vielen Dank für die Anfrage. Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür gedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Teilen des Sachverhalts kann es durchaus zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen.
Da Ihre Tochter 6 Jahre alt ist beträgt der Mindestunterhalt für diese nach der Düsseldorfer Tabelle nach Abzug des hälftigen Kindergeldes 272,- € mtl. Der notwendige Selbstbehalt für Erwerbstätige beträgt seit 01.01.2013 mtl. 1.000,- €. Nur Einkommen, dass über diesem Betrag liegt, kann für den Unterhalt Ihrer Tochter herangezogen werden. Nach Ihren Angaben verfügen Sie aber über kein Einkommen oberhalb von 1.000,- €.
Nach Ihren Angaben verfügen Sie aber über erhebliches Vermögen, dass Sie für Ihre Altersvorsorge zurückhalten möchten. Zunächst ist hierzu anzumerken, dass Einkünfte aus dem Vermögen, z.B. Zinsen zu den Einkünften hinzuzurechnen und mitzuberücksichtigen sind.
Nach § 1603 Abs. 2 BGB sind Sie gegenüber Ihrer Tochter verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu Ihrem und der Tochter Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Zu Ihren verfügbaren Mitteln gehört natürlich auch Ihr Vermögen, so dass vertreten werden könnte, dass dieses auch für den Unterhalt Ihrer Tochter verwendet werden muss. Dem könnte entgegen gehalten werden, dass Sie durch die Zahlung des Unterhalts nicht in die Sozialhilfebedürftigkeit getrieben werden dürfen. Es käme hier letztlich auf die konkrete Höhe des Vermögens und auf eine gute Argumentation an.
Die Mutter des Kindes könnte Unterhaltsvorschuss für die Tochter beantragen, wenn Sie für den Unterhalt ausfallen. Der Unterhaltsvorschuss würde 180,- € mtl. betragen, wenn für die Tochter 184,- € Kindergeld bezogen wird. Unterhaltsvorschuss wird aber längstens für 5 Jahre und höchstens bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres gezahlt. Zudem könnte für die Tochter auch Hartz IV beantragt werden. In beiden Fällen wird aber durch die Unterhaltsvorschusskasse oder das Jobcenter geprüft werden, ob nicht doch Sie in der Lage sind, Unterhalt zu zahlen, denn die Ansprüche der Tochter gehen dann auf die Behörde über. Hier müssten Sie dann gut argumentieren, warum das Vermögen nicht berücksichtigt werden kann. Unter Umständen wird man von Ihnen verlangen, sich eine nichtselbständige Arbeit zu suchen, mit der Sie mehr verdienen könnten. Hier wird von der Rechtsprechung zum Teil die Vorlage von 20 Bewerbungen pro Monat verlangt. Denn gegenüber Ihrer minderjährigen Tochter haben Sie eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit.
Etwas anderes könnte aber gelten, wenn die Mutter der Tochter über genügend Einkommen für sich selbst und die Tochter verfügt. Dann wären Sie wiederum nicht gesteigert erwerbspflichtig.
Wie Sie sehen hängt die Frage, ob Sie Unterhalt zahlen müssen, von vielen Einzelheiten ab. Sie sollten sich daher, wenn Sie zum Unterhalt verpflichtet werden sollen, von einem Anwalt vertreten lassen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage geben. Sollte Ihnen noch etwas unklar sein, dürfen Sie gerne die kostenlose Nachfragemöglichkeit nutzen. Wenn Sie zufrieden sind, würde ich mich über eine positive Bewertung freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann
Rechtsanwältin
Sehr geehrte Frau Bellmann,
Vielen Dank für ihre Antwort. Mich würde doch abschließend sehr stark interessieren, wie der BGH die Anrechnung eines Vermögenstammes von ca. 100.000.- berechnet.
Wie erwähnt, bei nicht vorhandener Rentenerwartung, einer statistischen Lebenserwartung von noch 20 Jahren, und einer Unterhaltszahlung in den nächsten 12Jahren von ca.60.000.- Euro an meine Tochter.
Davon mal abgesehen, das ich als 62jähriger für den normalen Arbeitsmarkt nicht mehr existiere und ich auch gar nicht einschätzen kann, wie lange ich überhaupt noch selbständig arbeiten kann.
Ist ihnen vielleicht ein BGH Urteil ohne lange Recherche in dieser Richtung bekannt.
Viele Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
es gibt keine feste Grenze, nach der das Vermögen für den Unterhalt zu verwenden ist.
Ich zitiere aus einem Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 24.04.2008,Az. 5 UF 197/07, das weitere Verweise enthält: "Grundsätzlich hat der unterhaltspflichtige Elternteil bei Fehlen sonstiger finanzieller Mittel auch den Vermögensstamm zur Bestreitung des Kindesunterhalts einzusetzen (BGH FamRZ 1989, 170; OLG Bamberg FamRZ 1999 ,1019; Diederichsen a.a. O. § 1603 BGB Randnummer 3). Die Obliegenheit zum Einsatz des Vermögensstammes findet ihre Grenze jedoch dort, wo der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen tangiert wird. Bleiben die Einkünfte des Elternteils hinter dem notwendigen Eigenbedarf zurück und ist er zur Sicherstellung dieses Existenzminimums auf die Inanspruchnahme des Vermögens angewiesen, so kann ihm auch nach § 1603 Abs. 2 nicht zugemutet werden, den Mindestbedarf des minderjährigen Kindes durch Verwertung seines Vermögens zu decken (BVerfG FamRZ 2001, 1685; BGH FamRZ 1989, 170; 1986,48; Johannsen/Henrich Eherecht, 4.Auflage, § 1603 BGB, Randnummer 14)".
Auch einem Urteil des BGH vom 30.08.2006, Az. XII ZR 98/04 lassen sich einige Grundsätze zur Verwertung des Vermögensstammes entnehmen, die gerade auch die Altersvorsorge betreffen. Zwar ist dies ein Urteil zum Elternunterhalt, die Grundsätze müssten bei Ihnen aber auch gelten.
Sicher haben Sie mit 62 Jahren keine guten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt, es kann aber trotzdem sein, dass Sie dies auch durch konkrete erfolglose Bewerbungen noch nachweisen müssen.
In jedem Falle sollten Sie sich bei Ansprüchen Ihrer Tochter auf Ihre Leistungsunfähigkeit berufen, da Ihr Einkommen unter dem Selbstbehalt liegt.
Gern bin ich auch bereit, Sie in dieser Sache weiter zu vertreten, wenn dies erforderlich wird. Wenden Sie sich bei Bedarf über meine Kontaktdaten an mich.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann
Rechtsanwältin