ich bedanke mich für das Einstellen Ihrer Frage, welche ich Ihnen anhand der geschilderten Umstände gerne wie folgt beantworten möchte:
Zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 SGB II
1. erwerbsfähige Hilfebedürftige
2. die im Haushalt lebenden Eltern oder ein im Haushalt lebender Elternteil eines unverheirateten, erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils
3. als Partner der hilfebedürftigen Person
1. der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
2. der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner
3. eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen,
4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder von den in den Nummern 1. bis 3. genannten Personen, wenn die Kinder das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können.
Nach § 7 Abs. 3a SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen vermutet, wenn Menschen
* länger als ein Jahr zusammenleben,
* mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
* Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
* befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wobei eine Abgrenzung zwischen Bedarfsgemeinschaften von Wohngemeinschaften (= Haushaltsgemeinschaften)vorgenommen werden muss.
Ein erklärtes Ziel des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende war es, den Nachweis eheähnlicher Gemeinschaften zu vereinfachen und deren Definition auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften auszuweiten. Die Bundesregierung wollte es erschweren, dass sich zusammenwohnende Menschen als Wohngemeinschaft ausgeben, anstatt als anspruchsmindernde Bedarfsgemeinschaft. Aus diesem Grund sah man mit §7 Abs 3a SGB II eine Beweislastumkehr vor. Dadurch kann schon ein einziger dieser Tatbestände genügen, um die Vermutung einer Bedarfsgemeinschaft zu begründen. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung ist umstritten und ungeklärt.
Um die Vermutung einer Bedarfsgemeinschaft zu rechtfertigen, genügt es jedoch nicht, nur in derselben Wohnung zu wohnen, sondern es kommt auf das gemeinsame "zusammenleben" an, es muss also eine Haushalts - und Wirtschaftsgemeinschaft bestehen. Die zuständige Behörde muss also nach wie vor nachweisen, dass es sich um eine Beziehung handelt, die über gemeinsames Wohnen hinausgeht, erst dann darf sie eine Bedarfsgemeinschaft vermuten.Sollten derartige Nachweise in Ihrem Fall bisher nicht geführt worden sein,liegt die Beweislast derzeit noch nicht bei Ihnen, sondern nach wie vor beim Jobcenter.
Die Mitglieder einer Wohngemeinschaft können die Vermutung des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft widerlegen. Bisher gibt es noch keine gefestigte Rechtsprechung, welche Indizien diese Vermutung widerlegen können. Es gibt jedoch einige Urteile, die nahelegen, dass folgende Indizien die Vermutung einer Bedarfsgemeinschaft einzeln oder in Summe widerlegen können, z.B. die Existenz eines Untermietvertrages für die gesamte Wohndauer und tatsächlich erbrachte Mietzahlungen; dies dürfte mit Ihrem Fall vergleichbar sein; Schriftliche eidesstattliche Versicherung der Mitglieder der Wohngemeinschaft, nicht füreinander aufkommen zu wollen.
Auch bei Mitgliedern einer Haushaltsgemeinschaft geht der Gesetzgeber davon aus, dass deren Mitglieder für den Lebensunterhalt eines im gemeinsamen Haushalt lebenden ALG-II-Empfängers aufkommen und berechnet den Arbeitslosengeldanspruch dementsprechend geringer. Einkommen des Mitglieds der Haushaltsgemeinschaft, welches seinen eigenen Lebensunterhalt übersteigt, wird - ebenfalls aufgrund einer gesetzlichen Vermutung (§ 9 Abs. 5 SGB II) - auf den Leistungsanspruch des AlgII-Empfängers angerechnet, wenn das Haushaltsmitglied und der AlgII-Empfänger miteinander verwandt oder verschwägert sind! Da hier bereits weitläufige Verwandtschaft zählt, bekommt unter Umständen ein AlgII-Empfänger erheblich weniger Leistung, weil ein fiktives Einkommen aus der Unterstützung durch den "verdienenden" Verwandten angenommen wird. Auch hier gilt es, diese Unterhaltsvermutung zu widerlegen!
Ich kann Ihnen hier anbieten, dass sie mir Ihre relevanten Unterlagen (Schriftverkehr mit dem Jobcenter) zukommen lassen, um eine detaillierte Stellungnahme gegenüber dem Jobcenter abgeben zu können.
Das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft führt dazu, dass bei der Prüfung, ob der Hilfesuchende bedürftig und damit anspruchsberechtigt ist, nicht nur dessen eigenes Einkommen und Vermögen, sondern auch das Einkommen und Vermögen der mit ihm in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen berücksichtigt wird.
Alle Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft sind daher verpflichtet, der Behörde Auskunft über Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu geben.Da bei Ihnen ja gerade streitig ist, ob eine solche Bedarfsgemeinschaft vorliegt, sollten sie vorerst Ihre Einkommensnachweise zurückhalten, um gegenüber dem Jobcenter Ihren Standpunkt weiter durchsetzen zu können.
Sollte das Jobcenter weiterhin von einer Bedarfsgemeinschaft ausgehen, wird Ihr Einkommen mit angerechnet werden, was im Einzelfall dazu führen könnte, dass Ihrem Untermieter keinerlei Leistungen mehr bewilligt werden. Gegen einen solchen Bescheid sollten Sie umgehend Widerspruch einlegen. Sollten Sie eine weitere rechtliche Betreuung Ihrer Angelegenheit durch mich wünschen, stehe ich Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick ermöglicht zu haben, und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Müller
Rechtsanwältin
Worst case scheint eingetroffen.
Mein Untermieter hat in seinem Schreiben sofort Widerspruch eingelegt und die von ihm geforderten Unterlagen, z.B. Kontoauszüge übersandt, aus denen sich auch die Mietzahlungen ergeben, ebenso den zum Einzug gefertigten Mietvertrag, der aber eigentlich schon den Akten der ARGE vorgelegt hatte. Ebenso hat er mit beigelegt, seine Versuche, eine Wohnung zu finden (konkrete Auszüge von Immoscout, an ihn addressiert. Alle jedoch zu teuer). (Beim Einzug wurde ihm mitgeteilt, dass die Wohnung nicht teurer sein dürfte, als zum Zeitpunkt seines Herzugs, also nicht teurer als sein Mietanteil in der früheren Wohnung, und das war 180 incl. Heizung. Entsprechend erhielt er auch nur soviel Wohngeld und mehr wurde ihm nicht zugesichert.)
Ich habe meinerseits dem Job Center einen Brief geschrieben, dass wir keine Bedarfsgemeinschaft führen, sondern das es sich um ein reines Untermietsverhältnis handelt.
Heute kam der Brief des Job Centers, die lehnen ab. U.a. wird begründet, weil ich meine Gehaltsbescheinigungen nicht mit eingereicht habe. Für mich ist das widersinnig, denn ich verdiene sicherlich aus deren Sicht zu viel. Ich weiß auch nicht, wie ich mit diesen Belegen nachweisen soll, dass wir keine Bedarfsgemeinschaft führen. Aber alleine aus der Tatsache, dass ich genug verdiene, können die doch nicht unterstellen, wir hätten eine Bedarfsgemeinschaft.
Ich sehe mich jetzt gezwungen, dem Untermieter zu kündigen, weil ich ihn unmöglich noch mit unterhalten kann, immerhin war die Miete das erforderliche Zubrot, denn ich habe drei Kinder und muss Unterhalt zahlen und Zahlungsverpflichtungen aus erster Ehe.
Wie soll ich mich verhalten?
Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Nachfrage beantworte ich Ihnen, wie folgt:
Ich gehe davon aus, Ihr Untermieter hat einen nachteiligen Bescheid erhalten?
Es gilt nach wie vor, dass Sie dann keine Bedarfsgemeinschaft bilden, wenn Sie nicht gegenseitig füreinander einstehen wollen. ich werde Ihnen im Laufe des Tages Vergleichsurteile heraussuchen, und Ihnen diese spätestens morgen früh per Email übersenden. Oder Sie schicken mir das Schreiben/den Ablehnungsbescheid des Jobcenters (per Fax oder Email),und ich setze mich direkt mit dem Jobcenter in Verbindung.
Ich gehe davon aus, dass Ihr Untermieter Anspruch auf Beratungshilfe besitzt, so dass ihm für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen durch meine Kanzlei lediglich Kosten in Höhe von 10,00 € entstehen würden. Diese Anspruchsvoraussetzungen könnten auch bei Ihnen erfüllt sein. Teilen Sie mir bitte mit, welches weitere Vorgehen Sie wünschen!
Sie können auf jeden Fall auf meine Unterstützung zählen!
Mit besten Grüßen
Yvonne Müller
Rechtsanwältin