Antwort
vonRechtsanwalt Christian von der Heyden
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das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist in § 87 Abs. 1 BetrVG geregelt. Nach Nr. 2 der Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen über den "Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage". Dazu gehört auch das Mitbestimmungsrecht in Bezug auf Überstunden, soweit es um die Frage geht, wie sie auf die Arbeitszeit verteilt werden sollen (Richardi, BetrVG, 12. Aufl., Rn. 304). Denn hierdurch werden Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit geregelt. Die Frage, ob Überstunden geleistet werden sollen, fällt hingegen nicht unter das Mitbestimmungsrecht, da der vertraglich geschuldete zeitliche Umfang der Arbeitsleistung nicht unter den Mitbestimmungstatbestand fällt (Richardi, BetrVG, 12. Aufl., Rn. 304). Vor diesem Hintergrund sind Ihre Fragen wie folgt zu beantworten:
Zu 1.: Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist gesetzlich legitimiert und kann von diesem geltend gemacht werden, soweit - (wovon hier auszugehen ist) es für Ihren Betrieb keine anders lautenden tarifvertraglichen Vorschriften gibt oder andere gesetzliche Vorschriften eingreifen (§ 87 Abs.1 BetrVG) und es um die Verteilung der Überstunden geht. Gesetzliche Vorschriften sind z. B. das Arbeitszeitgesetz, wo unter anderem die werktägliche Arbeitszeit begrenzt sowie die Sonn und Feiertagsruhe gesichert werden. Weitere Regelungen finden sich u. a. im Mutterschutzgesetz und im Ladenschlussgesetz.
Der Betriebsrat kann jedoch nicht die grundsätzliche Frage entscheiden, ob Überstunden überhaupt geleistet werden sollen.
Zu 2.:
a) Die Zusage des Mitbestimmungsrechtes ist im Umfang des oben Gesagten legitim (auch ohne Zusage des Geschäftsstellenleiters hätte der Betriebsrat nach dem Gesetz das Recht zur Mitbestimmung).
b) Das Gesetz sieht vor, dass sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf eine Regelung mitstimmungsbedürftiger Angelegenheiten einigen.Kommt es zu keiner Einigung, soll eine Einigungsstelle angerufen werden. Deren Entscheidung ersetzt dann die Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, § 87 Abs. 2 BetrVG. Außerdem besteht die Möglichkeit, das Arbeitsgericht anzurufen und Streitigkeiten über Mitbestimmungsrechte oder deren Umfang im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens zu klären.
Zu den Erfolgsaussichten: Ihren Ausführungen entnehme ich, dass der Betriebsrat lediglich häufig aber eben nicht grundsätzlich die Leistung von Überstunden ablehnt. Daher dürfte es sich um zulässige Regelungen über die Verteilung der Überstunden handeln. Im Ergebnis sind die Erfolgsaussichten daher leider als gering einzustufen. Sofern aber Überstunden grundsätzlich abgelehnt werden, kann dagegen vorgegangen werden.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben und stehe Ihnen für Rückfragen jederzeit zur Verfügung.
Mit besten Grüßen,
Rechtsanwalt Christian von der Heyden
Vielen Dank für die schnelle Beantwortung meiner Anfrage!
Meine einmalige Nachfrage bezieht sich auf folgende konkrete Situation:
Aus betrieblichen Notwendigkeiten (Urlaubszeit, hoher Krankenstand, unerwartet hohes Arbeitsaufkommen) heraus bittet der Arbeitgeber einen Mitarbeiter zur Leistung von 1 Überstunde.
Dem möchte der MA aus eigener Entscheidung Folge leisten.
Beim nun stattfindenden Gespräch zur Genehmigung dieser 1 Überstunde verweigert der Betriebsrat die Ableistung der Überstunde ohne Angabe von Gründen bzw. mit der Aussage: "... man könne dies nicht verantworten".
Ist diese Verweigerung rechtlich im Rahmen des Mitbestimmungsrechtes zur Verteilung legitim oder sind die betrieblichen Notwendigkeiten nicht höher einzustufen?
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:
Der Betriebsrat kann zwar ausnahmsweise dann auch hinsichtlich der Frage, ob Überstunden zu leisten sind, mitbestimmen, wenn damit die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verlängert wird, also das Kollektiv betroffen ist, § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.
Nach Ihren Schilderungen handelt es sich aber hier gerade nicht um einen solchen Fall. Denn hier geht es lediglich um einen einzigen Arbeitnehmer, der nur eine Überstunde ableisten soll. Das Kollektiv ist damit nicht betroffen.
Hinsichtlich der Frage, ob dieser einzelne Arbeitnehmer diese Überstunde ableisten kann, wird es folglich an einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates fehlen, sodass die hier vorliegende grundsätzliche Verweigerung nicht legitim ist.
Darüber, wann diese Überstunde zu leisten ist, kann der Betriebsrat allerdings mitbestimmen.
Ich denke, dass dies zunächst in einem gemeinsamen Gespräch mit dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat klargestellt werden sollte, möglicherweise findet sich so bereits eine Lösung. Anderenfalls sollte die Einigungsstelle eingeschaltet werden.
Mit besten Grüßen,
von der Heyden
Rechtsanwalt