Antwort
vonRechtsanwalt Stefan Pieperjohanns
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Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Eine fristlose Kündigung bedarf immer eines entsprechenden Rechtsgrundes. Der ist in der Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten durch den Arbeitnehmer zu suchen. Einen festgelegten Katalog von absoluten Kündigungsgründen gibt es nicht. Dennoch ist der Diebstahl (zumindest zum Nachteil des Arbeitgebers) ein typischer Fall des Grundes für eine fristlose Kündigung.
Der Arbeitgeber muss bei einer fristlosen Kündigung stets abwägen, ob die Verletzung der vertraglichen Pflicht (hier Treue gegenüber dem Arbeitgeber und dem Gesetz) so schwer wiegt, dass ihm ein Festhalten am Vertrag, auch bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist, nicht zugemutet werden kann. Diese Abwägung nachzuvollziehen ist tatsächlich schwierig, was dazu geführt hat, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen gefällt hat. Zum Diebstahl waren es zuletzt die medienwirksamen Fälle von Arbeitnehmern in Supermärkten, die zum Nachteil des Arbeitgebers handelten und für geringwertige Diebstähle oder Unterschlagungen (Pfandbons/entsorgungspflichtige Brötchen) gekündigt wurden.
Dabei handelte es sich aber immer um Fälle, in denen der Arbeitgeber direkt geschädigt wurde. Was eine Abwägung zu Gunsten einer wirksamen Kündigung sehr viel eher zulässt, da jedem klar ist, dass ein Arbeitgeber kaum einem Dieb vertrauen kann. Trotzdem ist auch dort eine Abwägung notwendig.
In dem Fall Ihrer Tochter wurde ein Verhalten der Arbeitnehmerin gegenüber Dritten als Grund für den Vertrauensverlust herangezogen. Denn der Vermieter (beim Shop in Shop) ist der Geschädigte und die Arbeitnehmerin ist Mitarbeiterin des Mieters. Nun könnte der Arbeitgeber natürlich sagen, ich musste kündigen, weil sonst der Vermieter meinen Mietvertrag gekündigt hätte, aber das ist sein Risiko und nicht das der Arbeitnehmerin. Auch könnte man einen Vertrauensverlust darüber konstruieren, dass wer einmal stiehlt auch beim nächsten Mal beim Kassieren nicht so genau hinguckt. Aber das hätte wohl nur eine Abmahnung begründet.
Insgesamt gehe ich nach den von Ihnen mitgeteilten Fakten und ohne weitere Prüfung von Kündigungsschreiben oder sonstigem Sachverhalt davon aus, dass die fristlose Kündigung nicht rechtens ist. Ihre Tochter könnte und sollte dagegen Klage beim Arbeitsgericht erheben. Dafür braucht sie auch keinen Anwalt, sondern kann das auf der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts tun.
Um kurzfristig an Geld zu kommen, besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Leistungen nach SGB II zu stellen. Die Leistungsgewährung, insbesondere zur Verhinderung der Wohnungslosigkeit, kann auch darlehensweise erfolgen. Sollte das Arbeitsgericht irgendwann feststellen, dass die Kündigung unrechtmäßig war, dann wäre der Lohn an das JobCenter oder das Sozialamt zu zahlen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Stefan Pieperjohanns
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Sorry, dass ich so spät nachfrage. Der Arbeitgeber hat bis jetzt nicht schriftlich gekündigt, es liegt als nur eine mündliche fristlose Kündigung von vor. Das war vor über einer Woche. Er hat aber gegen Quittung die Arbeitskleidung zurückgenommen.
Frage noch: Wenn hier keine schriftliche Kündigung vorliegt, wie soll sich meine Enkelin weiter verhalten? (Arbeitsamt usw.)
Sehr geehrter Fragesteller,
die mündliche Kündigung eines Arbeitsvertrags ist nach § 623 BGB ausgeschlossen. Ihre Tochter hat noch einen WIRKSAMEN Arbietsvertrag. Das Arbeitsamt würde sie wohl wegschicken, da ja noch Ansprüche gegen den Arbeitgeber bestehen.
ACHTUNG:
Sie sollte noch heute bei ihrem Arbeitgeber vorbeigehen und unter Zeugen anbieten, dass sie wieder arbeiten will. Damit setzt sie den Arbeitgeber in sogennanten Annahmeverzug, wenn der weisungsberechtigte Filialleiter o. ä. sie auffordert, wieder zu gehen. Wichtig ist dabei das Gespräch unter Zeugen zu führen oder sogar ein Schreiben mitzubringen, dass man arbeiten wollte, aber der Vorgesetzte einen nach Hause geschickt hat UND dies vom Vorgesetzten abzeichnen zu lassen. Muss er nicht, aber vielleicht tut er es, dann gibt es später im Prozess kein Beweisproblem.
Melden Sie sich gerne bei mir, wenn Sie weitere Unterstützung gegen den Arbeitgeber benötigen. Ich bin bundesweit tätig und übernehme das Mandat gerne.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Pieperjohanns