Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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Gerne beantworte ich die Punkte systematisch wie folgt:
[b]1. Pflicht zur Deckung von Pflegekosten aus dem Vermögen des Vaters[/b]
Ja, Ihr Vater ist verpflichtet, Pflegekosten aus seinem eigenen Vermögen zu bestreiten, bevor Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege) greift. Das sogenannte Schonvermögen für Pflegebedürftige beträgt in der Regel 10.000 €, wobei allerdings individuelle Umstände berücksichtigt werden. Das Sozialamt wird sein Vermögen bis auf diesen Betrag bewerten und ggf. verwerten, um die Pflegekosten zu decken.
[b]2. Schenkungen zur Reduzierung des Vermögens[/b]
Schenkungen können eine Möglichkeit sein, das Vermögen Ihres Vaters rechtzeitig zu übertragen. Dabei sind jedoch folgende Punkte zu beachten:
Das Sozialamt kann Schenkungen, die innerhalb von 10 Jahren vor Eintritt der Pflegebedürftigkeit vorgenommen wurden, zurückfordern (§ 528 BGB). Diese Regelung unterscheidet sich von der steuerrechtlichen 10-Jahres-Frist bei Erbschafts- und Schenkungsteuer.
[quote]§ 528 BGB Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers
(1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten findet die Vorschrift des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschrift des § 1615 entsprechende Anwendung...(gekürzt)[/quote]
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der Schenkung. Nach Ablauf von 10 Jahren erlischt der Anspruch vollständig (§ 528 Abs. 2 BGB).
Besonderheit: Bei sogenannten "pflegebedürftigen Schenkern" (z. B. Eltern, die auf Pflege angewiesen sind) gilt: Wenn der Schenker nach der Schenkung weiterhin eine Nutzungsmöglichkeit oder einen Nießbrauch an dem Vermögenswert hat, beginnt die Frist nicht zu laufen. Das ist häufig bei Immobilien der Fall.
Eigenbedarf des Vaters: Eine Schenkung sollte nur in dem Maße erfolgen, dass die Lebenshaltungskosten Ihres Vaters gesichert sind, ohne später erneut finanzielle Engpässe zu riskieren.
[b]3. Reihenfolge: Vermögen und Elternunterhalt[/b]
Ihr Verständnis ist korrekt: Das Vermögen Ihres Vaters wird vorrangig eingesetzt. Erst wenn sein Vermögen und Einkommen nicht ausreichen, können Sie als Kind für den Elternunterhalt herangezogen werden. Der Gesetzgeber sieht also keine parallele Heranziehung vor.
[b]4. Übertragung des Vermögens an Sie[/b]
Die Übertragung des Vermögens könnte Vorteile bringen, aber auch Risiken mit sich bringen:
Steuerlicher Vorteil des Elternunterhalts: Elternunterhalt, den Sie leisten, kann grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass Sie tatsächlich zu Unterhaltszahlungen verpflichtet sind (Pflegekosten oder nicht gedeckter Lebensbedarf des Vaters).
Kapitalerträge und Vermögensbesteuerung: Wenn das Vermögen auf Sie übertragen wird, unterliegt es Ihren steuerlichen Verpflichtungen, z. B. Kapitalertragsteuer. Dies könnte den Vorteil der steuerlichen Absetzbarkeit von Elternunterhalt mindern.
Ziehen Sie dazu im Detail einen Steuerberater hinzu, weil das den Rahmen einer Ferndiagnose sprengt.
Jetzt aber zum Kern des Problems, nämlich der
[b]Rückforderung durch Sozialamt:[/b] Sollten innerhalb von 10 Jahren nach der Schenkung Pflegekosten anfallen, könnte das Sozialamt die Schenkung anfechten und eine Rückzahlung verlangen.
Denn der Anspruch auf Rückforderung der Schenkung geht gesetzlich auf das Sozialamt über. Dies ist in § 93 SGB XII geregelt. Sobald der Beschenkte (in Ihrem Fall Sie) eine Schenkung vom Pflegebedürftigen erhalten hat und dieser später Sozialhilfe in Anspruch nehmen muss, kann das Sozialamt in die Rechte des Schenkers eintreten.
Rechtsgrundlage: § 93 Abs. 1 SGB XII. Danach tritt das Sozialamt an die Stelle des Schenkers und kann den Rückforderungsanspruch gemäß § 528 BGB geltend machen.
Zu Ihrer Bonusfrage: Freiwilliger Elternunterhalt
Elternunterhalt kann auch freiwillig geleistet werden, jedoch mit Einschränkungen:
Steuerliche Absetzbarkeit: Freiwilliger Unterhalt für Eltern ist grundsätzlich steuerlich absetzbar (§ 33a EStG). Voraussetzung ist jedoch, dass die unterstützte Person bedürftig ist, d. h. Einkommen und Vermögen des Unterhaltsberechtigten müssen unter bestimmten Freibeträgen liegen.
Bestehendes Vermögen: Solange Ihr Vater über signifikantes Vermögen verfügt, wird er in der Regel nicht als bedürftig angesehen. Daher wäre der freiwillige Unterhalt steuerlich nicht absetzbar, solange sein Vermögen über dem Schonvermögen liegt.
[b]Zusammenfassung und Empfehlung[/b]
Überlegen Sie, ob Schenkungen sinnvoll sind, aber bedenken Sie die 10-Jahres-Rückforderungsfrist des Sozialamts.
Elternunterhalt greift erst nach Verbrauch des Vermögens Ihres Vaters.
Steuerlich könnte Elternunterhalt attraktiv sein, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Eine Übertragung des Vermögens an Sie sollte sorgfältig mit einem Steuerberater und Rechtsanwalt geprüft werden, insbesondere im Hinblick auf Rückforderungsansprüche und steuerliche Auswirkungen.
Empfehlung: Klären Sie die steuerlichen Details mit einem Steuerberater, insbesondere hinsichtlich freiwilliger Unterhaltszahlungen und der Optimierung Ihrer Steuerlast im Kontext von Elternunterhalt. Ein rechtlicher Experte kann Ihnen helfen, potenzielle Rückforderungsrisiken des Sozialamts zu minimieren.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Ihre Antworten haben sehr geholfen, 2 letzte Verständnisfragen hätte ich noch:
1) Sie schreiben
"Eigenbedarf des Vaters: Eine Schenkung sollte nur in dem Maße erfolgen, dass die Lebenshaltungskosten Ihres Vaters gesichert sind, ohne später erneut finanzielle Engpässe zu riskieren."
-> Ist dieser Satz als Zusammenfassung des § 528 BGB gemeint? Also auch bzgl. dieses Satzes gilt die Frist von 10 Jahren des § 528 BGB und selbst bei einer Unterschreitung des Eigenbedarfs kann die Schenkung nach 10 Jahren nicht mehr angefechtet werden, sondern es wird eher Elternunterhalt herangezogen?
2) Sind die Freibeträge bzgl. Einkommen und Vermögen für einen freiwilligen Elternunterhalt einfach zu nennen oder können irgendwo leicht nachgeschlagen werden?
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Gerne auch zu Ihren Nachfragen:
[b]1) Zusammenfassung des § 528 BGB[/b] und die Bedeutung der 10-Jahres-Frist
Der von mir formulierte Satz bezieht sich in der Tat auf die Grundlagen des § 528 BGB, allerdings in einem erweiterten Kontext. Hier die Details:
a) Eigenbedarf des Schenkers (§ 528 BGB)
Kernregelung: Der Schenker kann eine Schenkung zurückfordern, wenn er selbst verarmt und seinen Lebensunterhalt (einschließlich Pflegekosten) nicht mehr bestreiten kann.
Ausnahme nach 10 Jahren: Der Rückforderungsanspruch erlischt gemäß § 528 Abs. 2 BGB vollständig, wenn seit der Schenkung mehr als 10 Jahre vergangen sind.
b) Praktische Bedeutung der 10-Jahres-Frist bei Eigenbedarf
Selbst wenn durch eine Schenkung der Eigenbedarf des Schenkers (z. B. Lebenshaltungskosten) unterschritten wurde, kann diese nach Ablauf der 10 Jahre nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Nach Ablauf dieser Frist wird stattdessen Elternunterhalt herangezogen, sofern der Schenker (z. B. Ihr Vater) bedürftig wird. Das Sozialamt kann in diesem Fall nur noch Sie als Kind in Anspruch nehmen, nicht den Beschenkten.
Ja, die von Ihnen beschriebene Auslegung ist also korrekt: Selbst wenn die Schenkung den Eigenbedarf Ihres Vaters beeinträchtigt, ist nach Ablauf von 10 Jahren kein Rückgriff auf die Schenkung mehr möglich. Stattdessen würde das Sozialamt Ihren Vater auf die Beantragung von Elternunterhalt hinweisen.
[b]2) Freibeträge für freiwilligen Elternunterhalt (Einkommen und Vermögen)[/b]
Die Freibeträge für Elternunterhalt lassen sich relativ klar benennen und sind gesetzlich oder durch Rechtsprechung definiert.
a) Freibetrag beim Einkommen
Eigenbedarf des Kindes:
Kinder, die Elternunterhalt leisten sollen, haben einen "bereinigten" Selbstbehalt von ca. 2.000 € monatlich netto.
Wenn Sie verheiratet sind, beträgt der zusätzliche Freibetrag für den Ehepartner ca, 1.600 € netto.
Darüber hinausgehendes Einkommen wird teilweise herangezogen (in der Regel ca. 50 % des Überschusses).
Kinder mit außergewöhnlichen Belastungen (z. B. hohe Wohnkosten oder Kredite) können einen erhöhten Selbstbehalt geltend machen.
b) Freibetrag beim Vermögen
Kinder müssen nur sogenanntes "überobligatorisches Vermögen" einsetzen, das über eine angemessene Altersvorsorge hinausgeht.
Eine übliche Grenze für geschütztes Vermögen ist das Fünf- bis Siebenfache des Bruttojahreseinkommens (für die Altersvorsorge).
Hinzu kommen angemessene Rücklagen, z. B. für größere Ausgaben oder Notfälle.
c) Anwendung bei freiwilligem Elternunterhalt
Der freiwillige Elternunterhalt (z. B. um das Vermögen des Vaters zu schützen oder ihn zusätzlich zu unterstützen) unterliegt denselben Grundsätzen. Allerdings muss der Vater bedürftig sein, damit diese Zahlungen steuerlich geltend gemacht werden können (§ 33a EStG).
Wo können diese Freibeträge leicht nachgeschlagen werden?
Die Freibeträge für Einkommen und Vermögen sind nicht direkt im Gesetz festgelegt, sondern ergeben sich aus der Rechtsprechung und den Leitlinien der Oberlandesgerichte zum Elternunterhalt. Sie finden diese z.B. in den Leitlinien der Oberlandesgerichte (z. B. Düsseldorfer Tabelle, Abschnitt "Elternunterhalt").
Ich hoffe, Ihnen damit einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt