Personen des Zeitgeschehens malen und Bilder verkaufen

| 27. August 2023 17:05 |
Preis: 55,00 € |

Urheberrecht, Markenrecht, Patentrecht


Beantwortet von

Ich möchte berühmte Personen des öffentlichen Lebens (z.B. Politik, Unterhaltung, Sport) zeichnen und als digitale Dateien (Icons, Karrikaturen) im Internet für die Weiterverwendung verkaufen. Kann ich das tun oder benötige ich hier deren Einverständnis? Ich habe gelesen, dass Bildnisse von Personen
aus der Zeitgeschichte nicht der Einschränkung der Zustimmung unterliegen.



Einsatz editiert am 27. August 2023 21:34

Einsatz editiert am 29. August 2023 08:43
29. August 2023 | 12:45

Antwort

von


(1239)
Meisenweg 14
41239 Mönchengladbach
Tel: 01722456077
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
E-Mail: razermarquess@gmail.com
Guten Tag,

gemäß § 22 Kunsturherbergesetz (KUG) dürfen Bildnisse grundsätzlich "nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden."
Wichtige Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen Bildnisses ist die Erkennbarkeit des Abgebildeten. Hierfür muss nicht zwangsläufig das Gesicht zu erkennen sein. Eine Person ist auch erkennbar, wenn sie anhand körperlicher Merkmale oder anderer abgebildeten Umstände durch einen bestimmbaren Personenkreis identifiziert werden kann, vgl. BGH GRUR 2000, 715, 716.
Unter die Erkennbarkeit dürften etwa auch Ihre beabsichtigten Karikaturen von Politikern o.ä. fallen.

Vom grundsätzlichen Einwilligungserfordernis macht wiederum § 23 KUG einige Ausnahmen:

So bedürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht der Einwilligung nach § 22 KUG. Der Begriff des Bildnisses aus dem Bereich der Zeitgeschichte ist in diesem Zusammenhang weit zu verstehen. Das Recht der Öffentlichkeit informiert zu werden, umfasst nicht nur historische oder politische Ereignisse, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Ob ein Bildnis zum Bereich der Zeitgeschichte gehört, wird im Übrigen danach bestimmt, ob ein Öffentlichkeitsinteresse besteht. Das ist der Fall, wenn Ihre beabsichtigten Publikationen zeitgeschichtliche Vorgänge oder Ereignisse veranschaulichen.
Dabei kommt auch auch nicht darauf an, ob Ihre bildlichen Darstellungen ernsthaft oder seriös sind, sondern darauf, ob das Bildnis zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt, vgl. BVerfG NJW 2008, 1793 1796.

Ob im Übrigen eine Person der Zeitgeschichte vorliegt und damit die genannte Ausnahme vom grundsätzlichen Einwilligungserfordernis greift, wird anhand einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung zwischen den gegenüberstehenden Grundrechten bestimmt. Es stehen sich das Selbstbestimmungsrecht des Abgebildeten (Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG) und das durch die Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützte Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber.

Zu beachten sind vor diesem Hintergrund nicht zuletzt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 7. Februar 2012, Az. 40660/08 und 60641/08:

So wurde etwa in dem Urteil betont, dass ein öffentliches Informationsinteresse nach den Umständen des Einzelfalles auch an Sportthemen oder ausübenden Künstlern bestehen könne, nicht aber bei mutmaßlichen Eheproblemen eines Staatspräsidenten oder bei Geldsorgen eines bekannten Sängers. Die Krankheit des regierenden Fürsten von Monaco habe etwa als Ereignis aus dem Bereich der Zeitgeschichte angesehen werden dürfen. Im Allgemeinen gelte, dass der Öffentlichkeit unbekannte Personen eines stärkeren Schutzes bedürfen als der Öffentlichkeit bekannte Personen.

Unter Beachtung der genannten Grundsätze dürften Sie Ihr Publikations-/Verkaufsansinnen ohne Einwilligungseinholung der Personen der Zeitgeschichte verwirklichen können.

Mit freundlichen Grüßen


Rückfrage vom Fragesteller 29. August 2023 | 13:11

Sehr geehrter Herr Becker,

vielen Dank für die ausführliche Antwort, diese stimmt mich sehr optimistisch :)

Ein hypothetische Frage würde mich interessieren:
Gesetzt den Fall eine Person die ich gezeichnet habe möchte den Verkauf unterbinden und klagt. Auf was müsste ich mich finanziell einstellen? Muss ich mich auf Anwalts- und Gerichtskosten einstellen oder werde ich davon freigestellet - sofern mir das Gericht recht gibt und ich darf die Bilder weiter ohne Einverständnis verkaufen?



Besten Dank und mit freundlichen Grüßen,

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. August 2023 | 13:44

Das Strafmaß für Verstöße gegen das Kunsturhebergesetz folgt aus § 33 KUG:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen den §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

Im Übrigen kommen folgende Ansprüche bei einem Verstoß in Betracht:

Unterlassung, Geldentschädigung, Schadensersatz, Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung, Auskunft sowie bei anwaltlicher Rechtsverfolgung auch Aufwendungsersatz (wie z.B. Abmahnkosten).

Geldentschädigungen aufgrund von Verletzungen des Rechts am eigenen Bild werden allerdings von den Gerichten regelmäßig nur in seltenen Ausnahmefällen zugesprochen. So etwa wenn eine schuldhaft begangene schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die nicht auf andere Weise als durch Geldzahlung ausgeglichen werden kann.

Als Beispiel seien Geldentschädigungen von 500 € bzw. 7.000 € genannt bei Veröffentlichungen von Nacktbildern oder Bildern sexueller Handlungen (OLG Oldenburg, Beschluss vom 05.03.2018, Az. 13 U 70/17; OLG Hamm, Urteil vom 20.02.2017, Az. I-3 U 138/15).

Sofern Sie einen potenziellen Prozess umfänglich gewännen, dann dürften Sie die Bildnisse weiter verkaufen und müssten auch nicht die angesprochenen Anwalts-/Gerichtskosten tragen.
Das wäre dann Sache der Klägerseite.

Beste Grüße

Bewertung des Fragestellers 29. August 2023 | 13:57

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