Immobilie, Ehefrau nach Scheidung im Grundbuch, Tod des Ex-Ehemanns

| 4. Mai 2019 12:43 |
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Hauskauf, Immobilien, Grundstücke


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in unter 2 Stunden
Nach der Scheidung blieb mein Ex-Mann im gemeinsamen Haus wohnen, zahlte das Haus weiter ab und übernahm auch alle laufenden Kosten. Ich, seine Ex-Frau, blieb aber weiterhin als Mit- Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Das Haus wurde bei der Scheidung nicht thematisiert.
Nun nach weiteren 20 Jahren, das Haus ist abbezahlt, aber in keinem sehr gutem Zustand, ist mein Ex-Mann verstorben. Er war zuletzt mit einer neuen Lebensgefährtin befreundet, die er wohl auch testamentarisch bedacht hat. Sie hat die Schlüssel zum Haus und nutzt es neben ihrer eigenen Wohnung zumindest teilweise.
Die Gemeinde hat jetzt mit mir Kontakt aufgenommen. Ich sei im Grundbuch eingetragen und müsse daher auch die laufenden Kosten (Wasser, Abwasser, Straßengebühr, Müllgebühr etc.) übernehmen.
Ich habe mehrfach versucht, mit der Erbin Kontakt aufzunehmen, sie aber blockt bisher ab.

1. Ab wann ist sie für das Haus (mit-)verantwortlich? Schon mit dem Testament? Erst mit Erbschein? Oder erst, wenn sie im Grundbuch eingetragen ist? Wie erfahre ich überhaupt, ob sie wirklich die Erbin ist?
2. Muss mich die Erbin ins Haus lassen, um z.B. die von der Gemeinde geforderten Zählerstände abzulesen? Kann ich einen Schlüssel für das Haus fordern?
3. Muss sie nicht die laufenden Kosten bezahlen? Ich habe auch keinerlei aktuelle Unterlagen von dem Haus. Ich weiß also z.B. nicht, ob es ausreichend Haftpflicht versichert ist? Wer ist für diese Dinge jetzt zuständig?
4. Muss sie mir darüber hinaus nicht auch eine Nutzungsentschädigung zahlen, wenn sie weiterhin den alleinigen Zugang zum Haus hat und will?

Wie gehe ich am besten vor?
Ich habe eigentlich kein Interesse an diesem Haus, würde es am liebsten verkaufen und den Erlös zwischen uns aufteilen.
4. Mai 2019 | 14:08

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Lassen sie mich die Reihenfolge der Fragen etwas umstellen, dann ist der Kontext, denke ich, verständlicher.

1. Wie erfahre ich überhaupt, ob sie wirklich die Erbin ist?

Am einfachsten und am sichersten erfahren sie dies über das Nachlassgericht, hierkönnen sie aufgrund eines rechtlichen Interesses Einsicht in die komplette Nachlassakte ihres Ex-Mannes ( inkl. Testament und Erbschein) erhalten, § 357 FamFG, soweit nicht schutzwürdige Interessen eines anderen Beteiligten oder eines Dritten der Einsichtnahme entgegenstehen, § 13 Absatz 2 FamFG. Sie können auch eine Kopie der Nachlassakte fertigen lassen, allerdings auf ihre Kosten, § 13 Absatz 3 FamFG.

Ein berechtigtes Interesse haben sie , weil sie Miteigentümer am Nachlassgegenstand sind und wissen müssen , wer nun neben ihnen neuer Eigentümer ist.

Das dürfte für sie der einfachste und sicherste Weg sein, gerade , wenn die neue Lebensgefährtin Kontaktaufnahmen von ihnen blockt.

Fazit 1: Zunächst sollten sie die Nachlassakte beim Gericht anfordern oder durch einen Anwalt anfordern lassen, hierzu stellen sie einen Antrag schriftlich oder bei der Geschäftsstelle und begründen ihr rechtliches Interesse.

2. Ab wann ist sie für das Haus (mit-)verantwortlich? Schon mit dem Testament? Erst mit Erbschein? Oder erst, wenn sie im Grundbuch eingetragen ist?

Die Lebenspartnerin als Erbin wird mit dem Erbfall ( Tod des Ex-Mannes, § 1922 BGB) Gesamtrechtsnachfolger und damit Eigentümer aller Nachlassgegenstände, einschließlich der Immobilie bzw. des Miteigentumsanteils hieran. Eine Annahme der Erbschaft ist nicht erforderlich und auch die Umschreibung des Grundbuches ist für die Eigentumsverhältnisse zunächst nicht relevant. Aber das Grundbuch ist dann diesbezüglich falsch und muss berichtigt werden, hierfür kann ein entsprechender Antrag auf Grundbuchberichtigung beim zuständigen Grundbuchamt stellen werden, was sie als Miteigentümer ebenfalls veranlassen könnten, da sie ein berechtigtes Interesse haben.

Fazit: Die Lebensgefährtin wird mit dem Tod des Ex-Mannes Eigentümerin. Erbschein und Grundbuch haben nur deklaratorischen Charakter. Haben sie über die Nachlassakte festgestellt, dass die Lebenspartnerin Erbin ist, können auch sie einen Antrag auf Grundbuchberichtigung stellen, damit die Eignentumsverhältnisse korrekt erfasst sind.

3. Muss mich die Erbin ins Haus lassen, um z.B. die von der Gemeinde geforderten Zählerstände abzulesen? Kann ich einen Schlüssel für das Haus fordern?

Grundsätzlich steht ihnen als Miteigentümerin nach § 743 BGb ein recht auf Mitbenutzung der Immobilie zu. Aufgrund ihres Auszugs sind diese Verhältnisse allerding neu gestaltet, so dass sie zwar Miteignetümerin ihr Ex-Mann und seine Partnerin allerdings Besitzer sind. ein Betrungsrecht würde hier dem Schutz der Privatsphäre nach § 13 GG nach BGH-Meinung in der Regel zu wieder laufen. Anders ist dies nur zu beurteilen, wenn ein hinreichender Grund vorliegt, der das Interese an der Privatsphäre überwiegt.

Sie schreiben , sie tragen allein die Kosten, und müssen daher natürlich die Abrechnung kontrollieren. Insofern sehe ich hier ein besonderes Interesse den Zutritt zu bejahen. Einen Schlüssel zum allgemeinen betreten werden sie jedoch nicht verlangen können, da sie die Immobilie als Besitz durch Auszug aufgegeben haben.

Fazit:
Sie sollten nachdem die Erbfolge geklärt ( nicht zwingend: und das Grundbuch berichtigt) ist die Erbin unter Friststetzung auffordern, ihnen den Zutritt zu gewähren, um die Zählerstände abzulesen. Bitte begründen sie ihren Anspruch. Reagiert sie nicht muss sie klageweise auf Duldung des Zutritts in Anspruch genommen werden, dies dürfen sie in ihrem Schreiben auch schon erwähnen.

4. Muss sie nicht die laufenden Kosten bezahlen? Ich habe auch keinerlei aktuelle Unterlagen von dem Haus. Ich weiß also z.B. nicht, ob es ausreichend Haftpflicht versichert ist? Wer ist für diese Dinge jetzt zuständig?

Sie beide zusammen, solange es keine Regelung gibt. Allein dass die Miteigentümerin dort wohnt, genügt nicht, damit sie alle Lasten trägt, das sie auch Eigentümerin sind. Nach § 744 BGB sind sie beide zur gemeinsamen Verwaltung berechtigt und verpflichtet und nach § 748 sind sie zur gemeinsamen Kostentragung verpflichtet. Nach außen gegenüber der Gemeinde haften sie als Gesamtschuldner, was bedeutet, die Gemeinde kann sich aussuchen an wen sie sich hält, um die ihr zustehende Beträge ( natürlich nur einmal) einzutreiben.

Im Innenverhältnis steht ihnen jedoch ein Ausgleichsanspruch für die Kosten, die auf den Miteigentumsanteil entfallen, zu, solange es keine anderweitige Regelung gibt.

Fazit: Sie sind gemeinsam für diese Dinge verantwortlich. Die Unterlagen zur gemeinsamen Verwaltung können sie von ihr zur Einsichtnahme bzw. wie unter 2. den Zutritt fordern. Für die Kosten und Verwaltung sind sie gemeinschaftlich zuständig, kommt ein Gläubiger nur auf einen der Miteigentümer zu, hat dieser im Verhältnis zu dem anderen Miteigentümer einen Anspruch auf den Ausgleich der anteiligen Kosten.

5. Ich habe eigentlich kein Interesse an diesem Haus, würde es am liebsten verkaufen und den Erlös zwischen uns aufteilen.

In diesem Fall können sie die Auseinadersetzunmg der Miteiegnetumsgemeinschaft von der Erbin nach § 749 ff. Verlangen. Das bedeuttet, dass das Haus nach § 753 BGB verkauft bzw. zwangsversteigert wird, und der Erlös nach Abzug der Kosten entsprechend ihrer anteile zwischen ihnen aufgeteilt wird.

Aber oftmals ist es besser das Haus freihändig zu verkaufen, als einen Aufhebungsanspruch gerichtlich durchzusetzen, da bei Versteigerung oft nur ein geringer Erlös erzielt wird.
Möglich wäre auch, der Erbin ihren Miteigentumsanteil zum Verkauf anzubieten, um die Immobilie gescheit loszuwerden. ein Anspruch hierauf besteht jedoch nicht, dennoch muss ich wirklich sagen, sit eine einvernehmliche Lösung hier oftmals die Beste.

Fazit: Können sie sich mit der Erbin nicht einigen, können sie die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, dann ist das Haus zwangszuversteigern und der Gewinn zu teilen. Dies ist jedoch ein schritt der erst nach den anderen schritten erwogen werden sollte. Den anteiligen Kaufpreisanspruch der Erbin können sie mit den Kosten, die sie bis dahin allein übernommen haben, obwohl diese anteilig bei ihr liegen würden aufrechnen.

6. Muss sie mir darüber hinaus nicht auch eine Nutzungsentschädigung zahlen, wenn sie weiterhin den alleinigen Zugang zum Haus hat und will?


Die klare Antwort ist ja. Sie schuldet ihnen Nutzungsersatz in Höhe der Hälfte der ortsüblichen Miete, weil sie hälftiger Eigentümer sind. Die verbrauchsabhängigen Nebenkosten hat sie zu tragen. Zudem haben sie Anspruch auf die Schaffung einer Nutzungsregelung, wobei hier natürlich wieder eine Einigung anzustreben wäre. Gelingt diese nicht oder wird das Nutzungsentgelt nicht bezahlt, so können sie hierauf gerichtlich klagen, denn hier besteht definitiv ein Anspruch.

Ich würde den Nutzungsersatz auch einem schnellen Verkauf der Immobilie vorziehen, vielleicht ist ein späterer Zeitpunkt besser, um sich mit ihr über den Erwerb ihres Miteigentums oder den ganzen Verkauf zu einigen. Eine Nutzungsentschädigung fällt natürlich nicht mehr an , wenn sie ihnen den Miteigentumsanteil abkauft, es liegt also wenn sie sieht, dass es Geld kostet, in ihrem eigenen Interesse eine schnelle, wirtschaftlich sinnvolle Regelung zu finden.


Fazit: Sie haben als Miteigentümer Anspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen vergelichsmiete.

Wie sollten sie vorgehen:

1. Versichern sie sich beim Nachlassgericht über die Erbfolge
2.stellen sie dann einen Antrag auf Grundbuchberichtigung ( so wird auch für die Gemeinde ersichtlich, dass es weitere Schuldner gibt)
3. Fordern sie sie in einem Schreiben auf, den Zutritt zu gewähren um die Zähler und den weiteren Verwaltungsbedarf zu prüfen. Fordern sie von ihr die Einsichtnahme in die Unterlagen sowie einen Nutzungsentgelt in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete.
4. Gelingt dies nicht klagen sie die Ansprüche durch.
5. Fordern sie den Ausgleich der aufgewendeten Kosten, die sie alleine Trugen, obwohl sie hierzu verpflichtet ist ( Verjährung 3 Jahre ab Anspruchsentstehung, wobei die Verjährung erst an Neujahr des Folgejahres zu laufen beginnt und dann 3 Jahre später an Silvester abläuft).
6. Klagen sie bei Misslingen den Anspruch durch.
7. Bieten sie ihr an, wenn die Nutzungsentschädigung geklärt ist, ihren Miteigentumsanteil von ihnen abzukaufen. Haben sie hieran ohnehin Interesse und sie stimmt weder einem Erwerb noch einem verkauf unter Teilung des Erlöses zu, so können sie auch den Aufhebungsanspruch durchklagen, allerdings wird das Haus dann versteigert.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Doreen Prochnow
(Rechtsanwältin)


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