v. 1.7.25. Da geht es im ersten Bericht zwar um Campingbusse, aber am Schluss wird ein ID3/4 gezeigt.
Angesichts der im obigen Beispiel geschilderten DREISTEN VERTUSCHUNGSVERSUCHE hinsichtlich tatsächlich gemessenen Werte bei krebsverdächtiger Substanz, die die Grenzwerte teils um das 35-fache (in Worten: fünfunddreißig!) überstiegen, bewirkte das bei mir, dass man VW generell nicht mehr trauen kann, zumal in diesem Fall die Personen, die betriebsintern auf derartige Probleme angesetzt waren und infolgedessen auf die betr. Risiken tatsächlich aufmerksam gemacht hatten, eine Kündigung bekamen!!!

Meine konkrete Frage: kann man VW nachträglich zwingen, eine Zusicherung bzgl. Schadstoffmangelfreiheit abzugeben 'zugesicherte Eigenschaft gemäß 434 BGB? Bzw vom Leasingvertrag zurücktreten, wenn da nichts kommt?
Vielen Dank für Ihre Antwort, die in meinem Fall nicht innerhalb von Stunden kommen muss, sondern lieber nach ausgiebiger Prüfung zb nach 10 Tagen kommen kann.
R.D.H.

PS.
Ich zahle erstmal gerinste Gebühr, denn Ihre Antwort dürfte zigtausende potentiell Geschädigte interessieren, sodass Sie sich vor Mandaten nicht mehr werden retten können...
5. Juli 2025 | 19:49

Antwort

von


(96)
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40213 Düsseldorf
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E-Mail: tank@kanzlei-tank.de
Sehr geehrter Fragesteller,

1. Nachträgliche Zusicherung einer Eigenschaft gemäß § 434 BGB

a) Rechtslage zur Beschaffenheitsvereinbarung

Nach § 434 Abs. 1 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann ausdrücklich oder konkludent getroffen werden. Eine nachträgliche Zusicherung – also nach Vertragsschluss – ist rechtlich grundsätzlich nicht erzwingbar. Die Beschaffenheit des Fahrzeugs wird im Regelfall im Kauf- oder Leasingvertrag festgelegt.

Wesentlich:
Sie können den Hersteller (hier: VW) nicht einseitig dazu zwingen, nach Vertragsschluss eine zusätzliche Zusicherung abzugeben, wenn dies nicht bereits Vertragsinhalt war. Ein Anspruch auf eine nachträgliche Zusicherung besteht nicht. Die Parteien sind an den einmal geschlossenen Vertrag gebunden. Änderungen oder Ergänzungen bedürfen der Zustimmung beider Seiten.

b) Relevanz von öffentlichen Berichten und internen Vorgängen

Auch wenn Medienberichte oder interne Vorgänge (wie von Ihnen geschildert) das Vertrauen in den Hersteller erschüttern, begründet dies allein keinen Anspruch auf eine nachträgliche Zusicherung. Nur wenn sich aus dem Vertrag, aus begleitenden Unterlagen oder aus dem Verhalten des Herstellers eine bestimmte Beschaffenheit als zugesichert ergibt, kann darauf abgestellt werden.

2. Rücktritt vom Leasingvertrag wegen fehlender Zusicherung oder Mangel

a) Voraussetzungen für den Rücktritt

Ein Rücktritt vom Leasingvertrag ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Maßgeblich ist, ob ein Sachmangel im Sinne des § 434 BGB vorliegt. Ein Sachmangel liegt vor, wenn das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet.

Beispiel:
Wurde im Vertrag zugesichert, dass das Fahrzeug bestimmte Schadstoffgrenzwerte einhält, und stellt sich heraus, dass diese Werte überschritten werden, liegt ein Sachmangel vor. In diesem Fall können Sie nach den §§ 437, 323 BGB grundsätzlich vom Vertrag zurücktreten, wenn eine angemessene Frist zur Nacherfüllung erfolglos verstrichen ist.

b) Beweislast und praktische Durchsetzbarkeit

Sie tragen als Leasingnehmer die Beweislast dafür, dass ein Mangel vorliegt, der zum Rücktritt berechtigt. Medienberichte oder interne Vorgänge können einen Anfangsverdacht begründen, reichen aber für sich genommen nicht aus. Es bedarf konkreter Nachweise, dass Ihr Fahrzeug tatsächlich betroffen ist und die Grenzwerte überschreitet.

c) Sonderfall: Leasingvertrag

Bei Leasingverträgen gelten Besonderheiten. Die Rechte des Leasingnehmers richten sich in erster Linie nach dem Leasingvertrag und den dort vereinbarten Bedingungen. Häufig ist die Sachmängelhaftung auf den Hersteller oder Händler abgewälzt. Ein Rücktritt ist daher nur möglich, wenn ein erheblicher Mangel vorliegt und die vertraglichen Voraussetzungen erfüllt sind.

3. Zusammenfassung und Empfehlung zum weiteren Vorgehen

Eine nachträgliche Zusicherung der Schadstoffmangelfreiheit können Sie von VW nicht einseitig verlangen. Ein Anspruch darauf besteht nicht, wenn dies nicht bereits Vertragsinhalt war.
Ein Rücktritt vom Leasingvertrag ist nur möglich, wenn ein erheblicher Sachmangel vorliegt und die gesetzlichen sowie vertraglichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu müssen Sie nachweisen, dass Ihr Fahrzeug tatsächlich von den Grenzwertüberschreitungen betroffen ist.
Öffentliche Berichte und interne Vorgänge können Anlass für eine Überprüfung geben, ersetzen aber nicht den konkreten Nachweis eines Mangels an Ihrem Fahrzeug.

4. Rechtsprechung

Im Kontext der Sachmängelhaftung bei Abweichungen von vereinbarten Abgasnormen wurde beispielsweise entschieden, dass eine Abweichung von der vereinbarten Abgasnorm einen Sachmangel darstellt (vgl. LG Berlin, Urteil vom 25.04.2007 – 23 O 382/05). Auch ein erhöhter Kraftstoffverbrauch kann einen Sachmangel begründen (LG Ravensburg, Urteil vom 06.03.2007 – 2 O 297/06). Diese Grundsätze sind auf Schadstoffüberschreitungen übertragbar, sofern eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt.

5. Fazit

Sie können VW nicht nachträglich zur Abgabe einer Zusicherung zwingen. Ein Rücktritt vom Leasingvertrag ist nur bei Vorliegen eines nachweisbaren, erheblichen Mangels möglich. Die Beweislast liegt bei Ihnen. Ohne konkrete Anhaltspunkte für einen Mangel an Ihrem Fahrzeug besteht kein Anspruch auf Rücktritt oder nachträgliche Zusicherung.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist

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