Kann eine Privatperson bei einer anderen Person Insolvenz anmelden?

8. Februar 2008 09:01 |
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Insolvenzrecht


Hallo,
eine Privatperson hat mich vor 2 Jahren aus einer finanziellen Lage geholfen, indem er mir einen Privatkredit gab. Diesen musste ich mit 1500 € im Monat abzahlen. Das habe ich 1 Jahr lang durchgehalten, was dann aber nicht mehr ging. Ich bin dann wieder zur Bank und wollte das restliche Darlehen aufnehmen. Diese verlangte einen Bürgen. Da ich niemanden hatte, fragte ich den Geldgeber von vorher, ob er das machen würde, damit ich die Hälfte der Rate nur noch habe. Er hat die Bürgschaft übernommen. Jetzt bin ich in einer Situation, wo ich von einer nebenberuflichen Einnahme einen Auftrag gekündigt bekommen hatte wegen Sparmaßnahmen, der natürlich meine finanzielle Situation ruiniert. So schnell komme ich jetzt auch nicht an einen neuen Auftrag. Also unterrichtete ich sofort die Bank, diese setzte einmalig jetzt eine Rate aus. Genauso informierte ich den Bürgen. Er bot sich jetzt an, dass er bis September d.J. die Raten übernimmt, ich ihm allerdings die wiederum entstandenen Schulde bei ihm abzahlen muss. In welcher Form, wird noch besprochen. Die Aufnahme der Ratenabzahlung ab September müsste natürlich noch zusätzlich erfolgen.
Anderenfalls drohte er mir an, dass er eine Privatinsolvenz einleiten würde für mich, dann könnte ich mich auf der Arbeit nicht mehr sehen lassen, weil alles öffentlich würde, mein Gehalt würde gepfändet und, und, und. Ich habe enorme Angst davor, dass er dies einfach so machen kann.
Jetzt brauche ich Ihren Rat, ob er dies überhaupt machen darf. Wie kann ich mich vor so einer Person schützen? Auch, wenn er mir jetzt hilft, vorübergehend die Raten zu zahlen, so kann er mich doch nicht psychisch fertig machen. Ich bedanke mich schon vorher für Ihren Rat.
Sehr geehrte Ratsuchende,

vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform nur dazu dienen soll, Ihnen einen ersten Eindruck der Rechtslage zu vermitteln. Die Leistungen im Rahmen einer persönlichen anwaltlichen Beratung/Vertretung können und sollen an dieser Stelle nicht ersetzt werden.

Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen. Es können nur die wesentlichen Aspekte des Falles geklärt werden.

Aufgrund Ihrer Angaben beantworte ich Ihre Frage wie folgt:

Wie ich Ihren Angaben entnehme, sind Sie nebenberuflich selbstständig. Für Sie gelten daher die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens.

Nach § 14 InsO kann auch ein Fremdantrag eines Gläubigers zulässig sein, wenn dieser ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht.

Eröffnungsgrund kann Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder auch Überschuldung sein, vgl. §§ 17, 18, 19 InsO.

Nach § 14 Abs. 2 InsO ist der Schuldner bei Zulässigkeit des Antrages zu hören.

Sie sehen, ein Fremdantrag ist grundsätzlich möglich. Sie sollten Ihren Gläubiger jedoch darauf hinweisen, dass die Forderung wahrscheinlich im Falle der Eröffnung des Verfahrens verloren wäre. Erfahrungsgemäß ist die Quote, die an die Gläubiger ausgeschüttet werden kann, sehr gering.

Da Sie keinen Kredit bei Ihrer Bank erhalten haben, ohne einen Bürgen zu stellen, ist davon auszugehen, dass Sie keine verwertbaren Vermögensgegenstände haben. Ohne diese gibt es aber auch keine zu verteilende Quote.

Diesen Argumenten wird er sich nicht verschließen können. Solange Sie versuchen, die entsprechenden Raten aufzubringen, wird er Sie auch in Ruhe lassen. Reden Sie immer wieder offen mit ihm, wenn Sie einmal nur einen kleineren Betrag leisten können. Daneben kann er kein Interesse daran haben, dass Sie Aufträge verlieren und sich so Ihr Einkommen schmälert. Dann können Sie schließlich seine Raten nicht mehr begleichen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste rechtliche Orientierung bieten.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Mareike Preu
Rechtsanwältin


www.kanzlei-preu.de

Rückfrage vom Fragesteller 8. Februar 2008 | 11:17

Hallo, erstmal vielen Dank für Ihre super Antwort. Beängstigend ist es für mich aber trotzdem, dass eine andere Person für mich sowas machen kann.

Meine Nachfrage: Da dieser Kredit aber nichts mit dem Nebengewerbe zu tun hat, sondern Privatschulden sind, die durch Scheidungen zu tun haben, die meinen jetzigen Mann und mich selbst auch betroffen hatten, kann er dann auch in meinem Privatleben sowas anmelden?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 12. Februar 2008 | 10:07

Sehr geehrte Ratsuchende,

es kommt nicht darauf an, ob es sich um Privatschulden oder Schulden aus der selbstständigen Tätigkeit handelt. In beiden Fällen ist das "normale" Insolvenzverfahren und nicht das sogenannte Verbraucherinsolvenzverfahren anwendbar, wenn zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung die selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit noch ausgeübt wird.

Sollte die selbstständige Tätigkeit hingegen zum Zeitpunkt des Insolvenzantrages nicht mehr bestehen und Sie weniger als 20 Gläubiger sowie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen gegen Sie vorhanden sein, dann wäre ein Verbraucherinsolvenzverfahren möglich.

Auch in diesem Fall kann jedoch auch ein Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen.

Mit freundlichen Grüßen,

Mareike Preu
Rechtsanwältin

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